Anja: Drei Tage Rumgewehe vor der Wassergeburt

Geburtsgeschichten-Adventskalender, Tag 10. Anja erzählt heute von der Geburt ihres dritten Kindes. Sie wehte drei Tage lang rum, ehe sich ihr Körper entschloss, doch noch vor Ende der Rufbereitschaft ihrer Lieblingshebamme ernst zu machen.

Baby Juna

Ihre Daten: 24.05.18 – 7:35
4050g auf 53cm und 36KU

21.05.18

21:00 Kinder sind sehr unruhig und sagen nochmal „Baby kann rauskommen!“ Tristan stillt noch ein letztes Mal und dann schläft er mir an der Brust ein. Ich merke immer leichte Kontraktionen – mit Ziehen im Rücken alle fünf, sechs oder sieben Minuten. Ich scherzel zum Mann und sage, „ich glaube du musst morgen nicht arbeiten.“

Ich schreib meiner Hebamme, dass ich eben auf Klo ein bisschen frisches Blut hatte, etwas dünneren Stuhlgang und leichte Wehen. Sie empfiehlt mir, nochmal zu schlafen, aber das kann ich nicht.

Paul und mir wird gleich ganz anders vor Aufregung – er stellt die Grundordnung her, während ich ebenso was aufräume und umherlaufe.

Im gleichen Moment schreibe ich meiner Doula die selben Infos. Wir verbleiben mit Hebamme und Doula dabei: Ich ruf an, wenn sie mir erwünsche.

Mein Mann geht gegen 23:30 schlafen.

22.05.18

Ich guck TV, chatte und 1:00 hab ich so Bock auf ein Bad. Davor taste ich noch aber den Muttermund. Er ist weit hinten, aber was weiches spür ich und dahinter das feste Köpfchen!

Ich bleibe ungefähr 15 Minuten in der Wanne. Danach habe ich kein Bock mehr und gehe raus, trockne mich ab und ziehe meine Wollsocken an. Die Wehen scheinen nicht stärker zu werden. Gut, dann schlaf ich etwas.

Oder: Doch eine runde Bauchtanz — kann doch eh nicht vor Aufregung schlafen.

1:40 Wehen messen bleibt bei 5/6/7 min
2:20 Tristan gestillt
2:28 kann nicht schlafen – Köpfchen drückt
3:20 alle 3-4 min Wehen
4:00 keine Veränderung am Muttermund
4:15 nochmal Klo: Stuhlgang
5:15 Nachricht an Doula und Hebamme: „Puh also war die ganze Nacht jetzt fast wach. War auch baden, aber stärkere Wehen passieren nicht.“

Der Abstand bleibt bei 5/6/7 Minuten mit Ziehen im Rücken. Deswegen brauche ich auch nicht anrufen – und sonst warten wir einfach ab. Wer weiß.

Danach bitte ich Christin, vorbei zu kommen: Einfache Vorsorge zu machen und zu schauen ob sich was am Muttermund bemerkbar gemacht hat.

Der Befund der Hebamme


11:35: Wuhu – Christin war da: Arbeit war nicht umsonst die Nacht. Der Muttermund ist schön weich – vielleicht noch einen halben Zentimeter Gebärmutterhals und ein bis zwei Finger passen rein. Aber damit laufen Frauen auch tageweise rum… Hmmm.

18:30 Schleimpropf Abgang – klar weißlich

19:30 scharf gegessen – Chinesisch — man muss ja alles probieren was die Hebamme so empfiehlt.

23.05.18


Meine Doula bedauert mich, und sagt: sie wünscht mir ein Gewitter wenn ich mich schon so rumplage, aber sie sind bereit, wenn ich sie brauche.

Natürlich zieht das Gewitter vorbei, ohne ein Abstecher bei uns zu machen — wie frech.

Bis 17 Uhr keine großartigen Wehen, aber ich konnte in der Nacht wenigstens 4h Schlaf nachholen. Ich bin natürlich leicht genervt und frage mich, warum ich so vor mich herwehe.

Das kenn ich von den anderen Mäusen nicht. Na gut, meine Hebamme und Doula sind so süß und sprechen mir gut zu, keine Wehe umsonst – der Körper weiß schon was er tut.

