Ich durfte vergangene Woche Eo interviewen. Sie ist Mitinitiatorin der Initiative Geburtsurlaub. Im Interview erzählt sie von ihrer Vision, einen Gebärort zu schaffen, der Frauen und ihre Familien vor, während und nach der Geburt perfekt unterstützt.
Prinzipiell geht es darum, ein Geburtshaus zu errichten, das aber von Ferienhäusern flankiert wird, so dass Familien auch bereits vor der Geburt gemeinsam Urlaub machen können und nach der Geburt in geschützter Atmosphäre die ersten Tage verbringen.
Momentan läuft eine Spendenaktion, um das Grundstück für das Geburtshaus zu kaufen. Mehr Informationen dazu findest du weiter unten.
Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!
Wer seid ihr und was ist eure Vision?
Das Geburtsurlaub-Team besteht aus einer Doula (mir, EO), einer Hebamme (Peter), einer Hebammenstudentin (Ada) und einer Marketingfachfrau (Chiara).
Wir hatten unabhängig voneinander den gleichen Traum von einem Ort für natürliche Geburten. Einem Ort in der Natur, wo Frauen selbstbestimmt gebären können und auch Zeit vor und nach der Geburt dort verbringen können. Wir haben einen schönen Ort am See nördlich von Berlin gefunden, zu dem wir uns auch privat sehr verbunden fühlen.
Unsere Vision ist es, Menschen die Option auf eine natürliche und geschützte Geburt zu bieten. Immer mehr wird in unserer Gesellschaft bewusst, wie unnatürlich eine Geburt unter dem wirtschaftlichen Druck in den Kliniken werden kann. Wir stellen die Frau mit ihrer individuellen Schwangerschaft und Geburt ins Zentrum und möchten ihr eine selbstbestimmte und möglichst natürliche Zeit des Übergangs ermöglichen.
Wir sehen die Geburt der Kinder als einen sehr intimen Moment im Leben, und möchten diesen behutsam begleiten.
Wir möchten, dass Geburt etwas ist, auf das wir uns freuen und das wir feiern. Nicht etwas, wovor wir Angst haben brauchen.
Welche Voraussetzungen hattet ihr für den Ort?
Unser Ort sollte Rückzug bieten und Ruhe. Natur war uns dafür wichtig. Der Ort, den wir gefunden haben bietet viele Möglichkeiten für Spaziergänge durch Wälder, Felder und Wiesen. Es gibt einen See. Ich liebe die beruhigende Wirkung des Wassers auf meine Seele, und glaube, das empfinden auch viele andere Menschen so. Deshalb schätze ich das sehr.
Der Ort ist von Berlin aus gut erreichbar. Mit Auto sowie mit öffentlichen Verkehrsmitteln dauert die Anfahrt eine knappe Stunde aus Berlin (mit dem Fahrrad 2 Stunden 😉 ).
Es gibt Infrastruktur vor Ort und das Geburtshaus ist im Notfall für einen Krankenwagen erreichbar.
Ab wann sind dort Geburten möglich?
Unsere Planung sieht derzeit so aus, dass wir dieses Jahr (2020) den Vertrag für das Grundstück unterschreiben und die Vorbereitungen für den Bau soweit voranbringen, dass wir 2021 das Geburtshaus sowie das erste Ferienhaus bauen.
Wir sind optimistisch, dass ab 2022 die ersten Kinder im Geburtsurlaub geboren werden.
Wie bindet ihr Familien ein?
Familien (Partner*innen und Kinder, aber auch Freunde & Co.) können mit der schwangeren Frau, schon vor der Geburt und auch danach, in einem Ferienhaus sein, oder von Berlin pendeln, oder einfach zu Besuch kommen. Sie können zusammen mit der Frau an unterschiedlichen Kursen vor Ort teilnehmen, und natürlich können sie bei der Geburt dabei sein und mitwirken, wenn die Frau dies wünscht.
Wenn es gut läuft und wir in der Lage sind, mehrere Familien gleichzeitig hier zu haben, können wir vielleicht sogar eine Kinderbetreuung anbieten. Schon jetzt gibt es einige Familien am Platz, die Kinder finden also leicht Spielgefährt*innen.
Wie viele Frauen braucht ihr, damit sich das Projekt lohnt?
Profit ist nicht unser Hauptziel. Zum Glück sind wir im Team alle von diesem Projekt finanziell unabhängig.
Da das Projekt große Investitionen erfordert (zum Beispiel eine Grundstücksgröße von mindestens 1000 Quadratmetern, drei bis fünf zu errichtende Gebäude etc.), möchten wir klein starten, also erst das Geburtshaus bauen, um damit und eventuell einem mobilen Tiny House anzufangen. Dann werden wir ein Ferienhaus bauen, und anschließend je nach Bedarf weitere Ferienhäuser. So können wir schon ab 2022 Geburten begleiten. Am Anfang werden eine bis zwei Frauen pro Monat den Geburtsurlaub in vollem Umfang (für die individuelle Dauer von Tagen oder Wochen vor und nach der Geburt) vor Ort genießen können. Für andere Frauen werden wir ein „normales†Geburtshaus sein.
