Cathy: Als der Arzt sagte, „Sie waren schwanger“…

Cathy berichtet auf ihrem Blog https://cathyonair.wordpress.com über ihre Sternenkinder. Mittlerweile hat für sie ein neuer Lebensabschnitt begonnen, den sie auf ihrem neuen Blog https://cathyswayoflife.wordpress.com/ begleitet. Sie hat mir gestattet, ihren Beitrag über ihr Sternenkind auch auf meinem Blog zu veröffentlichen:

Zum aller ersten Mal versuche ich meine Trauer in Worte zu fassen.

Kann man das überhaupt?

Lange Zeit habe ich überlegt, ob und wie ich meine Trauer in Worte fassen kann. Noch nie habe ich darüber geschrieben, kaum darüber geredet. Doch der Grund, warum ich diesen Blog hier überhaupt gegründet habe war doch, dass ich all die Geschehnisse der letzten Zeit, mir einmal von der Seele schreibe. Ich möchte damit anderen Betroffenen vielleicht ja etwas Mut schenken.

Wenn ich selbst einen Beitrag über dieses Thema gelesen habe, wusste ich, ich bin nicht alleine mit diesen Gefühlen.

Von meinem Umfeld hatte ich ständig das Gefühl, man dürfe nicht über dieses Thema sprechen. Ich wusste immer, mein Gegenüber weiß über das Geschehene Bescheid, doch der Raum füllte sich stets mit leerem Schweigen. Vielleicht hat mein Gegenüber Ängste- mich- darauf anzusprechen? Es könnte mich ja an den Verlust erinnern.

Heute ist es 9 Monate her, als die Worte meines Arztes: „Sie waren schwanger“ lauteten.

Und zum ersten Mal versuche ich in Worte zu fassen, was im letzten Jahr mit mir passiert ist.

Nach diesem Arzt- Termin fuhr ich nach Hause -und versuchte nicht allzu sehr über die Worte meines Arztes nachzudenken. Ich wollte konzentriert sein, ich wusste zuhause wartete meine 6 Monate junge Tochter auf mich und freute sich, dass Mama endlich wieder da ist. Mein Mann hatte kurzfristig über seiner Mittagspause, auf sie aufgepasst, während ich beim Arzt war. Also war fliegender Wechsel, Papa ging wieder zurück zur Arbeit und ich brachte unser kleines großes Wunder zu Bett zum Mittagsschlaf.

Und so vergingen die Wochen, die Blutungen ließen etwas nach. Und ich saß da und wusste erst Mal gar nichts mehr. Ich sprach über den frühen Abgang unseres Babys nur mit meinem Mann. Da keiner wusste, dass ich schwanger war, waren wir mit unserer Trauer auch erst Mal alleine.

Es stand eine Ausschabung im Raum. Doch mein Körper schaffte es am Ende dann doch ohne den Termin im Krankenhaus.

Jetzt 9 Monate nach dem Verlust, kann ich es immer noch nicht richtig fassen. Ich fühlte mich die Zeit danach so alleine mit meiner Trauer. Mein Mann ging mit dem Verlust ganz anders um als ich. Das Geschehne ist immer noch täglich präsent in meinem Leben. Manchmal habe ich das Gefühl, ich könne es niemals richtig verarbeiten.

Wir kämpften so lange für ein Wunder -unsere Tochter- und wir sind unendlich dankbar, dass sie bei uns sein darf. Dass wir ihr die Welt zeigen können und ihr ein so schönes und wunderbares Leben wie nur möglich geben können.

Sie gibt uns so viel Kraft, nach diesem Verlust, weiter zu machen. Sie braucht uns. Es ist jeder Tag eine neue Entdeckungsreise mit ihr. Sie ist so voller Energie und voller Freude. Und dieses Lebenskraft gibt sie uns mit.

Und trotz der so vielen schönen Erlebnisse und Momente mit ihr, fühle ich dennoch jeden Tag die Trauer.

Es entstanden so viele Fragen in meinem Kopf: Warum musste so ein kleines Wesen so früh gehen? Warum wir? Warum ich? Was habe ich falsch gemacht? Und die Fragen wurden immer mehr, doch es gab keine Antwort auf all das „Warum“.

Ich wusste, ich bin mit dieser Trauer nicht alleine, dennoch fühlte ich mich alleine. Ich fühlte mich mit diesem Gefühl der Trauer und des Verlustes alleine. Ich fand in niemandem eine Stütze, selbst unsere nähesten Freunde und Verwandte empfand ich als seltsam mir gegenüber. Oder war ich es, die sich so massiv verändert hatte?

Ja, heute würde ich behaupten, die Fehlgeburt hat mich als Mutter, als Ehefrau, Tochter und Freundin zu einem anderen Menschen gemacht. Ich war schon immer dankbar für unser erstes großes Wunder -unsere Tochter, doch heute bin ich noch mehr als nur dankbar. Ich weiß es unendlich zu schätzen -obwohl ich es (nach unserer langen Kinderwunschzeit) zuvor, schon immer viel mehr als ein Geschenk sah, schwanger sein zu dürfen und zu bleiben.

Warum ich es empfand, seltsam behandelt zu werden? Da es tatsächlich niemanden in meinem Umfeld gab, der mich jemals von selbst darauf angesprochen hat. Im Gegenteil, ich hatte immer das Gefühl, es ist eine ganz seltsame Atmosphäre im Raum. Es war als ob, es etwas zu sagen gibt, doch keiner traut sich so wirklich es auszusprechen. Ich weiß nicht, ob es jemand versteht. Oder ob ich einfach nur so hypersensibel geworden bin.

Ich möchte und versuche jeden Tag -vor allem mit unserer Tochter- in vollen Zügen zu genießen. Im Moment bin ich noch in Elternzeit und möchte am liebsten jeden Moment mit ihr zusammen sein.

Heute, 9 Monate nach der Fehlgeburt, stelle ich mir manchmal vor, wie es wäre wenn- unser Sternenkind bei uns wäre. Es macht mich unfassbar traurig. Diese Traurigkeit ist nicht in Worte zu fassen.

Wie ich mit meiner Trauer in Zukunft umgehe? Manchmal habe ich das Gefühl, es endet niemals. Wird es auch nicht, es wird immer bei uns sein und wir werden es nie vergessen. Es ist und bleibt für immer ein wesentlicher Teil unserer kleinen Familie. Unser Sternenkind! Es wird für immer in unserem Herzen weiterleben.

Und wer weiß, vielleicht schenkt es uns irgendwann einmal ein Folgewunder, irgendwann.
Zum Ende hin möchte ich nochmals erwähnen, dass ich heute zum aller ersten Mal über meine Trauer geschrieben habe. Ein Folgewunder wird unser Sternenkind nicht ersetzen und das soll es auch nicht.

Irgendwann werde auch ich den Weg finden, wie ich mit dem Verlust in Zukunft umgehen werde. Ich habe heute allerdings noch das Gefühl es braucht noch eine sehr lange Zeit.

Was mir in letzter Zeit viel geholfen hat war, die Geschichten anderer Sternenmamas auf ihrem Blog zu lesen. Ich weiß, ich bin nicht alleine mit meinen Gefühlen.

Also wenn ihr in Eurem nahen Umfeld jemanden habt, der solch ein Schicksal erleiden muss, seid für die Betroffenen da. Auch wenn man keine Worte findet, seid dennoch einfach da und verschließt Euch nicht. Denn das war für mich persönlich das aller schlimmste.
Eure Cathy

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