Mythos Jungfernhäutchen

Der heutige Beitrag wurde inspiriert von Sabine Landau. Sie hat eine Blogparade gestartet mit dem Thema „Was ich außerhalb der Schule gelernt habe„.

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Um denjenigen gerecht zu werden, die sich mit den Worten „Frau“ oder „Mutter“ nicht identifizieren können, obwohl in ihrer Geburtsurkunde „weiblich“ steht, habe ich mich dazu entschlossen, in meinen eigenen Beiträgen „Mutter“ und „Frau“ jeweils mit dem Inklusionssternchen zu versehen. Ihr werdet also Frau* oder Mutter* lesen (falls der Text von mir kommt und nicht von anderen Menschen). Geschlechtergerechte und inklusive Sprache ist mir ein Herzensthema, allerdings ist (meine persönliche und die gesellschaftliche) Entwicklung dazu noch lange nicht abgeschlossen. Mal sehen, wie ich es in Zukunft angehe. Mehr zum Thema liest du unter anderem hier: Sollte ein Geburtsblog geschlechtsneutral sein, Gebären wie eine Feministin und Sex, Gender, Geburten und die deutsche Sprache.

Mythos Jungfernhäutchen

Ich war schon lange aus der Schule raus, als ich lernte, dass das sogenannte Jungfernhäutchen gar nicht das ist, wofür ich es immer gehalten hatte. In der Schule und in der Gesellschaft wird es oft als eine Art Membran dargestellt, die beim ersten Geschlechtsverkehr „durchstoßen“ wird. Die Realität sieht jedoch ganz anders aus.

Das Jungfernhäutchen, medizinisch auch als Hymen bezeichnet, ist tatsächlich ein flexibler Gewebering am Eingang der Vagina. Es ist von Natur aus durchlässig und kann bereits vor dem ersten Geschlechtsverkehr aus verschiedenen Gründen dehnbar oder teilweise geöffnet sein. Diese Erkenntnis war für mich ein Aha-Moment, der mich dazu brachte, über die vielen Mythen nachzudenken, die unsere Vorstellungen von Sexualität und insbesondere weiblicher Sexualität prägen.

Der Mythos der „Unbeflecktheit“

Die Idee der weiblichen „Unbeflecktheit“ ist tief in vielen Kulturen verwurzelt. Sie basiert auf der Vorstellung, dass eine Frau bis zu ihrem ersten Geschlechtsverkehr „rein“ und „unberührt“ bleibt. Dieser Mythos hat weitreichende Konsequenzen:

  1. Kontrolle über den weiblichen Körper: Die Fixierung auf die weibliche Jungfräulichkeit ist oft ein Mittel zur Kontrolle über Frauen und ihr Sexualleben.
  2. Doppelmoral: Während von Frauen erwartet wird, „rein“ zu bleiben, gelten für Männer oft andere Standards („Ein Schlüssel, der in jedes Schloss passt, ist ein geniales Werkzeug. Ein Schloss, das von jedem Schlüssel geöffnet werden kann, ist kaputt.“ Na danke auch.)
  3. Scham und Schuldgefühle: Viele Frauen entwickeln ein kompliziertes Verhältnis zu ihrer eigenen Sexualität, geprägt von Scham und Unsicherheit.
  4. Medizinische Fehlinformationen: Missverständnisse über die weibliche Anatomie können zu falschen medizinischen Annahmen und unangemessenen Behandlungen führen. (Ja, es gibt ihn wirklich den Gender Health Gap.)

Sexuelle Selbstbestimmung als Weg zur Emanzipation

Eine Frau, die sexuell selbstbewusst ist, ist oft auch in anderen Lebensbereichen selbstbewusster. Sexuelle Selbstbestimmung geht Hand in Hand mit:

  • Körperlicher Autonomie: Jede*r bestimmt selbst über den eigenen Körper!
  • Emotionaler Intelligenz: Eine selbstbewusste Sexualität hilft bei einem besseren Verständnis der eigenen Bedürfnisse und Grenzen.
  • Selbstvertrauen: Wer weiß, was im Bett guttut, weiß auch in anderen Situationen die eigene Position zu zeigen.
  • Gleichberechtigung: In der Sexualität. Nicht nur, aber auch. (Ein tolles Buch dazu: Untenrum frei von Margarete Stokowski.)
Untenrum frei
  • Stokowski, Margarete (Autor)

Lieber gar nicht erst Mythen in der Schulzeit lernen…

Kritisches Hinterfragen ist wichtig. In der Schulzeit, aber auch danach. Viele der „Wahrheiten“, die wir in der Schule oder durch gesellschaftliche Normen vermittelt bekommen, verdienen es, genauer unter die Lupe genommen zu werden: Wer profitiert davon, dass das so dargestellt wird? Welche andere Sicht ist möglich? Welche Gründe gibt es für diese Haltung — außer „das haben wir schon immer so gemacht?

Es ist an der Zeit, offener über Sexualität, Körper und Gleichberechtigung zu sprechen. Solange das Jungfernhäutchen immer noch in den Köpfen unserer Kinder herumspukt, wird es sie bei ihren sexuellen Entscheidungen beeinflussen.


Titelbild: Geburtsgeschichten-Adventskalender 2024: Sei dabei!

Auch in diesem Jahr gibt es einen Geburtsgeschichten-Adventskalender und ein paar Adventsverlosungen. Sei dabei!


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Katharina Tolle

Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Katharina und betreibe seit Januar 2018 diesen Blog zu den Themen Geburtskultur, selbstbestimmte Geburten, Geburtsvorbereitung und Feminismus.

Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.

Außerdem setze ich mich für eine selbstbestimmte und frauen*-zentrierte Geburtskultur ein. Wenn du Kontakt zu mir aufnehmen möchtest, schreib mir gern!

Foto von Katharina

3 Gedanken zu „Mythos Jungfernhäutchen“

  1. Liebe Katharina,

    vielen Dank für deinen Beitrag zu meiner Blogparade „Lernabenteuer jenseits des Klassenzimmers“. Mit dem Bereich „Mythen“ hast du ein tolles Thema ausgewählt! Schade, dass viele Mythen, auch in meinem Tätigkeitsbereich LRS und Rechenschwäche, während der Schulzeit nicht aus dem Weg geräumt werden können. Umso wichtiger, dass wir mit unseren Blogs darüber aufklären!

    Liebe Grüße
    Sabine

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