Der Arschlochmoment (ein Dank an Papas*)

Man kennt ihn unter vielen Namen: Übergangsphase, Arschlochmoment, Zweifelminute… In diesem Beitrag möchte ich den Moment würdigen, den wohl die allermeisten Personen kennen, die bei Geburten dabei waren: Der Moment, in dem die Stimmung kippt. Und um diesen Moment, den ich gerne den Arschlochmoment nenne, geht es in diesen Beitrag.

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Die Übergangsphase tut weh

Die Übergangsphase bezeichnet in der Geburtshilfe den Zeitraum, wenn der Muttermund (fast) vollständig geöffnet ist und das Kind sich „eindreht“, um durch das Becken zu gleiten. (Okay, manche Mütter* würden wohl sagen, dass das mit „Gleiten“ nichts zu tun hat…)

In dieser Phase sind die Gebärenden oft unverblümt ehrlich, was nicht selten zu pointierten Gefühlsausbrüchen führt.

Schön hat das zum Beispiel Schwesterfraudoktor auf doccheck geschrieben:

Das letzte Drittel der Eröffnungsphase wird auch Übergangsphase genannt und ist der Part der Geburt, der am meisten schmerzt. In dieser Zeit möchten Frauen gerne aufstehen, ihre Sachen packen und nach Hause gehen. „Ich bin fertig, ich gehe“, ist wohl ein typischer Satz, der häufig ausgesprochen wird. Ich habe geheult, was schließlich auch eine sehr erwachsene Reaktion ist. Die Wehen in der Übergangsphase kommen deutlich häufiger und haben eine nochmals stärkere Schmerzintensität, weil der Kopf durch das mütterliche Becken tritt und dabei eine 90°-Wende hinlegt. Dabei fühlt es sich an, als würde das Becken gesprengt werden. Was vielleicht eine Erleichterung wäre. Bumm. Endlich Platz da unten. 

Schwesterfraudoktor auf doccheck



Der Arschlochmoment

Warum aber bezeichne ich diesen Moment als Arschlochmoment? Der Ausdruck beruht auf einer persönlichen Statistik im Umfeld, nach der sehr viele meiner Bekannten ihren doch eigentlich geliebten Kindsvater zur Sau gemacht haben und ihm verschiedene Schimpfwörter entgegenschlugen, und zwar immer im folgenden Zusammenhang:

Nur DEINETWEGEN mache ich das hier durch, du [Hier bitte Schimpfwort deiner Wahl einfügen].

Logisch, etwa neun Monate vorher war der entsprechende Mensch wohl vermutlich an der Zeugung beteiligt und damit wird er nun zum perfekten Sündenbock. Denn ohne ihn keine Zeugung, ohne Zeugung keine Geburt, ohne Geburt keine Schmerzen.

Und kein Arschlochmoment.

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Danke an euch alle, liebe Papas*

Ja, viele werdende Väter* müssen sich in dieser Übergangsphase anhören, was die Ärzte schon 1998 besangen: Männer sind Schweine. Doch die Rolle des Vaters* bei der Geburt ist von unschätzbarem Wert und verdient besondere Anerkennung.

Umso wichtiger ist es, an dieser Stelle einmal zu sagen:

Liebe Papas*, ihr seid toll. Für euch war die Geburt des Kindes vermutlich auch anstrengend. Vielleicht war sie nicht so schmerzhaft, aber gelitten habt ihr vermutlich trotzdem beim Anblick eurer Frau*. Ihr musstet hilflos zusehen, wie euer Lieblingsmensch Schmerzen durchlitt, und konntet oft nur wenig tun, um sie zu lindern.

Aber ihr habt euer Bestes gegeben. Ihr wart da, habt Händchen gehalten, ermutigt, Eiswürfel gereicht, den Rücken massiert und vielleicht sogar als menschlicher Boxsack hergehalten. Ihr habt durchgehalten, auch wenn ihr manchmal nicht wusstet, was ihr tun oder sagen solltet.

Auch wenn sie das kurzfristig unter der Geburt vergessen hat, eigentlich weiß eure Frau* das. Und sie weiß es sehr zu schätzen, dass ihr euch nicht einfach rausgenommen habt. Eure Anwesenheit, eure Unterstützung und eure Liebe waren in diesen schwierigen Stunden von unschätzbarem Wert.

Nach der Geburt habt ihr vielleicht die ersten Windeln gewechselt, das Baby gewiegt oder eurer erschöpften Partnerin etwas zu essen und zu trinken gebracht. Ihr habt euch in eine völlig neue Rolle eingefunden und dabei geholfen, dass sich eure Frau* erholen konnte.

Fühlt euch umarmt. Ihr habt eine wichtige Rolle gespielt und werdet auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Die Geburt war nur der Anfang eurer Reise als Vater*, und eure Unterstützung wird in den kommenden Wochen, Monaten und Jahren genauso wichtig sein.

Denkt daran: Auch wenn der Arschlochmoment hart war, ist er vorübergegangen. Was bleibt, ist die gemeinsame Erfahrung, die euch als Paar und Familie zusammenschweißt.

Foto von Yan Krukau

[Wenn du einen Papa* kennst, der das lesen sollte, leite ihm diesen Beitrag gerne weiter. Vielleicht hilft es ihm, sich an seine eigene Stärke in diesem besonderen Moment zu erinnern oder gibt ihm Mut für eine bevorstehende Geburt.]

Katharina Tolle

Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Katharina und betreibe seit Januar 2018 diesen Blog zu den Themen Geburtskultur, selbstbestimmte Geburten, Geburtsvorbereitung und Feminismus.

Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.

Außerdem setze ich mich für eine selbstbestimmte und frauen*-zentrierte Geburtskultur ein. Wenn du Kontakt zu mir aufnehmen möchtest, schreib mir gern!

Foto von Katharina

2 Gedanken zu „Der Arschlochmoment (ein Dank an Papas*)“

  1. Mit einem geplanten Kaiserschnitt kann frau sich die ganze Folter ersparen. Ich hatte zwei Wunschkaiserschnitte, vor 40 und vor 35 Jahren. Traumgeburten, stressfrei, angstfrei, schmerzfrei. Und nachhaltig, Inkontinenz ist auch heute noch kein Thema für mich.

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