Jana erzählt eine etwas andere Geburtsgeschichte: Die Geschichte ihrer Abtreibung. Ich veröffentliche auch diese Geschichte. Es ist eine Geburt, wenn auch anders. Bitte gehe respektvoll mit Janas Geschichte um. Es ist gut, dass sie darüber spricht. Denn nur, wenn wir offen über Gründe für Abtreibungen, über Arten von Abtreibungen und über die möglichen Folgen der Entscheidung für oder gegen eine Abtreibung sprechen, können wir im Fall des Falles eine ehrliche Entscheidung fällen.
Zerrissenheit nach einer Abtreibung
Mein Wunsch: die Zeit auf den 03.08.2019 zurückdrehen. Oder doch nicht?
Viele haben mich gefragt, was es mit dem „mehr als zwei mal schwanger“ auf sich hat.
Vor einigen Wochen nahm ich erstmals allen Mut zusammen und redete in einem sozialen Netzwerk über das, was mich seitdem zerreißt — aber auch gleichzeitig mich zur fleischgewordenen Geburtsvorbereiterin gemacht hat.
Wir sind grade nach Deutschland gekommen. Zunächst fühlte sich alles richtig an. Dann merkte ich, dass was mit mir nicht stimmte. Meine Brüste wurden größer, meine Launen niedriger und ich wurde so müde. Ich machte aus Dallerei einen Test. Eigentlich konnte nichts sein. Nach der Geburt von Lotta vor elf Monate hatte ich ja noch nicht mal einen Eisprung gehabt.
Der Test war sowas von positiv. Ich heulte… „Was jetzt? Ich habe ein 11 Monate altes Kind, wie soll das gehen?“ Die Bewerbungsgespräche waren im Gang, aber ich hatte noch kein Vertrag.
Sofort ging ich zum Arzt. Er sagte, dass das Herz schlüge, aber der Embryo nicht zeitgemäß entwickelt wäre. Ich war geschockt.
Ich bin dann zu meinen Mann gegangen. Er war mein Anker – dachte ich. Es war keine eheliche, keine partnerschaftliche, Unterhaltung, sondern eine egoistische und wirtschaftliche. Er sagte sofort „Abtreiben“. Aber ich wollte doch Mama sein… nach dem schweren Start mit Lotta inklusive Wochenbettdepression.
„Schafft es mein Körper und meine gerade geheilte Seele überhaupt?“ Ich ging nochmal zum Arzt. Der Embryo war immer noch nicht gewachsen.
„Was mach ich nur? Abwarten bis was passiert? Oder die Kontrolle behalten?“
Jeder um mich herum (außer meine Schwester) riet mir zur Abtreibung.
Der Arzt musste neutral bleiben, aber ich habe es ihm angesehen. Er hat mir auch die Adresse zum Beratungsgespräch gegeben.
Ich stand die ganze Woche über neben mir und hatte keinen Halt. Niemand war da für mich und meine Gedanken.
Um die Fassade zu wahen, blieb ich cool und habe selbst die Frau vom Beratungsgespräch überzeugen können. Innerlich dachte ich aber: „Sind die alle blind???“
Am 03.08.2019 um 12:30 Uhr nahm ich die Tablette, die mein Baby tötete. „Wieso hält mich keiner auf?“ Ich schluckte sie runter und als ich merkte wie die Tablette meine Kehle runterging, merkte ich auch gleichzeitig, wie ein Teil von mir ging.
Am 05.08.2019 nahm ich die Zweite und ich hatte 8 Stunden Wehen. Acht Stunden, in denen niemand meine Hand hielt. 8 Stunden, in denen ich das tat, was ich nie wollte.
Ich hielt mein Baby in meiner Hand und ich fühlte mich verloren. Seit diesem Tag ist die Ehe nicht mehr das, was sie war. Und ich bin nicht mehr diejenige, die ich war.
Ich wusste von da an, dass sich nie wieder eine Frau so fühlen muss und eine Schwangerschaft nichts negatives sein darf! Zwei Menschen sind gestorben und eine Geburtvorbereiterin ist geboren. Denn ich entschied mich, aktiv zu werden. Ich wurde Hypnobirthingkursleiterin.
Ein gutes hat es allerdings: mein Muckie, unsere jüngste Tochter, gäbe es heute nicht! Sie kam am 23.11.2020 zur Welt. Der 25. März ist seitdem mein persönlicher Trauertag – der eigentlich ein glücklicher Tag hätte werden können.
Über Jana
Jana ist Mutter zweier Töchter und eines Sternenbabys. Sie setzt sich ein für einen offenen Diskurs über Abtreibungen und Fehlgeburten und unterstützt als Hypnobirthing*-Kursleiterin Eltern bei der Vorbereitung auf eine schmerzarme Geburt. Mehr zu Jana erfährst du auf ihrer Homepage, ihrem Facebook- und ihrem Instragram-Profil (beachte, dass beim Klick die jeweiligen Datenschutzregeln gelten).