Während wohnortnahe Versorgung hierzulade großes Thema ist, gilt für Schwangere in anderen Gebieten, dass sie ihre Kinder am liebsten ganz weit weg auf die Welt bringen wollen – sogar in einem anderen Land. Das nennt sich Geburtstourismus und genau darum geht es heute.
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Um denjenigen gerecht zu werden, die sich mit den Worten „Frau“ oder „Mutter“ nicht identifizieren können, obwohl in ihrer Geburtsurkunde „weiblich“ steht, habe ich mich dazu entschlossen, in meinen eigenen Beiträgen „Mutter“ und „Frau“ jeweils mit dem Inklusionssternchen zu versehen. Ihr werdet also Frau* oder Mutter* lesen (falls der Text von mir kommt und nicht von anderen Menschen). Geschlechtergerechte und inklusive Sprache ist mir ein Herzensthema, allerdings ist (meine persönliche und die gesellschaftliche) Entwicklung dazu noch lange nicht abgeschlossen. Mal sehen, wie ich es in Zukunft angehe. Mehr zum Thema liest du unter anderem hier: Sollte ein Geburtsblog geschlechtsneutral sein, Gebären wie eine Feministin und Sex, Gender, Geburten und die deutsche Sprache.
Geburtstourismus: Was ist das?
Geburtstourismus bezeichnet die Praxis, dass werdende Mütter in ein anderes Land reisen, um dort ihr Kind zur Welt zu bringen. Oftmals geschieht dies mit dem Ziel, dass das Neugeborene automatisch die Staatsbürgerschaft des Geburtslandes erhält. Länder wie die USA und Kanada, die das „Recht des Bodens“ (Jus Soli) anwenden, sind dabei besonders begehrt. So sichern sich wohlhabende Familien für ihre Kinder nicht nur die Staatsbürgerschaft eines Landes mit hohem Lebensstandard, sondern auch den Zugang zu hochwertigen Bildungseinrichtungen und Gesundheitssystemen. Doch dieser Luxus bleibt nur einer kleinen, privilegierten Gruppe vorbehalten.
Andere Familien entscheiden sich für eine Geburt im Ausland, weil sie zu Hause die gewünschten Rahmenbedingungen für die Geburt nicht finden – selbst, wenn es nicht um die Staatsbürgerschaft geht.
Geburtstourismus für alternative Geburtsmethoden
Manche Menschen reisen zur Geburt in ein anders Land, um bestimmte Geburtsmethoden zu nutzen, die im Heimatland nicht erlaubt oder verfügbar sind. Dieses Phänomen wird durch unterschiedliche Gesetzgebungen und medizinische Praktiken in verschiedenen Ländern verursacht. Das ist gar nicht so selten:
Hausgeburten
In manchen Ländern sind Hausgeburten stark reguliert oder sogar verboten, was Eltern dazu veranlassen kann, in Länder zu reisen, die eine liberalere Haltung zu Hausgeburten haben.
Wassergeburten
Nicht alle Kliniken bieten die Möglichkeit zur Wassergeburt an. In einigen Ländern ist diese Methode weiter verbreitet und leichter zugänglich, sodass sich manche Schwangere entscheiden,
Begleitung durch Hebammen
Die Rolle und Verfügbarkeit von Hebammen variiert stark zwischen verschiedenen Gesundheitssystemen. Einige Eltern suchen Länder auf, in denen Hebammen eine zentralere Rolle im Geburtsprozess spielen.
Naturheilkundliche oder alternative Methoden
Eltern, die Wert auf naturheilkundliche Ansätze oder alternative Schmerzlinderungsmethoden legen, können sich gezwungen sehen, dafür ins Ausland zu reisen.
Geburtshäuser
In Ländern, in denen Geburtshäuser selten oder nicht vorhanden sind, können Eltern sich entscheiden, in Länder zu reisen, die solche Einrichtungen anbieten.
Und dann gibt es natürlich auch noch den Fall in Grenzgebieten, in denen das nächste Krankenhaus nun mal auf der anderen Seite der Grenze liegt. Diese Form des Geburtstourismus verdeutlicht oft die Diskrepanz zwischen den Wünschen werdender Eltern und den rechtlichen sowie medizinischen Rahmenbedingungen in ihrem Heimatland. Es wirft wichtige Fragen zur Selbstbestimmung bei der Geburt und zur Notwendigkeit einer flexibleren Gesundheitspolitik auf, die verschiedene Geburtsmethoden berücksichtigt und unterstützt.
