Christine: Wassergeburt im Geburtshaus

Heute lässt uns Christine teilhaben ihrer Geschichte. Ihre Tochter kam im Krankenhaus zur Welt – bei einer Wassergeburt.

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Um denjenigen gerecht zu werden, die sich mit den Worten „Frau“ oder „Mutter“ nicht identifizieren können, obwohl in ihrer Geburtsurkunde „weiblich“ steht, habe ich mich dazu entschlossen, in meinen eigenen Beiträgen „Mutter“ und „Frau“ jeweils mit dem Inklusionssternchen zu versehen. Ihr werdet also Frau* oder Mutter* lesen (falls der Text von mir kommt und nicht von anderen Menschen). Geschlechtergerechte und inklusive Sprache ist mir ein Herzensthema, allerdings ist (meine persönliche und die gesellschaftliche) Entwicklung dazu noch lange nicht abgeschlossen. Mal sehen, wie ich es in Zukunft angehe. Mehr zum Thema liest du unter anderem hier: Sollte ein Geburtsblog geschlechtsneutral sein, Gebären wie eine Feministin und Sex, Gender, Geburten und die deutsche Sprache.

Wassergeburt von Lina

Am Dienstag, den 24.06.2008, einem schwül-warmen Sommertag, wurde unsere (erste und einzige) Tochter Lina um 20:08 Uhr im Wasser geboren.

Für die Geburt waren wir in der nur wenige Kilometer entfernten Helios-Klinik in Erlenbach am Main, die von der WHO als babyfreundlich zertifiziert ist – eine dort tätige Hebamme leitete meinen Geburtsvorbereitungskurs und so kannten wir vor der Geburt auch den dortigen Kreißsaal mit einer schönen großen Wanne.

Ich liebäugelte vorher mit einer Wassergeburt, wusste aber nicht, ob es mir dann tatsächlich auch gefallen würde.

Über Termin

Meine Schwangerschaft war sehr schön und unkompliziert und ich genoss die sonnigen Tage und Wochen vor der Geburt in allen Zügen. Der errechnete Geburtstermin war der 15.06., aber da tat sich erst mal nichts, was mich überhaupt nicht beunruhigte – mir ging es gut und ich war bis einen Tag vor der Geburt noch mit unserem Rhodesian Ridgeback spazieren.

Am 23.06. hatte ich morgens einen Frauenarzttermin und meine Gynäkologin überreichte mir eine Krankenhauseinweisung mit „Bitte um Einleitung“ für den 25.06., da ich dann 10 Tage über Termin sei. Eine Einleitung war nicht meine Wunsch-Vorstellung, und so versuchte ich das „baby inside“ mittels innerer Zwiesprache zu überzeugen, sich von selbst auf den Weg zu machen. An diesem Tag dachte ich mehrfach sehr intensiv an meine leider viel zu früh verstorbene Mama.

Der 24.06. begann mit einem leckeren Frühstück und der üblichen Morgenroutine, und im Laufe des Vormittags kamen dann die Wehen zu mir – zunächst in größeren Abständen und eher sanft, so dass ich sie gut aushalten konnte und sogar noch ein Mittagsschläfchen auf der Couch möglich war. Die Intensität der Wellen nahm aber ab dem Mittag kontinuierlich zu, so dass ich entschieden habe, mir ein Bad einzulassen – nach dem Motto: „Entweder vergehen die Wehen oder sie nehmen weiter Fahrt auf“ – und sie wurden rasch stärker und die Abstände dazwischen kürzer.

Badewanne und Fahrt in die Klinik

Ich fand es trotz der zum Teil schon recht ordentlichen Wellen sehr angenehm im Wasser und wäre am liebsten weiter in unserer Badewanne sitzen geblieben – ich konnte spüren, dass ich mich öffnete und dass die Geburt gut angelaufen war. Mein Mann wurde nervös und wollte ins Krankenhaus aufbrechen und so manövrierte ich mich mit seiner Hilfe irgendwie aus der Badewanne und zog mich unter kräftigen Wehen an.

