Ich brauche Gespräche und verantwortungsfreie Zeit

Morgens um 4:30 stand ich auf. Arbeitete bis 6:00. MAAAAMAAAA! Kind wach. Konzentriert arbeiten ging dann erst wieder abends. Dazwischen war Lockdown mit drei Kindern. Ich habe es überlebt — sogar mehr als das. Wir hatten häufig eine gute Zeit. Und dennoch war es hart.

So ging es nicht nur mir. Natalie vom Blog Starke Mamas hat ebenfalls gemerkt, dass sie keinen Notfallplan hatte — obwohl sie einen gebraucht hätte!

Deshalb hat Natalie eine Blogparade ins Leben gerufen, die sich genau diesem Thema widmet:

„Diese Dinge treiben mich in den Wahnsinn und deshalb brauche ich ______, damit es nicht (nochmal) soweit kommt!“

Ich Gebäre. Frau im Bett. Foto: Kinga Cichewicz. https://unsplash.com/@all_who_wander
Foto: Kinga Cichewicz

Was treibt mich in den Wahnsinn?

Privat treibt mich vor allem die Frage nach der Care-Arbeit und dem Wert meiner Erwerbsarbeit um. Immer wieder verhandeln wir das in unserer Partnerschaft neu. Nicht immer bin ich dabei fair; es ist immer noch das verletzte Kind in mir aktiv… Wenn ich nicht arbeite, sorge ich mich um den Nachwuchs und den Haushalt. Wenn ich mir mal eine Auszeit gönne, bedeutet das, dass zum einen die Arbeit einfach liegen bleibt, weil niemand sich dafür verantwortlich fühlt. Und zum anderen bedeutet es, dass ich die Verantwortung dafür trage, diese ZAuszeit zu organsieren, z(also z.B. Essen vorzukochen) und damit zu leben, dass mir am Ende alle sgen: Boah, war das aber anstngend ohne dich.

Das treibt mich in den Wahnsinn — allerdings ist die Tendenz richtig. Nummer Drei ist immerhin kein Baby mehr. Langsam werden alle beteiligten zumindest ein wenig unabhängiger von mir. Das tut gut. Dennoch: Käme morgen wieder ein Lockdown, hätte ich dafür keinen Notfallplan. Ich weiß genau, dass meine Freizeit das wäre, was zuerst wegfallen würde.

Der Wahnsinn für Schwangere und Gebärende: Kontaktlosigkeit

Für Schwangere und junge Mütter waren die Corona-Monate auch nicht ganz einfach. Zwar gab es auch immer wieder positive Entwicklungen, doch für die meisten war die Zeit eher schwierig: Es gab einfach viel zu wenig persönliche Kommunikation. Gerade diese — inklusive Blick ins Gesicht und angenehmer Berührung — ist für viele Schwangere aber enorm wichtig in einer Zeit, in der nichts so bleibt, wie es ist.

Ich Gebäre. Foto einer einsamen Frau. https://unsplash.com/@enginakyurt
Foto: engin akyurt

Der Notfallplan: Das resiliente Netzwerk

Und genau hier möchte ich ansetzen mit meinem Notfallplan:

Die Einsamkeit treibt mich in den Wahnsinn und deshalb brauche ich ein kleines, aber verlässliches Netzwerk on- und offline, damit es nicht (nochmal) soweit kommt, dass ich die Tage nur überstehe, statt zu leben!“

Wie es bei Notfallplänen so ist: Wir arbeiten sie aus, bevor der Notfall eintritt. So ist es auch bei diesem Netzwerk. Werden wir durch äußere Umstände in die Einsamkeit gezwungen, ist es vermutlich schon zu spät, ein Netzwerk aufzubauen.

Deshalb gibt es an dieser Stelle ein paar Ideen, wie du dir in normalen Zeiten ein Netzwerk aufbauen kannst.

Anmerkung: Klar. Normal ist gerade wenig. Krieg und so. „Normal“ bedeutet in diesem Zusammenhang: Zu einem Moment, in dem Einsamkeit für dich kein Problem ist.

Nicht alles mag für dich in deiner Situation passen. Sieh die folgende Liste als Ideenkiste an, aus der du dich frei bedienen kannst.

Alle folgenden Ideen basieren auf einer Grundannahme: Sich zu normalen Zeiten auszutauschen ist eine gute Grundlage, sich auch in Krisen zur Seite zu stehen. Du musst also vorher schon ein wenig investieren. Doch glaube mi: Es lohnt sich.

Nachbarschaft

Es gibt nur wenige Menschen in Deutschland, die wirklich sehr weit weg vom Schuss wohnen. Die meisten haben zumindest ein Dorf um sich herum; wenn nicht gleich eine ganze (Klein-)Stadt. Kennst du eigentlich die Menschen in deiner unmittelbaren Umgebung? Wer wohnt neben dir, über dir, unter dir? Wie viele Kinder gibt es im Umkreis von fünf Minuten Laufweg? Wen triffst du immer wieder — auf dem Spielplatz, beim Einkaufen, in der Bücherei?

