Anja: Anstrengende Geburt zu Hause

Hinter dem 8. Türchen des Geburtsgeschichten-Adventskalenders steht die Geschichte von Anjas Sohn Tristan. Anja schreibt im Berichtsstil mit Zeitangaben, wie Tristan zu Hause zur Welt kam, nachdem Anja schon fast due Hoffnung verloren hatte.

Tristan Willy

Es ist vollbracht – Tristan Willy hat 0:42Uhr am 26.04. noch im heimischen Pool das Licht der Welt erblickt. Er ist 58cm groß, mit 3970g und einem 36cm KU.

Schulsamstag, Wehenapp und Malerfolie

Ein Samstag wie ich ihn nicht mag, mein Mann hat mal wieder Schule von 8-15 Uhr — ein anstrengender Tag mit Violetta.

17:39 habe ich gemütlich auf der Couch gelegen, Bauch wurde mal hart aber nichts weiter dabei gedacht. Meinen Mann hatte ich mit Violetta einkaufen geschickt: Bananen, Erdbeeren wollte ich und Kekse. Um die Zeit waren die Wehen alle zehn Minuten — zwischendurch mit meinem Mann per Whatsapp geschrieben, und informiert, er so: „willst Du mir sagen, es geht los?“ ich: „nein, das sind sicherlich Übungswehen.“

Eine Stunde verging, währenddessen ich mit Freundin chattete und mich immer mehr wunderte, dass die Abstände kürzer wurden.

18:50 habe dann doch mal überlegt, eine Wehenapp zu laden und zu takten. Gesagt, getan. Ohja, da waren die Wehen schon alle 5-6 Minuten. Ich wollte es nicht glauben und hab dann aus Instinkt nochmal meinen Mann angerufen und gesagt: „Ich glaub, es ist besser, du gehst noch Malerfolie holen!“

Es geht los

In der Zwischenzeit hab ich das Spielzeug im Chaoszimmer aufgeräumt — um Platz für den Pool zu schaffen.

Kurz darauf sind auch mein Mann und Violetta eingetrudelt — Ich sagte dann zu meinem Mann: „Ich werde nun doch mal alle informieren.“ Und er meinte so: „Bist du dir sicher, nicht dass es ein Fehlalarm ist.“ Wir waren beide ab dem Moment so aufgeregt und meinem Mann war schlecht — aber vor HUNGER.

19:00 hab ich dann mal meine Doula angerufen und informiert, danach die Hebamme und die Fotografin.
Die Doula hatte um 16:30 auch eine Geburt und war gerade „fertig“ und wollte nach Hause — perfektes Timing! Die
Hebamme meinte, joah, dann wisse sie Bescheid und wenn es mehr würde, solle ich mich nochmal melden. Herrlich entspannt war die ganze Situation.

Massage von der Doula

19:30 ca. ist meine Doula auch schon eingetroffen. Sie hat mich mit den Worten empfangen: „wie schön, ihr habt auf mich gewartet.“ (An dem selben Morgen kam eine SMS Info von ihr, dass das Handy heute ausbliebe, bis das Baby da sei, und ich mit Wehen auf sie warten sollte — da musste ich jetzt noch drüber schmunzeln und hatte Bange, sie nicht zu erreichen.)

Sie fragte mich, wie es mir ginge und was sie mir Gutes tun könne und ich sagte: „Ja mir geht’s gut, noch kann ich lachen.“ Dann packte sie schon ihre Schätze aus und hat mir mit einem tollen Öl eine Bauchmassage gegeben. Dabei und danach musste ich mich schon leicht konzentrieren und die Wehen veratmen.

Mein Mann holte dann in der Zeit schon den Pool aus dem Keller und baute ihn mit Violetta auf. Sie wollte am liebsten gleich rein und turnte schon fleißig um und auf dem Pool.

20:00 ist dann auch schon die Fotografin eingetroffen und hat es sich gemütlich gemacht.

20:26 ich rief nochmal die Hebamme an und sagte ihr, „die Wehen nehmen immer mehr zu“, und wir verabredeten, dass sie in rund 45min da wäre.

