Keine Kinder mehr — Gedanken zur Vasektomie

Welche Zeitform ist „du hättest nicht geboren werden sollen?“ — Präservativ defekt.

Der Witz ist alt. Ich habe ihn das erste Mal von meinen Eltern gehört. Aber er stimmt natürlich. Verhütung kann schief gehen. Und wenn dann alles zusammenkommt — Eisprung, guter Zervixschleim, gute Samenqualität, genügend Gelbkörperhormon und was sonst noch alles dazu gehört — hat man auf einmal zwei Striche auf dem Schwangerschaftstest.


Verlosung: Storchenmalbuch und Geschwisterbuttons

Ostern ist vorbei, jetzt kommt der Storch! Ich verlose das Storchenmalbuch der edition.riedenburg:

Titelbild: Buchrezension: Das große Storchenmalbuch

Unsere Verhütung

Immer wieder loten mein Partner und ich aus, welche Form der Verhütung die richtige für uns ist.

Letztens habe ich mich erstmals mit dem Thema Vasektomie — also Sterilisation des Mannes — beschäftigt.

Kurz zur Erklärung: Sterilisation ist die Durchtrennung von Samen- oder Eileiter. Kastration ist dagegen die Entfernung von Geschlechtsorganen. Sowohl weibliche als auch männliche Säugetiere können sterilisiert oder kastriert werden. Unsere weibliche Katze ist zum Beispiel kastriert, sprich: Ihr wurden die Eierstöcke und die Gebärmutter entfernt. (Als ich in der Schule ein Praktikum bei einer Tierärztin machte, lernte ich, dass sie keine Mäuse kastriert, weil der Körper zu klein ist. Glück gehabt, ihr Nager!)

Sterilisation des Mannes

Also, zurück zur Sterilisation bei Menschen: Bei Frauen ist der Eingriff komplizierter als bei Männern, weshalb Paare häufig zu einer Sterilisation des Mannes tendieren. Und theoretisch kann eine Sterilisation beim Mann sogar rückgängig gemacht werden, falls der Kinderwunsch doch wieder aufkommt.

Die Kosten sind mit circa 400 bis 600 Euro immer noch überschaubar. Die Pille kostet im Monat ab 10 Euro aufwärts, was also bedeutet, dass nach etwa fünf Jahren die Kosten wieder drin sind. Eine Spirale kostet ab 300 Euro.

Die Nebenwirkungen sollen bei Männern außerdem geringer sein als bei Frauen.

Das große Manko

Immer schon galt im Patriarchat: Beweise deine Manneskraft, indem du möglichst viele Kinder zeugst (ob monogam oder nicht hängt von der Epoche ab…).

Immer noch gibt es den tollen Spruch „Ein Schlüssel ist perfekt, wenn er in jedes Schloss passt“. Wir erzählen Männern in extrem vielen Situationen in unserem Leben, dass sie nur dann komplett sein können, wenn sie es im Bett bringen.

Kann ein Mann es bringen, wenn er zeugungsunfähig ist? Klar kann er. Vasektomie bedeutet schließlich Durchtrennung der Samenleiter, nicht Durchtrennung sämtlicher erotischer Instinkte. Die Hormone werden ja nach wie vor ausgeschüttet. Rein körperlich ändert sich also nichts.

Und dennoch schütteln sich viele Männer, wenn sie das Wort nur hören.

Auf einer Infoseite habe ich gelesen: „In sehr wenigen Fällen: Chronische Schmerzen (Post-Vasektomie-Schmerzsyndrom) oder seelische Probleme nach Vasektomie“ (Quelle). Klingt erst mal nicht schlimmer als die Nebenwirkungen der Pille.

Doch der zweite Punkt ist für mich der entscheidende: Seelische Probleme. Mit dem Schnitt durch den Samenleiter passiert also manchmal auch ein Schnitt im Selbstbewusstsein.

In gewisser Weise kann ich das sogar verstehen. Es ist schließlich toll, wenn man gesunde Kinder zur Welt bringen kann.

Andererseits habe ich beim Recherchieren, beim Lesen und im Gespräch mit anderen Menschen gemerkt:

Die Vasektomie ist zwar medizinisch unproblematisch, kulturell aber immer noch häufig ein Tabuthema.

Wir haben uns noch nicht entschieden. Erstmal werden wir während der fruchtbaren Tage weiter mit Kondom verhüten.

Und trotzdem habe ich mir vorgenommen, das Thema etwas aus der Schmuddelecke zu holen. Denn was die Nebenwirkungshäufigkeit angeht, ist die Vasektomie dann irgendwie auch kein krasserer Eingriff als andere Verhütungsmethoden.