Den kurzen Weg ins Krankenhaus empfand ich als sehr unangenehm und dort angekommen bat ich meinen Mann, mir einen Rollstuhl zu besorgen – ich glaubte, nicht mehr laufen zu können und die Wehen waren sehr heftig!

Geburtsvorbereitende Akupunktur und Geburtswanne

Auf der Entbindungsstation empfing uns gegen 17 Uhr eine ruhige und sehr nette Hebamme – sie hat mich kurz untersucht und danach gefragt: „Haben Sie geburtsvorbereitende Akkupunktur gemacht?“ Ich (leicht verdutzt): „Ja, sieht man das denn?“ Sie: „Auf jeden Fall, ihr Muttermund ist schon 7 cm offen!“

Gleich darauf fragte sie mich, ob ich denn ins Wasser möchte, worauf ich (im Glauben, dass die erste Geburt immer stundenlang dauert) meinte: „Ja, vielleicht später…“ Sie: „Später gibt es nicht!“, worauf sie begonnen hat, Wasser in die große, runde Wanne einzulassen. Die Gebärwanne hatte eine kleine Treppe zum Ein- und Aussteigen, ähnlich wie ein Whirlpool.

Währenddessen habe ich mich entkleidet und als ich auch meine Unterwäsche ausgezogen hatte, platzte just meine Fruchtblase, was ich erst gar nicht richtig realisiert habe – die Hebamme hat das Fruchtwasser weggewischt und mir dann ein schnurloses CTG umgegurtet, welches auch im Wasser funktioniert und mit dem ich uneingeschränkt mobil war. Dann – endlich! – durfte ich ins angenehme Wasser (die Temperatur lag bei ca. 34-37 Grad, wenn ich mich recht erinnere, und auf meinen Wunsch hin wurde ab und an etwas kühleres Wasser eingelassen, weil es mir so heiß war). Hier konnte ich die intensiven Wellen deutlich besser aushalten und ich versank ganz in meine eigene Welt. Untersuchungen gab es ab diesem Zeitpunkt keine mehr. Mein Mann saß außerhalb der Wanne hinter mir und kühlte mir immer wieder die heiße Stirn mit einem Waschlappen – das tat gut!

Ich erinnere mich an eine ganz ruhige Atmosphäre – die Hebamme ging ab und an nach nebenan und ließ meinen Mann und mich alleine, war aber immer in Reichweite und strahlte eine Gelassenheit aus, die mir einfach gutgetan hat.

Schmerzhafte Übergangswehen

Die Übergangswehen waren schmerzhaft und unangenehm und dauerten gefühlt sehr lange – wobei ich das Gefühl für Raum und Zeit ziemlich verloren hatte. Das war der Zeitpunkt, zu dem ich vielleicht gerne ein Schmerzmittel gehabt hätte – darauf ging die Hebamme aber gar nicht groß ein, was ich im Nachhinein auch gut finde! ?

Kreißsaalbesichtigung

Die Wehenpausen wurden immer kürzer und mein Drang, immer lauter zu werden, verhielt sich dazu reziprok – ich klang wahrscheinlich wie der berühmte röhrende Hirsch. Als um 19 Uhr eine Gruppe Schwangerer plus Partnern den Kreißsaal besichtigen wollte, dachte ich: „Oh je, die kriegen jetzt alle Angst, weil ich so schreie!“ Das hielt mich aber nicht davon ab, weiter laut zu tönen.