17:40 ich Schaukel paar Wehen am Bettrand und denke so, hm wenn das noch Übung ist, weiß ich auch nicht. Ich komm mir vor, wie eine Erstgebärende.

18:35 Trink jetzt Kaffee mit Zimtzucker.

19:45 Stille Tristan in den Schlaf.

20:20 wieder aller 4-5 min Wehen – Intensität auf einer Skala von 1-10 dieses Mal 4 im Vergleich zu vorgestern und gestern. Ich informiere wieder Doula und Hebamme. Meine Lieblingshebamme hat nur bis 24.05.18/ 8 Uhr Rufbereitschaft und schreibt: „Na mal sehen, ob es dann doch noch klappt mit uns beiden.“

21:25 Geburtsreise von meiner Doula anhören – Kerze anzünden.

21:35 blutiger Schleim vermehrt beim Toilettengang.

22:00 ich gehe mal wieder ne runde Baden – aber passiert nichts mehr – Wehen sind weg.

22:30 ich beschließe, dass wieder beide schlafen können – und ich melde mich.

Und ich lege mich auch hin und nehme eine knappe Stunde Tiefschlaf mit, bis ich 0 Uhr von einer heftigen Wehe geweckt werde.


24.05.18

Ich stehe auf, zünde das Geburtslicht an und veratme alle 5 bis 7 Minuten Wehen.

Das geht wieder so 40 Minuten. Dann folgt eine Pause bis 2 Uhr nachts. Ich leg mich wieder hin, aber im Liegen sind die Wehen echt heftig und ich muss sie im Stehen intensiver veratmen.

Das ganz geht wieder so 40 Minuten. Ich untersuche mich – aber mehr als einen kleinen Ring, circa zwei Zentimeter, und weit hinten den Muttermund merke ich nichts.

Danach gehe ich natürlich wieder ins Bett und pünktlich um 4 Uhr beginnen die Wehen wieder — aber noch heftiger. Ich stehe sofort auf und laufe umher. Tracke zwischendurch und bin bei fünf bis sechs Minuten.

5:15 Uhr taste ich erneut und denke: „Wow, das sind doch 4-5cm – das ist aber jetzt groß! Und dahinter noch prall die Fruchtblase!“ Ich bin erfreut und denke „wenn das so weiter geht, bekomm ich das Baby allein, das wollte ich nicht!“

5:25 ruf ich die Hebamme und informiere sie, wie die Wehen sind und ich 4-5cm getastet habe. Wir beschließen, dass sie sich auf dem Weg macht, in einer Stunde spätestens ist sie da.

Daraufhin rufe ich meine Doula mit den selben Infos an und bitte sie zu mir zu kommen — vor einer Stunde brauch ich aber auch nicht mit ihr rechnen.

Geburtspool & Geburtskleid

Um 5:30 wecke ich dann meinen Mann und dieses Mal mit der Info, was ich eben getastet habe, meine Hebamme und Doula informiert habe und er mir bitte den Pool aufbaut und heute nicht auf Arbeit geht.

Meine Wehen sind weiter bei 5/6 min und ich veratme sie intensiver.

In der Zwischenzeit baut Paul den Pool auf, ich zieh mein Geburtskleid an und lauf in der Wohnung auf und ab.

06:10 kommt meine Hebamme – ich freue mich. Sie hat nämlich nur bis Donnerstag Rufbereitschaft — und nicht 24 Uhr sondern bis 8! Ich frag, ob sie trotzdem bleibt wenn es länger dauert.

06:25 Die Kinder schlafen noch. Nach einer Untersuchung bestätigt mir meine Hebamme die 5 Zentimeter.

„Jeah! Hälfte geschafft.“ Ich lauf weiter in der Wohnung umher, quatsche mit der Hebamme und bei erneuter Wehe muss ich langsam mehr veratmen.

06:45 der Pool ist aufgebaut, Paul hat noch ein kleines Loch entdeckt im Boden, holt meine Yogamatten und legt sie darunter und füllt den Pool. Die Wehen werden intensiver.

06:50 Juhu: Anne, meine Doula, ist da. Sie kennt sich ja schon aus, berichte ich noch freudestrahlend meine fünf Zentimeter in der Wehenpause. Sie fragt mich, was sie mir Gutes tun kann, Rücken und Kreuzbein massieren!? Gesagt – getan!