5 Gedanken zu „Keine Kinder mehr — Gedanken zur Vasektomie“

  1. wie schön einen Beitrag zu diesem Thema zu lesen!
    mein Mann und ich haben uns nach drei gemeinsamen Wunschkindern auch zu dieser Verhütungsmethode entschlossen. wir sagen dazu immer ganz stolz: Diesmal hat ER sich um die Verhütung endgültig gekümmert.

    und diesen Punkt finde ich ziemlich entscheidend: wieso soll nach drei Schwangerschaften und Geburten, langen Jahren des Stillens etc, WIEDER die Frau die körperlichen Veränderungen (Pille, Spirale etc.) auf sich nehmen?

    wenn man sich als Paar sicher ist, keine Kinder mehr zu wollen (und der Mann dies auch für eine hypothetische zukünftige Beziehung klar verneinen kann), dann ist eine vasektomie für viele Paare sicher ein richtiger Schritt!

    Antworten
  2. Was es dazu braucht, sind positive Geschichten von Männern, die das gemacht haben oder allgemein die Möglichkeit, dass Männer sich zu diesem Thema austauschen können.

    Antworten
  3. Ingrid hat recht wir stehen auch vor der Entscheidung wir haben schon drei Kinder, das vierte ist in der 7.woche..ich bin 47 und meine Frau 40. Wir haben uns für das Kind entschieden..weil sich trotz kondomplatzer MSN es zwar Unfall nennen kann aber jetzt dennoch alles da ist was das vierte Kind braucht..sprich wir packrn es einfach an..aber genau deshalb wollen wir auch aufgrund unseren Alters dann kein weiteres mehr definitiv nicht. Und ja es macht schon sorgen ob diese Post Syndrom schmerzen oder gar psychische probleme einstellen..auch wenn es wenige male vorkommt …auch einfach die Angst vor den Schmerzen bri der OP..einfach in die Hoden zu spritzen und das gleich 2x klingt einfach krass..wird das zuvor oberflächlich auch betäubt? und habt ihr dabei zugesehen?vielleicht kann ein Paar oder jemand das es so gemacht hat und rundum damit zufrieden ist mir mut zusprechen und positives erzählen.. Und vielleicht Gedanken dazu wann der optimale Zeitpunkt wäre wenn ihr in meiner Lage wärt..ach ja meine Frau verträgt keine Pille mehr und ausser Kondom bleibt uns nichts wirklich übrig..ich tendiere es jetzt möglichst schnell zu machen dass nach der Geburt definitiv Schluss ist oder würdet ihr dir Geburt abwarten?Michael

    Antworten
  4. Tja, wäre das mal medizinisch so simpel wie oben beschrieben. Dummerweise ist die aktuelle Studienlage zur Vasektomie so, dass das relative Risiko für ein Prostata-Carcinom (und leider auch noch die aggressiven Formen) um rund 15% ansteigt. Diese Zahlen von 2022/23 sollte sich jeder Mann ernsthaft zu Gemüte führen und dann entscheiden. In Anbetracht der Tatsache, dass das Prostata-Ca sowieso schon die häufigste Krebserkrankung von Männern in Deutschland ist, sind weitere 15% leider durchaus für den Einzelnen bedeutsam. Auch wenn die deutsche Urologische Gesellschaft weiterhin mauert (Vasektomie als Igel-Leistung ist mit durchschnittlich 500€ als Umsatzträger nicht zu verachten), international sind die Studien inzwischen Standardrepertoire bei der Aufklärung der Patienten.
    Und zum Thema: Prostata-CA sind ja recht gut behandelbar und die meisten leben lange damit: Stimmt – nur leider um den Preis von Impotenz und Inkontinenz, und zwar in der weitaus größten Zahl der Fälle…Also gut überlegen, ob es das wirklich wert ist.
    Hormonelle Kontrazeptiva sind zwar auch nicht nebenwirkungsfrei, haben jedoch in keinem Fall eine ähnliche Risikoerhöhung für eine aggressive Krebsart. Und zwischen Stimmungsschwankungen oder Gewichtszunahme und selbst einem Thrombose- und Lungenembolierisiko auf der einen Seite und einer Prostata-CA-Diagnose auf der anderen Seite ist ein ziemlicher qualitativer Unterschied, ganz abgesehen davon, die ersteren Risiken durch Auswahl geeigneter Präparate und Nichtverordnung für Risikogruppen minimieren zu können. Bei der Vasektomie gibts keine derartige Möglichkeit-das Risiko kann Jeden treffen…

    Antworten

Schreibe einen Kommentar