Dammriss & Dammschnitt

Oha, ein ungeliebtes Thema.

Klar, Geburten haben mit Blut und Schweiß und Fruchtwasser und ziemlichen vielen Körperflüssigkeiten zu tun. Aber das ist doch, so wie es ist, schon ekelig genug, sagen viele. Müssen wir da auch noch über die Möglichkeit reden (und schreiben), dass bei der Gebärenden „unten rum“ alles aufreißt?

Ja, wir sollten darüber reden. 🙂 Und zwar der Reihe nach. Also, los geht’s!

Was ist der Damm?

Der Damm ist der Bereich zwischen Anus und äußeren Geschlechtsorganen. Er gilt bei Männern und Frauen als erogene Zone. Bei Frauen geht es konkret um das Stück Gewebe zwischen Vulva und Anus. Da sind dann Haut, Blutgefäße, Muskelfleisch und viele Nerven betroffen (logisch — keine Erogene Zone ohne viele Nervenenden…).

Wodurch passiert ein Dammriss?

Der Damm reißt, wenn der Druck auf das Gewebe zu groß wird. Erstmal ist der Damm, wie andere Körperteile auch, dehnungsfähig. Nicht jeder Druck führt also sofort zu einem Riss. Wenn der Druck allerdings zu stark wird oder zu plötzlich kommt, kann es passieren, dass der Damm einreißt (und in seltenen Fällen komplett reißt).

Bei der Geburt kann der Druck des Säuglings so groß sein, dass der Damm beim Austritt des Kopfes oder der Schultern einreißt. Normalerweise reißt dabei das Ende am Scheideneingang ein. Beim Dammriss sucht sich der Riss den Weg des geringsten Widerstandes: Schwache Fasern reißen eher, als starke. Entsprechend verläuft ein Dammriss nicht immer gerade, sondern entlang einer Route von möglichst wenig „starkem“ Widerstand — also vorbei an der Muskulatur. In der Medizin werden verschiedene Stärken des Dammrisses unterschieden, abhängig davon, ob nur Haut und Unterhaut, oder auch das Gewebe darunter, verletzt werden, und abhängig von der Länge des Risses.

Wann wird / wurde ein Dammschnitt gemacht?

Der Dammschnitt wird kurz vor Ende der Geburt gemacht; meistens während einer Welle. Manchmal wird davor eine lokale Betäubung gesetzt.

Dammschnitte waren eine Zeit lang in Deutschland sehr häufig, wurden sogar zur Geburtsroutine gezählt. Mittlerweile ist das, zumindest in Deutschland, nicht mehr so. Der Dammschnitt zählt nun zu den „Notfalleingriffen“, um Schäden für das Neugeborene zu vermeiden. Da ein Dammschnitt die Geburt verkürzt (klar, der Weg nach draußen ist größer, also einfacher, also schneller), wird er eingesetzt, wenn das Kind möglichst schnell durch den Geburtskanal gelangen muss — zum Beispiel, weil die Sauerstoffversorgung in Gefahr ist.

Der Dammschnitt wird mit einer speziellen Schere ausgeführt — es entsteht also ein gerader Schnitt, der Nerven, Blutbahnen und Muskelfasern gleichermaßen durchtrennt.

Wie reagiert das medizinische Personal auf Dammriss & Dammschnitt?

Ganz leichte Dammrisse werden manchmal nicht genäht. Dies ist allerdings selten. Meist werden Dammrisse, genauso wie Dammschnitte, nach der Geburt genäht. Das Nähen eines Dammschnitts ist dabei meist einfacher als bei einem Dammriss: Wer selber näht, weiß, dass eine gerade Linie weniger Aufwand ist als ein unübersichtliches Zickzack.

Übrigens dürfen Dammschnitte und auch das Nähen von Schnitten oder Rissen auch von Hebammen durchgeführt werden — auch außerklinisch.

Welche Folgen hat ein Dammriss & Dammschnitt für die Frau?