Falls du wirklich alle Menschen im Umfeld doof findest und ein Umzug nicht in Frage kommt, schau dich online um. Vielleicht wohnt doch noch eine Familie in der Nähe, die zu dir passt. Es gibt verschiedene Vernetzungsoptionen. Eine davon ist Sophies Vernetzungskarte für Bedürfnisorientierte Eltern.

Wenn es dir nicht möglich ist, dich weit von der Wohnung zu entfernen, ist es Gold wert, zu wissen, wer im direkten Umfeld wohnt. Und noch viel besser ist es, wenn du nicht nur Namen kennst, sondern auch die Personen dahinter.

Geburtsvorbereitungskurse und Babykurse

Hier triffst du Menschen, deren Situation deiner sehr ähnelt. Das kann dir helfen, auch im Notfall Kontakt zu Gleichgesinnten zu halten. Tauscht Kontaktdaten aus — auch schon vor der letzten Unterrichtseinheit!

Vereine

Vereine — egal ob Sport, Musik oder anderes — haben einen klaren Vorteil: Ihr habt ein gemeinsames Interesse. Auf dieser Grundlage fällt es leichter, sich gegenseitig kennen und schätzen zu lernen.

Selbst wenn eure Gruppe sich dann aus bestimmten Gründen nicht im Verein treffen darf, habt ihr ein gemeinsames Netzwerk, mit dem ihr bestimmte Routinen stärken könnt.

Natürlich funktioniert das nicht immer gut. Wenn alle Chormitglieder zu Hause singen müssen, ist das einfach kein schönes Chorerlebnis. Ein*e Judoka kann schlecht ohne Partner*in die Würfe trainieren.

Foto: Bruce Mars

Wenn es wirklich keine Möglichkeit gibt, miteinander dem gemeinsamen Hobby zu frühnen, bleibt immerhin noch eine Erleichterung: Ihr könnt euch digital gemeinsam darüber ärgern, dass es gerade nicht klappt.

Familie

Wie gut verstehst du dich eigentlich mit deiner Familie? Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass manchmal der traditionelle Familienbegriff über Abstammungen wichtig werden kann. Natürlich ist es nicht für alle Menschen einfach, ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern oder Geschwistern zu haben. Falls dieses Verhältnis bisher aber eher aus Desinteresse als aus wirklicher negativer Stimmung litt, kannst du es gern aufpolieren.

Ich Gebäre. Familie als Notfallplan. Foto: https://unsplash.com/@illiminate86
Foto: Kadyn Pierce

Profis

Diese Idee mag sich zunächst komisch anhören. Schließlich geht es beim Netzwerken doch um gegenseitige Unterstützung… Doch manchmal hilft es eben alles nichts: Manchmal ist das Treffen privat nicht drin. Und dennoch ist das Bedürfnis nach Unterstützung da.

Es ist durchaus legitim, wenn du dir deine gewünschte Unterstützung kaufst. Das klassische Beispiel ist eine Babysitter*in. Vielleicht ist aber auch eine therapeutische Massage genau richtig, oder ein Telefonat mit einer Kriseninterventionsstelle, zum Beispiel dem Hilfetelefon Schwierige Geburt.

Erst Recht kannst du auf gesetzlich zugesicherte Leistungen zurückgreifen, wie die Betreuung durch eine Hebamme, solange du dein Kind stillst, oder die Behandlung und Vorsorge bei Ärzt*innen und Psycholog*innen.

Dein Netzwerk

Vermutlich hat dich keine der Ideen von oben wirklich überrascht. Schon immer ging es schließlich darum, Menschen mit Gemeinsamkeiten zu finden. Wichtig ist einfach nur: Wenn du dich erst alleine fühlst, ist es meist sehr schwierig, ein Netzwerk aufzubauen. Einfacher ist es, wenn du dir bereits vorher die Zeit nimmst.

Fang am besten heute mit einem Spaziergang durch die Nachbarschaft an und erkunde, wer da eigentlich so lebt.

Die Blogparade

Die allermeisten von uns haben deutlich ihre Vorräte aufgezehrt in den vergangenen zwei Jahren. Natalie will gern Ideen sammeln, wie das wieder besser laufen kann. Wenn du auch Ideen hast, schau gern auf ihrer Homepage vorbei. An der Blogparade kannst du auch ohne eigenen Blog teilnehmen.

4 Gedanken zu „Ich brauche Gespräche und verantwortungsfreie Zeit“

  1. Liebe Katharina,
    vielen lieben Dank für deinen tollen Beitrag zur Blogparade. Ich habe ihn sehr, sehr gerne gelesen! Mir gefällt dein ganzer Blog sehr gut und werde mich jetzt erst einmal aufmachen und ein wenig darin stöbern!

    Ich danke dir!
    Natalie

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