Lina kam herausgeschwommen

Allmählich kam der Pressdrang und damit die einzige Situation, in der meine Hebamme mir eine Ansage machte: nämlich, dass ich die Beine öffnen soll. Ich bekam dann als nächstes mit, dass sie zum Telefon griff und die diensthabende Ärztin anrief – diese kam auch flott und als beide, Ärztin und Hebamme, Handschuhe angezogen haben, konnte ich gar nicht glauben, dass ich schon so kurz vor der Geburt unserer Tochter stünde. Unter dem Aufwand all meiner verbliebenen Kräfte presste ich noch mal, so fest ich konnte, und da kam Lina „herausgeschwommen“ und wurde von den Händen der Hebamme und der Ärztin im Wasser empfangen- um 20:08 Uhr, also knapp drei Stunden nach unserer Ankunft im Krankenhaus.

Das Gefühl, meine Tochter aus eigener Kraft im Wasser geboren zu haben, war unbeschreiblich – das ist es heute noch, diese Power und Stärke haben nur wir Frauen!

Die Atmosphäre im Kreißsaal war weiter ruhig und ohne Hektik – Lina und ich durften in der Wanne bleiben und während langsam das Wasser abgelassen wurde, wurden wir mit Tüchern zugedeckt, weil es mir allmählich kalt wurde vor lauter Anstrengung und Erschöpfung. Ich genoss das erste Kuscheln mit meiner Tochter sehr und mein Mann durfte später die Nabelschnur durchtrennen.

Plazenta-Ausschabung nach Wassergeburt

Trotz ausreichender Zeit und des ersten Anlegens von Lina an meine Brust kam dann leider die Plazenta nicht vollständig (wir waren immer noch zugedeckt in der Wanne), weshalb mir dann die Hebamme und Ärztin empfohlen, eine Ausschabung vornehmen zu lassen, um spätere Probleme zu vermeiden. Ich stimmte zu und verließ die Gebärwanne – und bevor mein Mann Lina auf seine Brust nehmen und das Gefühl genießen durfte, wurde Lina gewogen und untersucht sowie der obligatorische Fußabdruck gemacht.

Dann kam ein Anästhesist in den Kreißsaal und bereitete die Narkose vor (auf meinen Wunsch eine kurze Vollnarkose) – die Stimmung war gut, er scherzte mit uns allen und ich hatte keine Angst, sondern fühlte mich weiterhin so stark wie noch nie!

Die Ausschabung (und die Versorgung meiner Geburtsverletzung ersten Grades) dauerte nur ca. zehn Minuten und fand in einem kleinen Raum in unmittelbarer Nähe zum Kreißsaal statt – trotz Vollnarkose war ich gleich danach wach und fit und durfte mein Kind wieder im Arm halten.

Endorphin-Flash

Gegen 22 Uhr kamen wir dann in unser Zimmer auf der Entbindungsstation und dank der ganzen Endorphine fand ich kaum Ruhe, da ich so geflasht war… ?

Ich bin heute noch glücklich, so eine tolle Wassergeburt in der Klinik erlebt haben zu dürfen und bin der Hebamme sehr dankbar für ihre tolle Unterstützung und ihre wichtige Arbeit an der Seite der Gebärenden.

Seit meiner Schwangerschaft und Wassergeburt bin ich großer Hebammen-Fan und habe mich viel mit dem Thema selbstbestimmte Geburt beschäftigt – hätten wir uns für ein zweites Kind entschieden, wäre eine Hausgeburt im Wasser meine liebste Option gewesen!

Copyright: Christine Ballmann

Christine Ballmann

Christine ist 51 Jahre alt, kommt aus Elsenfeld bei Aschaffenburg, ist gelernte Sozialpädagogin und arbeitet als Bewährungshelferin.


Manifest für eine selbstbestimmte Geburtskultur

Manifest für eine Selbstbestimmte Geburtskultur
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Katharina Tolle

Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Katharina und betreibe seit Januar 2018 diesen Blog zu den Themen Geburtskultur, selbstbestimmte Geburten, Geburtsvorbereitung und Feminismus.

Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.

Außerdem setze ich mich für eine selbstbestimmte und frauen*-zentrierte Geburtskultur ein. Wenn du Kontakt zu mir aufnehmen möchtest, schreib mir gern!

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