Bis die Wunde verheilt ist, haben manche Frauen starke Schmerzen, für andere Frauen ist es „kaum zu spüren“. Das kommt natürlich auch darauf an, wie tief der Damm gerissen ist / geschnitten wurde, welches Gewebe besonders betroffen ist und ob noch andere Beschwerden, zum Beispiel Blutergüsse, dazu kommen.

Häufig können Frauen mit Dammriss oder Dammschnitt nicht richtig sitzen. (Auf der Toilette geht es meist am besten, weil der Druck nur auf den äußeren Po-Backen liegt. Deshalb empfehlen manche Hebammen einen „Toilettenring“ aus Badetüchern auf deinem Stuhl, so dass der Damm entlastet wird.)

Ein tiefer Dammriss oder Dammschnitt kann auch zu Stuhlinkontinenz führen. Die Gefahr hierfür liegt bei einem unkontrollierten Dammriss höher als beim geplanten Dammschnitt, da letzterer bewusst nur so weit geführt wird, wie unbedingt nötig.

Ist der Damm nach einem Riss oder Schnitt noch eine erogene Zone?

Selbst nach dem Abheilen der offensichtlichen Wunde berichten manche Frauen, dass ihr Damm sich anders anfühlt, besonders beim Liebesleben. Dies ist verständlich, wenn wir berücksichtigen, dass der Damm eine sehr erogene Zone ist. Narbengewebe an einer solchen Stelle kann unangenehm sein, oder zumindest das Gefühl für den Körper an dieser Stelle verändern. Manche Frauen, die bei der ersten Geburt einen Dammschnitt hatten, berichten, dass ihr Damm bei einer folgenden Geburt an der gleichen Stelle „von selber“ gerissen war — und danach die Wunde besser verheilte.

Der Damm bleibt durch einen Riss oder Schnitt trotzdem prinzipiell eine erogene Zone. Ob und wie wie Lust Frauen empfinden, wenn ihr Damm verletzt wurde, ist sehr unterschiedlich. Prinzipiell gilt: Eine Nachsorgehebamme kann auch die Dammnarbe kontrollieren und dir Tipps und Hinweise geben, wie du die Wundheilung positiv beeinflussen kannst, damit du intime Berührungen deines Damms auch weiterhin genießen kannst.

Wie können wir Dammrisse verhindern?

Hierzu gibt es zwei grundsätzliche Ansichten: Manche Frauen sind davon überzeugt, dass der Damm keinerlei Vorbereitung bedarf, weil durch die Wellen und den entsprechenden Hormonspiegel während der Geburt das Gewebe hinreichend geweitet werde. Wichtig sei dabei allerdings, nicht zu früh und vor allem nicht zu feste zu pressen (beziehungsweise, gar nicht künstlich zu pressen, mehr hierzu in einem späteren Beitrag…). Dann weitet sich der Damm so, wie er es muss, und Verletzungen sind, wenn überhaupt, nur leichter Natur.

Die andere Ansicht ist, dass eine „Gewöhnung“ des Damms an die extreme Weitung unter der Geburt sinnvoll ist. Viele Hebammen empfehlen hierzu eine regelmäßige Dammmassage. (Über die entsprechenden Techniken werde ich in einem späteren Beitrag berichten.) Wichtig ist, wie das Wort „Gewöhnung“ schon andeutet, dass eine solche Dammmassage regelmäßig durchgeführt wird, damit tatsächlich eine Gewöhnung des Gewebes eintritt. Ob die Dammmassage im Einzelfall hilft, ist natürlich nur schwierig zu sagen — im Nachhinein ist es schließlich immer problematisch, das „was wäre, wenn…?“ zu beantworten.

Darüber hinaus haben wir alle die Erfahrung gemacht, dass sich unsere Haut bei langem Wasserkontakt „aufweicht“. Das können wir uns auch bei der Geburt zu Nutze machen, wenn wir während der Öffnungsphase oder später zur Geburt des Kindes im Wasser sind.

Auch warme Kaffeeauflagen können den Damm schützen. Diese Erfahrung machte Nina: Nina berichtet davon, dass sie bei der Geburt ihrer Tochter Maila den Drang verspürte, Gegendruck auf den Damm aufzubauen, um einen Riss zu verhindern.

