Gedicht: Dein ungeborenes Licht und du

Ich habe dieses Gedicht von mehreren Frauen geschickt bekommen, nachdem ich eine Fehlgeburt durchgemacht hatte.

Lange kannte ich die Quelle des Gedichts nicht. Dann meldete sich Sandra bei mir. Mit Sandras Erlaubnis darf ich das Gedicht hier veröffentlichen.

Sie schrieb mir dazu:

Ich war die letzten Jahre – Jahrzehnte! – immer wieder fasziniert, wie viele (vor allem Frauen) in derselben Situation Trost in meinen Worten gefunden haben. Du darfst es gern veröffentlichen. Ich hab meine Worte als Youtube Video gefunden, umgemünzt auf das geliebte Haustier, auf den liebsten Verstorbenen. Das berührt mich sehr.

Mein zweiter Versuch ist jetzt 20 Jahre alt. Meine Tochter wuchs auf mit der Geschichte, dass sie mal einen Arm oder ein Bein vergessen hatte und nochmals „umdrehen“ musste. Je älter sie wurde, um so mehr hatte sie begriffen, dass es nicht nur ein Arm oder Bein war, und ich bin froh, dass da nie ein Geheimnis um die Fehlgeburt gemacht werden musste.

Sandra Lüttschwager über ihr Gedicht „Wo bist du?“

Dein ungeborenes Licht und du

Wo bist du

Wo bist Du?
frage ich das kleine Licht.

Hier bin ich!
Mama spürst Du mich nicht?

Ich spüre Dich,
doch sehe ich Dich nicht

entgegne ich dem Licht
und höre, wie es spricht:

Es zählt nicht, was Du siehst oder nicht,
wichtig ist nur, Du spürst mein Licht –
in dir, Mama, nicht äußerlich!

Ich spüre Dich deutlich,
innerlich.

Zum Greifen nah, fehlt nur ein Stück.
Zum richtigen Glück.

Warum bist Du gegangen, mein kleines Licht,
so traurig bin ich,
ohne Dich!

Ach Mama
so weine doch nicht,
Ich bin in Sicht,
schließe Deine Augen und fühle mich
ich bin ganz nah.

Warum? Ich wieder frag,
warum nur gehst Du,
kleines Licht,
läßt mich im Stich,
Ich liebte Dich!

So lieb mich weiter,
ich bin doch da!

Warum, ist alles, was aus mir spricht,
und so erklärt mir das kleine Licht:

Nicht traurig sein Mama,
ich liebe Dich.
Der kleine Körper, ich besaß,
der wollte nicht,
hinderte mich zu werden,
was ich werden wollte,
Dein gesundes kleines Licht.
Nie wollte ich Dich verlassen,
doch mußte ich,
wollt doch nicht krank sein, Mama,
verstehst Du mich?

Schmerzlich erkläre ich dem Licht,
am Verstehen scheitert es nicht,
nur tut es so weh.

Meine Mama,
so weine nicht,
Zeit vergeht,
bald bin ich wieder in Sicht!
Kämpfe für mich!
Ich brauche Dich!

Ich liebe Dich!!

Mein süßes kleines Licht,
wie kann ich um Dich kämpfen,
Du bist doch schon tot.

Nein Mama,
nicht tot bin ich.
Nur Zeit brauch ich,
ein bißchen nur,
ich bitte Dich, empfange mich,
gleich herzlich wie beim ersten Mal!!

Wie anders außer herzlich könnt ich Dich empfangen,
Du süßes Licht,
sehnsüchtig erwart ich Dich!

Also dann Mama,
nicht traurig sein!
Erwarte mich,
bald bin ich Dein.

Mein Licht soll strahlen,
richtig hell,
so das Du nie den Mut verlierst,
tot ist nicht mein Lebenslicht,
nur der Körper mußte gehen.

Ich bin bei Dir, Ich leuchte Dir,
niemals mehr sollst Du trauern um mich –
es gibt keinen Grund.

Du wartest auf mich und ich auf Dich!

Ich liebe Dich!

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