20:45 Nach der Massage wurden mir noch die Füße massiert.

Und dann musste ich schon Wehen im Stehen an der Arbeitsplatte in der Küche veratmen gehen.

Ankunft der Hebamme

21:10 Hebamme war da, meine Wehen waren so bei 2-3 Minuten, ich veratmtee gut die Wehen und musste noch nicht tönen. Kindsbewegungen waren sehr kräftig — für alle gut sichtbar.

21:25 wurden erste Mal die Herztöne kontrolliert.

21:43 Ich stand immer noch an meiner geliebten Arbeitsplatte, zwischenzeitlich lunschte ich, was der Pool macht. Nun musste ich schon tönen. Und da ich das nicht so gut konnte, gab es eine Anleitung von der Hebamme — tiiiiiiefe Töne. Parallel massierte meine Doula meine Beine strich sie aus. Ich wurde langsam wacklig auf den Beinen und sie haben sehr kalt angefühlt.

21:48 Ich konnte in den Pool. Ich musste kräftig tönen, habe mich kniend über den Rand gelehnt und ließ mich einfach fallen und fühlte mich gut gestützt an den Armen — das tat gut, die Wärme, herrlich. Mein Mann nahm ab da an meine Hände und ich drückte kräftig seine Hände während der Wehen.

21:55 Herztöne vom Kind geschaut — Kind bewegte sich ganz kräftig.

22:12 Nun kam ich mit dem Tönen besser zurecht, alle „sangen“ mit — Doula reichte mir immer wieder was zu trinken (ich trank wie sonst nie so viel) und Hebamme schüttelte am Popo und an den Beinen. Das tat einfach nur gut.

22:26 Die Wehen überrollten mich gefühlt, die Intensität und Häufigkeit nahm zu.

22:29 Kommentar meiner Hebamme: Anja ist so richtig gut in Fahrt. Alles so, wie gewünscht.

22:42 Nun wurde ich gefragt, ob ich mich mal selbst untersuchen wollte. Ich konnte tatsächlich die Fruchtblase gut tasten.

22:56 Nun musste ich so doll weinen, ich erinnerte mich in dem Moment an die „so andere Geburt“ — aber das gehört wohl dazu. Umso wohler fühlte ich mich jetzt, alle waren für mich da.

23:04 Hebamme schlug mir mal vor, mich quasi in den Pool zu setzen und halb anzulehnen. Das schmerzte ordentlich vorne und gefiel mir so gar nicht. Machte es nur paar Wehen mit und drehte mich dann wieder um.

Überraschender Muttermundbefund

23:14 Wünschte ich dann doch mal eine vaginale Untersuchung, weil ich das Gefühl hatte, es ginge nichts voran. Es kam die Angst hoch, dass es wie bei Violetta wäre. Nein, ich staunte: 8cm. Aber der Bub hatte noch eine Hürde und kam nicht über die Lippe und ich hatte auch kein Pressdrang. Die Fruchtblase war auch noch nicht geplatzt.

23:25 hatte ich das erste Mal Druck auf den Darm und verlier Stuhlgang, aber störte mich nicht und mein Mann brachte ein Sieb zum Rausfischen — unsere Hebamme übernahm das.

23:29 Man war das eine heftige Wehe, und platsch machte es unter mir — die Fruchtblase war gesprungen, ja man spürt das auch im Wasser, hätte ich nicht gedacht. Fruchtwasser war klar. Die Wehen wurden immer heftiger.

23:40 ich änderte die Vierfüßlerposition auf Vorschlag der Hebamme und stellte das linke Bein auf. Dadurch bekam ich aber auch kein Pressdrang. Die Herztöne waren immernoch top.

23:43 Hebamme untersuchte mich nochmal. Es war nur noch ein kleiner Saum vorn, aber der hinderte den weiteren Geburtsverlauf.