Sollten wir Dammschnitte verhindern?

In gewissen Situationen kann der Dammschnitt ein wichtiger medizinischer Eingriff sein, zum Beispiel, wenn das Neugeborene ohne diesen Eingriff zu lange im Geburtskanal verweilen müsste. Die Definition von „zu lange“ ist hierbei allerdings dehnbar. Ganz besonders, wenn die Herztöne des Kindes sich stark verschlechtern, kann der Dammschnitt aber sinnvoll sein.

Neuere Studien besagen, dass Dammschnitte für die gebärende Mutter häufig noch die erwähnten kurz-, mittel- und evtl. auch langfristigen gesundheitlichen Probleme nach sich ziehen. Von Routinedammschnitten raten deshalb viele dieser Studien ab. Wenn wir einen Dammschnitt verhindern können, ist dies ein gutes Ziel. Eine „unversehrte Geburt“ ist sicherlich ein schönes Ziel. Wenn der Schnitt lebensrettend ist, sollte das allerdings kein Argument sein.

Wie war das bei dir?

Ist dein Damm gerissen? Hattest du einen Dammschnitt? Welche Erfahrungen hast du mit dem Heilungsprozess? Hinterlass mir gerne einen Kommentar!

4 Gedanken zu „Dammriss & Dammschnitt“

  1. Danke für den Beitrag zu Dammriss/ Dammschnitt. Ich hatte vor einigen Monaten einen Dammriss dritten Grades, d.h. es war auch Muskelgewebe betroffen. Meine Geburt ging extrem schnell und beim letzten Pressen kam gleich das ganze Baby heraus, anstatt erst der Kopf und beim nächsten Pressen die Schultern und der Rest. Deshalb ist es wohl bei mir zu dem Schaden gekommen. Nur bei etwa 2-3 Prozent der Geburten kommt es zu einem so schlimmen Riss. Ich weiß noch genau, wie die Hebamme nur sehr langsam und zögernd mit den Informationen herausrückte, erst hieß es, es müsse wohl genäht werden, dann kam die Ärztin, um das Ausmaß zu beurteilen und zu entscheiden, ob der Riss im Kreißsaal genäht werden kann oder ob ich in den richtigen OP Saal muss. War natürlich letzteres. Und dann gingen mir diese unschönen Gedanken durch den Kopf: werde ich eventuell (stuhl-)inkontinent bleiben? Diese Sorgen haben die erste Freude über die Geburt meiner Tochter anfangs ein wenig überschattet. Erst nach etwa anderthalb oder zwei Stunden nach der OP und dem Abklingen der örtlichen Betäubung durfte ich zurück zu meinem Baby und meinem Mann. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass mir vor der OP die „goldene Stunde“ mit meinem Baby gestattet wurde. Die ersten Tage waren eine Tortur, besonders beim Stuhlgang, es war so schmerzhaft, dass ich dachte, jedes Mal wieder ein Kind zu gebären, wenn ich auf der Toilette saß. Danach ging es langsam besser, sitzen ging einigermaßen, aber erst nach drei Wochen konnte ich das erste Mal schmerzfrei gehen. Glücklicherweise ist alles inzwischen komplett verheilt und alles funktioniert wieder. Ich denke aber, dass, falls ich nochmals schwanger werden sollte, ich mich für einen Kaiserschnitt entscheiden würde, da die Angst vor einem erneuten Riss zu groß wäre und ich wahrscheinlich nur halbherzig pressen würde.

    Antworten
    • Liebe Luise, danke für deine offenen Worte! Der Aspekt von Mutter und Kind zum Nähen des Risses / Schnitts ist mir bisher gar nicht so bewusst gewesen, aber du hast natürlich vollkommen recht — neben all den körperlichen Beschwerden kommt dann auch noch dazu, dass die Mutter das Neugeborene eventuell während der folgenden OP nicht bei sich haben kann.

      Antworten

Schreibe einen Kommentar