Das tut so gut.

07:10 muss ich mal wieder aufs Klo, aber schon eine dumme Idee, während einer Wehe zu gehen. Aua! Aber viel Urin kam nicht; vielleicht 3 bis 4 Tropfen. Lieber laufen, Klo sitzen ist doof.

07:15 endlich kann ich in den Pool. Das Wasser ist schon ganz schön warm, obwohl ich vorher getestet hab, aber Frau gewöhnt sich an alles. Meine Hebamme macht mir ein paar Schwaps kaltes Wasser rein. Meine Wehen sind bei 3-4min und werden gleich intensiver, aber viel angenehmer mit dem warmen Wasser. Ich nehme meine Lieblingsposition kniend über den Poolrand abhängend ein. Nun beginne ich meine Arbeit und mein Mann am Kopf reicht mir seine Hände. „Aber nicht brechen!“, scherzt er.

07:23 Tristan hat ausgeschlafen und ich bekomme gleich ein Guten-Morgen-Kuss. Er schaut, was hier los ist, aber hat keine Angst und Papa erklärt, das Baby kommt jetzt raus. Tristan hat natürlich Hunger und will verpflegt werden, in der Zeit reicht mir meine Doula ihre Hände, so dass ich Druck und Schmerz abgeben kann.

07:26 meine Hebamme kontrolliert zwischendurch die Herztöne: Alles schick.

07:33 der Muttermund ist nun vollständig auf bis auf den Saum und das Druckgefühl nimmt zu.

07:38 die zweite Hebamme wird zur Geburt dazu gerufen: Mirjam.

07:42 Nun hören mich bestimmt schon eine Weile die Nachbarn, aber ich vertöne so gut es geht die Wehen. Christin, meine Hebamme, sagt, „fühl mal“. „Oh, ich fühle Haare“, sag ich zu meinem Spatz. Ja sagt Christin, ist nicht mehr weit, gleich geschafft. Ich denke „was, echt? oh Mensch!“ Und schon kommt die nächste Wehe und ich habe keine Zeit, weiter zu denken.

Atmen.

Und nun schiebe ich auch schon intuitiv mit. In der Pause rutscht mir der Kopf zwei oder drei mal zurück. Das merkt mein Körper und schickt mir die stärksten Powerwehen, die ich je kannte. Mehrmals hintereinander ohne Pause.

07:44 In einer kleinen Pause gibt Tristan mir noch einen Motivationskuss und Anne eine tolle schmerzlindernde Massage an meinem Kreuzbein.

07:48 Violetta hat auch ausgeschlafen und begrüßt mich und Papa erzählt wieder „das Baby kommt gleich“ und ich denk gar nicht und töne vor mich hin. Mir kullern dann schon ein paar Tränen.

Nun ist Endspurt, ich merke wie Juna schiebt und ich pressen muss und eine Wehe nach der anderen ihren Kopf rausschiebt.

Geburt mit Geschwisterkindern

Kurze Pause und 07:53 wird sie geboren und ich fang sie gemeinsam mit meiner Hebamme auf und nehme sie hoch. Unglaublich – ich hab es schon geschafft. Leider kann ich sie gar nicht so hoch nehmen wie ich wollte: Ihre Nabelschnur ist etwas kurz. Aber es geht und wir kuscheln im warmen Wasser und Juna erzählt uns gleich ihre Geschichte. Tristan und Violetta begrüßen ebenfalls ihre Schwester und ich bin so dankbar und weine vor Glück erstmal eine Runde.

07:58 Hebamme zeigt mir wie die Nabelschnur noch pulsiert und Juna versucht die Augen zu öffnen. Mit einem klappt es schon.

08:15 wird uns die zweite Hebamme Mirjam vorgestellt. Meine Doula reicht mir etwas zu Trinken und wir kuscheln weiter im Pool und es ist so schön und immer noch unbegreiflich – auch die Uhrzeit: Ich dachte ja, es sei frühestens Mittag.

08:25 ziehe ich angenabelt noch auf die Couch um — alles total kuschlig schön hergerichtet für uns und Juna sucht schon die Brust und dockt an. Gleich darauf zeigen sich schon die ersten Nachwehen, die ich aber leicht veratmen kann.