Insbesondere da es in der Region noch kein Geburtshaus und auch sonst nur sehr wenige außerklinische Angebote rund um Schwangerschaft, Geburt und Stillzeit gibt, ist es uns wichtig, dies auch für die lokale Bevölkerung anzubieten.
In fünf Jahren planen wir, gleichzeitig 4 Frauen und Familien zum Geburtsurlaub vor Ort zu haben.
Welche Vorgaben habt ihr für Menschen, die bei euch Kurse oder Workshops geben wollen?
Am wichtigsten ist uns, dass sie das Verständnis einer natürlichen, selbstbestimmten und friedlichen Geburt unterstützen. Natürlich sollten sie in ihrem Gebiet fachkundig sein.
Was sagen Hebammen und Ärzt*innen zu eurem Projekt?
Es haben eine Vielzahl von Hebammen schon ihr Interesse angekündigt, bei uns mitwirken zu wollen. Ich denke für viele Hebammen ist es das, wovon sie eigentlich am Anfang ihrer Ausbildung beziehungsweise Hebammentätigkeit geträumt haben, jedenfalls höre ich das immer wieder.
Somit ist es für manche Hebamme vielleicht ein „zurück zum Ursprung“.
Auch von Ärzt*innen gibt es positives Feedback. Die Kritiker gibt es vermutlich, sie halten sich aber bislang fern. Es gibt ja auch nicht wirklich etwas dagegen zu sagen, da wir den üblichen Qualitäts-Standards von Geburtshäusern entsprechen werden und mit den umliegenden Krankenhäusern kooperieren.
So entsteht eben auch die, wie ich finde, sehr schöne Verbindung von Natürlichkeit und „Sicherheit“, und frau kann je nach individuellem Geschmack mehr oder weniger „wild†und naturnah, aber vor allem selbstbestimmt gebären.
Habt ihr schone eine Ahnung, wie die Abrechnung laufen wird? Gibt es schon Preise? Werden Aspekte von den Krankenkassen übernommen?
Die Versorgung durch die Hebamme wird ganz normal von der Krankenkasse übernommen. Die Doula-Begleitung ist leider noch nicht von den Krankenkassen anerkannt und somit eine Privatleistung. Der Rest kann wirklich wie ein Urlaub betrachtet werden: Du mietest dir ein Ferienhäuschen am See. Wir streben an, die leibliche Verpflegung, vor allem für die ersten Tage im Wochenbett, mit anzubieten. Es ist durchaus denkbar, dass auch vor der Geburt gemeinschaftlich gekocht wird, für die, die das mögen.
Die angebotenen Kurse werden je nach Kursart genauso wie in der Stadt von Krankenkassen übernommen.
Kann man sich das Haus anschauen?
Das Haus ist noch in Planung, den Bau wollen wir unter anderem mit dem Crowdfunding finanzieren.
Was sind die nächsten Schritte?
Zunächst sammeln wir das Geld für das Grundstück (Crowdfunding €30.000) – die Kampagne läuft bereits.
Gleichzeitig möchten wir noch in diesem Jahr Architekten, Bauunternehmen und andere Sponsoren finden, die uns beim Bau des Geburtshaus unterstützen möchten, so dass wir dieses 2021 errichten können (ca.€80-100.000).
Anschließend, während wir bereits mit Geburten im Geburtshaus starten können, werden wir anliegende Grundstücke für Ferienhäuser ( 250qm bis 750qm ) erwerben (2021-2023) und Ferienhäuser bauen (2023-2025).
Wie kann man euch unterstützen?
Wir haben Ende Mai 2020 die erste Crowdfunding Kampagne (https://www.betterplace.me/geburtsurlaub) gestartet. Am allerbesten unterstützt du uns mit Spenden und fleißigem Teilen der Kampagne, so dass der Geburtsurlaub bekannt wird und mehr Menschen spenden und wir auch von Menschen oder Organisationen, die uns helfen möchten, gefunden werden.
Darüber hinaus werden wir auf unserer Website http://geburtsurlaub.family immer wieder aktualisieren, welche Menschen uns mit Fachwissen unterstützen können, aktuell wäre das z.B. ein Mensch mit juristischen Kenntnissen.
Wie erreichen wir euch?
Die Spendenkampagne läuft hier: https://www.betterplace.me/geburtsurlaub
Die Internetseite ist hier abrufbar: https://geburtsurlaub.wordpress.com/
Und per Email erreicht man uns unter geburtsurlaub@gmail.com.
Das ist ja mal eine extrem schöne Idee. Hoffentlich klappt das alles mit der Umsetzung und wird dann ausgeweitet. Richtig, richtig schön!