Geburtstourismus: Ein Luxus, den sich nur Reiche leisten können
In einer Welt, die zunehmend von Ungleichheiten geprägt ist, zeigt sich der Geburtstourismus als ein besonders markantes Beispiel dafür, wie der Wohlstand der Wenigen zu Privilegien führt, die für den Großteil der Weltbevölkerung unvorstellbar sind. Während viele Menschen darum kämpfen, unter schwierigsten Bedingungen ein einigermaßen würdiges Leben zu führen, können sich wohlhabende Eliten den Luxus leisten, ihre Kinder in exotischen oder politisch stabilen Ländern zu gebären, um ihnen die dortigen Staatsbürgerschaften und damit verbundene Vorteile zu sichern.
Geburten im Kriegsgebiet
Während reiche Schwangere die Möglichkeit haben, ihre Kinder in den besten Kliniken der Welt zu gebären (Russinnen fliegen dafür gerade vor allem nach Argentinien), erleben Schwangere in Kriegsgebieten eine ganz andere Realität. Die anhaltenden Konflikte, zum Beispiel in der Ukraine, zwingen viele Frauen dazu, ihre Kinder unter lebensbedrohlichen Bedingungen zur Welt zu bringen. Inmitten von Krieg, Vertreibung und humanitärer Notlage müssen sie um das Leben ihrer ungeborenen Kinder und ihr eigenes fürchten.
Die medizinische Versorgung in kriegsgebeutelten Regionen ist oft katastrophal. Krankenhäuser werden durch die anhaltenden Kämpfe zerstört oder sind völlig überlastet. Schwangere Frauen haben oft keinen Zugang zu grundlegender medizinischer Betreuung, und die Geburten verlaufen unter unvorstellbar schwierigen Bedingungen. In solchen Situationen sind nicht nur die Gesundheit, sondern auch das Leben von Mutter und Kind ernsthaft bedroht.
Der Luxus der Geburt im Ausland: Ein Privileg für die Reichen
Im scharfen Kontrast dazu steht der Geburtstourismus der reichen Elite. Die entsprechenden Wunschkliniken bieten nicht nur modernste medizinische Versorgung, sondern auch alle Annehmlichkeiten, die sich eine werdende Mutter nur wünschen kann. Von persönlichen Geburtsbegleitern über exklusive Suiten bis hin zu spezialisierten Ärzt*innen – alles steht bereit, um die Geburt zu einem angenehmen Erlebnis zu machen.
Dazu kommt, je nach Land, eben auch eine weitere Staatsbürgerschaft und damit verbundene Vorteile. So wollen reiche russische Paare ihren Kindern mit einem argentinischen Pass eine Option geben, leichter in bestimmte Länder einreisen zu können, als das mit einem russischen Pass möglich wäre.
Doch dieser Luxus ist nur einer winzigen Elite vorbehalten. Die Kosten für eine solche Geburt können schnell in die Zehntausende von Euro gehen – Summen, die sich nur die Reichsten der Reichen leisten können. Für die Mehrheit der Bevölkerung, insbesondere in Krisengebieten, bleibt dies unerreichbar.
Ein globales Ungleichgewicht
Der Geburtstourismus verdeutlicht ein tiefes globales Ungleichgewicht. Während die einen die besten Bedingungen für die Geburt ihrer Kinder suchen, kämpfen andere ums Überleben. Geld und Macht können den Zugang zu grundlegenden Rechten wie der Gesundheitsversorgung bestimmen. Geburtstourismus verdeutlicht die tiefen Gräben, die unsere Welt in reiche und arme Nationen, in privilegierte und benachteiligte Bevölkerungsgruppen spaltet.
Vorwürfe sind unangebracht
Ich mache keiner Schwangeren einen Vorwurf daraus, dass sie für sich und ihr Kind die besten Voraussetzungen für eine gelungene Geburt möchte – und bereit ist, dafür zu zahlen. Viel schlimmer finde ich, dass Menschen auf (viel) Geld angewiesen sind, um eine gute Betreuung überhaupt erhalten zu können. Und das gilt nicht nur in Gebieten weit weg, sondern auch bei uns, wenn Schwangere die gewünschte Betreuungsform nicht finden.
Quellen
https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/schwangere-russinnen-argentinien-101.html
Auch in diesem Jahr gibt es einen Geburtsgeschichten-Adventskalender und ein paar Adventsverlosungen. Sei dabei!
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Katharina Tolle
Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Katharina und betreibe seit Januar 2018 diesen Blog zu den Themen Geburtskultur, selbstbestimmte Geburten, Geburtsvorbereitung und Feminismus.
Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.
Außerdem setze ich mich für eine selbstbestimmte und frauen*-zentrierte Geburtskultur ein. Wenn du Kontakt zu mir aufnehmen möchtest, schreib mir gern!
1 Gedanke zu „Geburtstourismus: Zur Geburt in ein anderes Land“