08:30 wird die Plazenta geboren und Juna beschreit es mit.
Die Nachwehen werden stärker und ich bemerke, wie ab und zu Blut rausschwappt, aber alles okay. Alles dran an der Plazenta. Zur Ablenkung bringt mir die Köchin ala Doula meine Wochenbettsuppe – jummy, darauf hab ich mich gefreut und merke, wie mein Körper nach Nahrung schreit.

09:35 wird dann mal mein Damm inspiziert – aber ich bin nicht gerissen, nur eine Schürfung am Damm, man könnte es mit einem Stich nähen, aber das will ich nicht. Mein Körper macht das schon. Damit das gut verheilt, soll ich einfach gut Wochenbett halten und die Beine geschlossen halten. Kein Schneidersitz – wird gemacht.

09:50 muss ich dann mal pullern. Meine Hebamme begleitet mich mit den ganzen Unterlagen am Po ins Bad. Ich kann super pullern: Es brennt kaum, ich spüle mit warmen Wasser aus einer Kindergießkanne und sie hilft mir, die Wöchnerinneneinlagen mit sexy und super bequemer Netzschlüppi anzuziehen.

10:00 erste U1 durch meine Hebamme – findet Juna natürlich nicht so toll, aber dafür bekommt sie 10/10 Punkten. Alle sind einfach nur begeistert.

10:20 inspiziert Mirjam nochmal ganz genau die Plazenta — immer wieder spannend — und ich bitte Sie, ein Stück mir rauszuschneiden. Das schluck ich dann mit Saft und fertig.

10:40 fahren dann die Hebammen ab und Christin kommt am Nachmittag nochmal wieder. Und meine Doula bleibt mir noch eine ganze Weile erhalten. Paul baut derweil den Pool ab und wir kuscheln.

Wir sind so dankbar für die zweite schöne Hausgeburt und schweben vor Glück auf Wolke 7.

Und deine Geschichte?

Diese Geschichte habe ich nicht geschrieben, durfte sie aber veröffentlichen. Hast du deine Geburtsgeschichten aufgeschrieben? Oder fehlen mir dir die Worte? Willst du dazu meine Unterstützung in Anspruch nehmen, um die richtigen Worte zu finden? Ich helfe dir beim Schreiben der Geburtsgeschichte. Achtung, sie wird lang. Viel länger als diese hier. Das liegt alleine schon daran, dass du nicht schreiben musst, sondern erzählst. Hier gibt es mehr Informationen!


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Der komplette Adventskalender

Hier findest du alle Geschichten, die ich im Geburtsgeschichtenadventskalender 2020 veröffentliche bzw. bereits veröffentlicht habe:

  1. Tina: Badewannengeburt mit Glückshaube
  2. Annika: Hausgeburt trotz hohen Blutdrucks
  3. Susa: Torpedo-Überraschungs-Ei
  4. Mirabella: Ein Wehentag mit großem Geschwisterkind
  5. Laura: So schnell kann keine Hebamme sein
  6. Anna: Heilsame Hausgeburt
  7. Anja: Silvesterknaller
  8. Anja: Anstrengende Geburt zu Hause
  9. Viola: insertio velamentosa bei der Hausgeburt
  10. Anja: Drei Tage Rumgewehe vor der Wassergeburt
  11. Katharina: Geburtshausgeburt mit Schlafmangel
  12. Anja: Schlechte Laune und gute Geburt
  13. Katharina: Steigerung von „Keine Verletzungen“
  14. Natalie: Langes Rumgewehe und plötzliches Plopp
  15. Sabine: Hausgeburt nach vier Krankenhausgeburten
  16. Linda: Hausgeburt nach Kaiserschnitt
  17. Barbara: Erst lag das Baby quer
  18. Julias Zwillinge
  19. Natalie: Auf einmal waren die Presswehen da
  20. Anna-Christina: Selbstbestimmt im Krankenhaus, bis auf die letzten Minuten
  21. Kristina: Ich kann gebären!
  22. Irene: Kurze, heftige Hausgeburt
  23. Anna-Christina: Druckvolle Hausgeburt
  24. Kristina: Natürlich eingeleitete Hausgeburt

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