23:45 Nun wurde ich mit Mann aufs Klo geschickt und sollte 3 Wehen veratmen und dem Kind gut zu reden. Also klitschnass ab aufs Klo. Was für Schmerzen im Vergleich zum Wasser, ich hoffte, die Nachbarn hörten das nicht. Ich stützte mich beim Mann ab und versuchte ruhig die Wehen auf dem Klo zu „verarbeiten“.

23:52 ich war zurück in meinem geliebten Pool. Leichter Pressdrang nun da aber noch „mangelhaft“ laut Hebamme. Ich schlug mich aber tapfer, war ganz schön erschöpft und trank, was mir die Doula gab. Nun hatte ich Sorge, es nicht zu schaffen.

00:03 raus aus dem Pool ab aufs Bett — wieder Vierfüßlerstand — Äpfel schütteln war angesagt.

00:14 neue Idee — in die Stube vors Sideboard, abwechselnd ein Bein oben drauf und wieder Äpfel schütteln — ich drückte mein Kopf in den Tragetuchstapel und mein Mann passte mit Hand vor dem Kopf auf, dass ich ihn mir nicht an der Wand stieße.

00:24 nun war ich echt am verzweifeln, sehr erschöpft und jammerte vor mich hin, dass es doch nichts würde. Aber ich wollte auf Nachfrage nicht in die Klinik und bekam neuen Mut.

00:32 ich bekam ein paar Globuli und weiter ging das Äpfelschütteln.

00:34 Mein Mann setzte sich aufs Sofa und ich ließ mich in die tiefe Hocke in seine Arme fallen und drückte und schob zwei Wehen so kräftig — dass der Kopf schon ein wenig zu sehen war.

00:36 ich geh wieder in den Pool und in meine geliebte Vierfüßlerposition. Nun schob ich sachte, mit Gefühl, bei jeder Wehe mit. Nochmal paar Globulis zum Damm schützen.

Tristan ist da

00:42 eine letzte Wehe und Tristan wurde einer Wehe geboren. Hebamme meinte nur, „schau dreh dich mal um“, ich konnte es nicht fassen. „Ich habe es geschafft!“, musste ich dann erst mal von mir geben. Alle gratulierten und freuten sich mit. Tristan war schön rosig, schrie kurz gut durch und ich legte ihn an die Brust und wir genossen erstmal den Erfolg sitzend im Wasser. Violetta kam uns wieder besuchen und schaute ganz begeistert. „Oh Baby“

1:00 ich ging mit Hilfe ins Bett — Plazenta noch nicht gelöst aber ich blutete leicht. Mein Kreislauf war sehr stabil im Vergleich zur ersten Geburt.

1:08 hefige Nachwehe, Plazenta noch nicht geboren. Tristan trank kräftig an der linken Brust.

1:12 eine weitere Nachwehe mit ein wenig Blutung

1:16 Mit erneuter Nachgeburtswehe — Geburt der mit Eihäuten vollständige Plazenta. Plazenta wurde inspiziert — sie ist „aufgebrochen“. (Das hab ich mir später auch erst erklären lassen).

1:25 Papa hat Violetta in Schlaf getragen, sie schlief tief und fest. Mein Damm wurde angeschaut, gerissen, aber „nur“ 1. Grades. Hebamme riet mir zum Nähen aber jetzt mochte ich noch nicht.

1:55 wünschte ich mir erstmal gegen die Nachwehen „ein“ Stück Plazenta, ich bekam drei und schluck sie alle mit O-Saft runter.

2:28 Nun wurde ich genäht: Es kam ein schönes Dental-Betäubungsspray drauf und gleichzeitig wurde mir noch ein Zipfel vom Dammriss 2. Grades entfernt.

3:20 Tristan bekam von Papa und der Hebamme eine Windel und Windelfreibody an. Meine Doula verabschiedete sich.

Und pünktlich 4 Uhr verabschiedet sich unsere Hebamme.


Und deine Geschichte?

