Warum nur!? — Gründe für eine Fehlgeburt

Dieser Beitrag gehört zur Serie Schwerpunkt: Fehlgeburt.

Auch, wenn es nicht stimmt, weil es in der konkreten Situation durchaus richtig sein kann — wir alle wünschen uns, dass unsere Kinder gesund und in Liebe auf die Welt kommen.

Manchmal klappt das nicht. Häufig, sehr häufig sogar, kommt es zu „natürlichen Schwangerschaftsabbrüchen“, also Fehlgeburten.

In diesem Beitrag geht es um die biologischen Gründe für Schwangerschaftsabbrüche. Ich schreibe diesen Beitrag einen Tag, nachdem ich selber einen solchen Abbruch durchlebt habe. Es tut mir gut, diesen Beitrag sachlich zu schreiben. Wenn du dich in einer Trauerphase befindest, in der du mehr Empathie spüren möchtest, lies lieber andere Beiträge zum Thema, wie zu Beispiel diesen hier: Gedicht: Dein ungeborenes Licht und du.

Je nachdem, welche Studie du liest und welche Definition dort verwendet wird, liegt die Rate von natürlichen Schwangerschaftsabbrüchen (also Abbrüchen, die nicht medizinisch gewollt herbeigeführt wurden) bei zwischen 30 und 50 Prozent. Siehe zum Beispiel diese Quellen:

Aus medizinischer Sicht ist eine Fehlgeburt eine Geburt bis zur 24. Schwangerschaftswoche. Die meisten Fehlgeburten passieren jedoch bis zur 12. Schwangerschaftswoche.

Und warum nun gibt es diese Schwangerschaftsabbrüche?

Schwangerschaftsabbrüche sind eine Waffe der Natur. Aus biologischer Sicht ist es nicht sinnvoll, dass das Muttertier ihre Kraft, Energie und Lebenszeit in Nachwuchs investiert, wenn dieser nicht lebensfähig ist. Wenn der Körper also merkt, dass da irgendetwas falsch läuft, ist es sinnvoller, die Schwangerschaft frühzeitig abzubrechen. Biologische Gründe für diese Schwangerschaftsabbrüche sind zum Beispiel:

  • Genetische Defekte: Manchmal kommt es bei der Zusammensetzung der beiden DNA-Stränge der Eizelle und der Samenzelle zu Ungereimtheiten. Die Anzahl der Chromosomen stimmt nicht, ein DNA-Strang war beschädigt, oder gewisse DNA-Bausteine passen nicht zusammen (das ist zum Beispiel der Fall bei der Blutgruppenunverträglichkeit). Das Kind wäre als Folge nicht lebensfähig. Der Körper merkt das, auch wenn wir als Mütter es noch nicht spüren können. Übrigens kann ein genetischer Defekt beim Vater oder bei der Mutter liegen; beides kann weitergegeben werden.
  • Dein Körper ist zu belastet für eine Schwangerschaft: Manchmal ist dein Körper nicht bereit für eine Schwangerschaft, obwohl du eine Regelblutung hast und somit prinzipiell Eizellen befruchtet werden könnten. Das kann verschiedene Ursachen haben:
    • Deine Körperfunktionen sind durch Drogen, Alkohol, zu viel Koffein oder bestimmte Medikamente stark beeinträchtigt;
    • Vorerkrankungen stören deine Schwangerschaft; das kann zum Beispiel Diabetes oder Asthma sein, oder auch eine Vorerkrankung der Gebärmutter (z.B. Myome), oder eine hormonelle Erkrankung, siehe weiter unten;
    • Umweltgifte verhindern eine gesunde Schwangerschaft.
  • Die Eizelle nistet sich nicht in der Gebärmutter, sondern in einem der beiden Eileiter ein.
  • Während der Schwangerschaft entwickeln sich Krankheiten:
    • Gestose (oder auch Schwangerschaftsvergiftung): Eine Kombination aus Bluthochdruck und starken Eiweißausscheidungen im Urin sowie Ödemen in Armen und Beinen;
    • Schwangerschaftsdiabetes;
    • Infektionen während der Schwangerschaft können diese gefährden (selbst, wenn die Krankheit bei dir selber gar nicht ausbricht, kannst du Infektionsüberträgerin sein): Röteln, Grippe, Ringelröteln, Toxoplasmose (verursacht durch rohes Fleisch), Hepatitis, Listeriose (verursacht durch Rohmilchprodukte).
  • Die Hormonlage ist nicht optimal:
    • Gelbdrüsenprobleme: Das Hormon Progesteron „regt das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut an und bereitet diese auf die Einbettung einer befruchteten Eizelle vor. Kommt es zu einer Befruchtung der Eizelle, verhindert Progesteron eine weitere Follikelreifung“ (Quelle: Wikipedia). Wenn also dein Körper aus irgendwelchen Gründen zu wenig Progesteron produziert hat, kann die Eizelle sich nicht einnisten.
    • Schilddrüsenprobleme: Schilddrüsenfehlfunktionen verhindern meist eine Schwangerschaft, können aber auch während der Schwangerschaft problematisch werden. Wenn du weißt, dass deine Schilddrüse nicht optimal funktioniert, kannst du bereits vorbeugend Medikamente einnehmen. Frag deine*n Frauenärzt*in.
  • Dein Körper ist noch zu jung: Wenn Mädchen heutzutage schon früh ihre Regelblutung bekommen (ich hatte meine mit elf Jahren…), heißt das noch lange nicht, dass sie bereit wären, ein Kind zu bekommen. Wenn der Körper selber noch in der Wachstumsphase ist, kann es sein, dass er nicht die Kraft hat, eine Schwangerschaft auszuhalten.
  • Chronische psychische Belastungen oder ein Schock können eine Fehlgeburt begünstigen.
  • Die Eizellen einer Frau hat diese bereits von Geburt an. Im Gegensatz zum Sperma werden sie nicht regelmäßig „neu produziert“. Im Laufe unseres Lebens setzen wir unseren Körper, und somit auch unsere Eizellen, gesundheitlichen Belastungen aus — durch Röntgenstrahlung zum Beispiel. Mit zunehmendem Alter sinkt deshalb tendenziell die Qualität der Eizellen, so dass „Fehlfunktionen“ zunehmen. Diese „Qualitätsminderung“ ist allerdings auch abhängig von anderen Faktoren, wie deinen Lebensumständen
  • Manchmal gibt es Probleme mit der Plazenta, so dass die Schwangerschaft vom Körper abgebrochen wird:
    • Die Plazenta kann dein Kind nicht versorgen
    • Die Plazenta löst sich noch während der Schwangerschaft von der Gebärmutter
    • Die Plazenta liegt vor dem Muttermund (in diesem Fall ist allerdings seltener eine Frühgeburt das Ergebnis; öfter ist ein Kaiserschnitt nötig, um das Kind zur Welt zu bringen)
  • Dein Muttermund öffnet sich vorzeitig. Dies ist eine Ursache für relativ späte Fehlgeburten. Gründe für eine frühzeitige Öffnung können Komplikationen bei früheren Schwangerschaften, Operationen oder Infektionen sein.

Haben Risikoschwangere mehr Fehlgeburten?

Prinzipiell ist es so, dass viele Frauenärzt*innen von Risikoschwangerschaften sprechen, wenn die Frau über 35 Jahre alt ist, weil dann das statistische Risiko einer Fehlgeburt steigt. Ich habe allerdings in dem wunderbaren Buch „Frauenkörper*, Frauenweisheit“ von Christiane Northrup (z.B. hier zu bestellen) gelesen, wie sie das sieht, und diese Sichtweise gefällt mir gut: Sie sagte sinngemäß, eine gesunde Frau Ende dreißig, die in stabilen Verhältnissen lebt, nicht raucht, genug schläft und sich auf das Kind freut, ist ihr wesentlich lieber, als eine alkoholkranke Mittzwanzigerin ohne stabilen Familien- und Freundschaftskreis.

Daran angelehnt stellt sich mir die Frage, ob das Alter allein ausschlaggebend für die Einordnung als Risikoschwangere sein sollte. Wer kennt gute Studien zu der Frage, ob Risikoschwangere häufiger Fehlgeburten haben?

Frühere Schwangerschaftstest

Übrigens: weil wir heute Schwangerschaften dank früher Selbsttests schon sehr früh bestätigen, bemerken wir auch viel mehr frühe Fehlgeburten. Eine Frau in der sechsten Schwangerschaftswoche hätte vor 100 Jahren die späte Menstruation vielleicht gar nicht als frühe Fehlgeburt erkannt.

Tabus brechen

Ich habe schon sehr früh von meiner Fehlgeburt erzählt und damit häufig initiiert, dass auch andere Betroffene ihr Schweigen brechen.

Und das finde ich unglaublich wichtig. Denn auch bei so frühen Fehlgeburten sollten die betroffenen Frauen und Familien eine angemessene Begleitung erfahren.

Wie ich meine Fehlgeburt empfunden habe, habe ich hier aufgeschrieben: das Kind, das ich nur kurz begleiten durfte.

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