Undomestiziert. Buchrezension über wilde, freie und schamlose Göttinnen

„Undomestiziert. Göttinnen: Warum sie wild, frei und schamlos ihr eigenes Ding gemacht haben und was ich gerne früher von ihnen gelernt hätte.“

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Vielen Dank an Gerit Sonntag vom Magas Verlag für das Rezensionsexemplar!

Rezension zu „Ungezähmt“ von Xanadine

Als Leserin mit nur rudimentärem Kunstverständnis war ich zunächst unsicher, ob „Ungezähmt“ mich wirklich erreichen würde. Doch schon nach wenigen Seiten wurde mir klar, dass Xanadine mit ihrer einfühlsamen und bildhaften Sprache eine Brücke baut – nicht nur für kunstaffine Leserinnen, sondern für alle, die sich mit weiblicher Schöpferkraft, Geburt und Spiritualität auseinandersetzen möchten. Besonders die Passagen zur Geburt haben mich tief berührt. Xanadine beschreibt diesen Prozess nicht nur als biologisches Ereignis, sondern als eine archaische, kreative Kraft, die jede Frau in sich trägt. Ihre Worte sind roh, ehrlich und voller Ehrfurcht – ein Plädoyer dafür, Geburt nicht als reinen medizinischen Vorgang zu betrachten, sondern als ein zutiefst schöpferisches, machtvolles Erlebnis.

Aufbau des Buches

„Ungezähmt“ ist in drei Teile gegliedert, die sich Schritt für Schritt einer weiblichen Rückverbindung nähern.

Teil 1: Theoretische Grundlagen
Im ersten Abschnitt legt Xanadine die Basis für ihr Verständnis von Weiblichkeit, Schöpfertum und Kunst. Sie geht auf zentrale Konzepte wie Patriarchat und Matriarchat ein, erläutert die Bedeutung der Göttin im Gegensatz zum Gott, spricht über Mondblut, Vulva-Symbolik, die Dreifaltigkeit der Frau und den künstlerischen Ausdruck als Akt der Schöpfung. Besonders spannend fand ich hier die „Reise der Heldin“ – ein Gegenentwurf zur klassischen Heldenreise, die zeigt, wie weibliche Transformation oft nicht in linearen Siegen, sondern in zyklischen Erfahrungen und tiefem inneren Wachstum besteht.


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Teil 2: Sieben Göttinnen und ihre Botschaften
Der zweite Teil stellt sieben weibliche Gottheiten aus verschiedenen Kulturkreisen vor, die jeweils für bestimmte Aspekte der Weiblichkeit stehen:

  • Kali (hinduistische Mythologie): die Zerstörerin und Erneuerin
  • Freya (nordische Mythologie): die Göttin der Liebe, Schönheit und Fruchtbarkeit
  • Matronen (germanische Mythologie): Schutzgöttinnen für Frauen, Geburt und Gemeinschaft
  • Demeter (griechische Mythologie): die mütterliche Ernährerin und Herrscherin über den Zyklus von Leben und Tod
  • Frau Holle (europäische Folklore): die weise Alte, Hüterin von Fleiß, Gerechtigkeit und Schicksal
  • Venus von Willendorf (steinzeitliche Symbolik): die Urmutter und Verkörperung weiblicher Fülle
  • Inanna (sumerische Mythologie): die Göttin der Liebe, Sexualität und der Unterweltreise

Jede dieser Göttinnen wird nach einem festen Muster vorgestellt:

  • „Der Auftakt“ gibt eine erste Einführung in ihre Bedeutung.
  • „Meine Geschichte“ zeigt, wie Xanadine persönlich mit der Geschichte dieser Göttin in Kontakt kam und welche Transformation sie selbst durchlaufen hat. Hierdurch ergibt sich bereits ein Bezug zur heutigen Zeit – was können wir aus dieser alten Weisheit für unser eigenes Leben mitnehmen?
  • „Im Spiegel der Göttin“ bietet eine der Kerngeschichten um diese Göttin in wunderbarer Prosa — und (nicht selbstverständlich!) in Du-Form. Die Leser*innen schlüpfen also in die Rollen der Göttin und erleben durch ihre Augen Leidenschaft, Trauer, Mut, all diese unglaublich starken Gefühle.
  • Ein Fazit, das die Essenz zusammenfasst. Das Fazit umfasst ungefähr eine Seite Text, wird aber auch prägnant in einem Satz auf den Punkt gebracht. So lautet dieser Satz zum Beispiel für Demeter: „In der liebevollen Umarmung von Mutter Demeter erwächst das Leben, während sie behutsam das Gleichgewicht wahrt.“
  • Ein Wissensüberblick, der die historische und mythologische Einordnung der jeweiligen Göttin abrundet.

Die Erzählungen über Freya haben mich besonders bewegt, da ich mich in ihren Beschreibungen wiedergefunden habe. Xanadine vermittelt, wie Freyas Energie von Liebe, Selbstbestimmung und Sinnlichkeit sich auch heute noch in uns entfalten kann.

Teil 3: Weibliche Krafttiere
Im dritten Abschnitt stellt Xanadine zehn Tiere vor, die in verschiedenen Kulturen mit weiblichen Gottheiten assoziiert werden. Diese symbolträchtigen Wesen stehen für unterschiedliche Aspekte weiblicher Energie – sei es die intuitive Weisheit der Eule, die wilde Kraft der Löwin oder die lebensspendende Natur der Schlange.

Die Rolle der Geburt

Ein zentrales Motiv in „Ungezähmt“ ist die Geburt – nicht nur als physischer Vorgang, sondern als Metapher für kreative Schöpfung, Transformation und Erneuerung. Xanadine beschreibt Geburt als einen tief verwurzelten, heiligen Akt, der eng mit der weiblichen Urkraft verbunden ist. Sie entmystifiziert zugleich viele moderne Vorstellungen von Geburt, die sie als rein medizinisches oder gar pathologisches Ereignis betrachtet sieht, und plädiert stattdessen für ein Verständnis, das die spirituelle, emotionale und schöpferische Dimension der Geburt anerkennt. Besonders eindrücklich ist, wie sie Geburt in den Kontext alter Göttinnen stellt – als Übergangsritual, als Kraftmoment, als Verbindung zwischen Leben und Tod. So beschreibt sie zum Beispiel für Kali, wie diese die anderen Göttinen zunächst durch ihre Vulva und Vagina aufsaugt, sich ihrer Kraft bedient, um den Bösewicht Zumbha zu besiegen, und dann die Göttinnen widergebiert. Fast immer wird die Fähigkeit zur Geburt als besondere Macht empfunden.

Fazit

„Ungezähmt“ ist weit mehr als ein Sachbuch – es ist eine Reise, eine Rückverbindung zu etwas Ursprünglichem. Xanadine schreibt mit einer Klarheit und Leidenschaft, die berührt und inspiriert. Sie zeigt, dass Weiblichkeit nicht eine festgelegte Rolle, sondern eine dynamische, schöpferische Kraft ist.

Für alle, die sich auf eine innere Entdeckungsreise begeben wollen, bietet „Ungezähmt“ wertvolle Impulse. Es lädt dazu ein, die eigene weibliche Urkraft zu erforschen – unabhängig davon, ob man sich bereits mit Mythologie oder Kunst beschäftigt hat. Ein Buch, das Mut macht und bewegt.

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Katharina Tolle

Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Katharina und betreibe seit Januar 2018 diesen Blog zu den Themen Geburtskultur, selbstbestimmte Geburten, Geburtsvorbereitung und Feminismus.

Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.

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