Diese Geschichte habe ich nicht geschrieben, durfte sie aber veröffentlichen. Hast du deine Geburtsgeschichten aufgeschrieben? Oder fehlen mir dir die Worte? Willst du dazu meine Unterstützung in Anspruch nehmen, um die richtigen Worte zu finden? Ich helfe dir beim Schreiben der Geburtsgeschichte. Achtung, sie wird lang. Viel länger als diese hier. Das liegt alleine schon daran, dass du nicht schreiben musst, sondern erzählst. Hier gibt es mehr Informationen!


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Fazit


Es war fast alles wie geplant – nur zum Schluss musste ich ganz schön turnen, dass Tristan sich richtig rausdreht und ich pressen konnte.

Er hing an der Lippe fest und ich hatte somit kein Pressdrang. Leider bin ich wieder gerissen — aber dieses Mal wurde es super genäht und ich hatte nicht so arge Probleme damit.

Aber sonst war alles wunderbar so – Alleingeburt hätte ich nicht geschafft. Nicht mit der letzten Komplikation.

Ich bin sehr froh über das Team, Hebamme und Doula, gewesen. Ich hab meiner Hebamme vollends vertraut und auch wenn der letzte Teil bisschen holprig war, aber es musste sein.

Und meiner Doula bin ich auch sehr dankbar. Dieses Bemuttern tat so gut und möchte ich nicht missen.
Ob es das Trinkenreichen war, oder ich an leckeren Düften für Mut schnuppern durfte. Die Massagen während der Wehen am Oberkörper und Hebamme am Hintern.

Zwischenzeitlich hat sie es auch noch geschafft, mir eine Wochenbettsuppe zu kochen.

Ich habe bestimmt viel vergessen, welche Arbeiten sie leisteten, aber ich weiß, dass ich paar Wehen „ohne Unterstützung“ durch machte und die für mich deutlich schmerzhafter waren.

Noch kurz zu Violetta:

Nach dem Poolaufbau war sie kurz Baden. Ich hatte da schon gar kein Blick mehr drauf — war in der Küche an der Arbeitsplatte zum Tönen. Ansonsten war Violetta die ganze Zeit bei uns. Ich hatte nicht einmal das Gefühl, sie fühlte sich nicht wohl. Violetta war auch kein bisschen ängstlich. Sie kam immer gucken — Hebamme und Doula sagten ihr dann immer „die Mama singt noch“ – und dann gab mir Violetta Motivationsküsse.

Wahnsinn, ich bin echt begeistert und geflasht – und so glücklich.

DANKE und nie mehr ohne Hausgeburt <3.

Der komplette Adventskalender

Hier findest du alle Geschichten, die ich im Geburtsgeschichtenadventskalender 2020 veröffentliche bzw. bereits veröffentlicht habe:

  1. Tina: Badewannengeburt mit Glückshaube
  2. Annika: Hausgeburt trotz hohen Blutdrucks
  3. Susa: Torpedo-Überraschungs-Ei
  4. Mirabella: Ein Wehentag mit großem Geschwisterkind
  5. Laura: So schnell kann keine Hebamme sein
  6. Anna: Heilsame Hausgeburt
  7. Anja: Silvesterknaller
  8. Anja: Anstrengende Geburt zu Hause
  9. Viola: insertio velamentosa bei der Hausgeburt
  10. Anja: Drei Tage Rumgewehe vor der Wassergeburt
  11. Katharina: Geburtshausgeburt mit Schlafmangel
  12. Anja: Schlechte Laune und gute Geburt
  13. Katharina: Steigerung von „Keine Verletzungen“
  14. Natalie: Langes Rumgewehe und plötzliches Plopp
  15. Sabine: Hausgeburt nach vier Krankenhausgeburten
  16. Linda: Hausgeburt nach Kaiserschnitt
  17. Barbara: Erst lag das Baby quer
  18. Julias Zwillinge
  19. Natalie: Auf einmal waren die Presswehen da
  20. Anna-Christina: Selbstbestimmt im Krankenhaus, bis auf die letzten Minuten
  21. Kristina: Ich kann gebären!
  22. Irene: Kurze, heftige Hausgeburt
  23. Anna-Christina: Druckvolle Hausgeburt
  24. Kristina: Natürlich eingeleitete Hausgeburt

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