Wie ich Frauen stärke

Heute teile ich mit euch meinen Beitrag zur Blogparade von Susanne Berg, die in ihrem Aufruf fragt: Was tust du, um Frauen zu stärken?

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Um denjenigen gerecht zu werden, die sich mit den Worten „Frau“ oder „Mutter“ nicht identifizieren können, obwohl in ihrer Geburtsurkunde „weiblich“ steht, habe ich mich dazu entschlossen, in meinen eigenen Beiträgen „Mutter“ und „Frau“ jeweils mit dem Inklusionssternchen zu versehen. Ihr werdet also Frau* oder Mutter* lesen (falls der Text von mir kommt und nicht von anderen Menschen). Geschlechtergerechte und inklusive Sprache ist mir ein Herzensthema, allerdings ist (meine persönliche und die gesellschaftliche) Entwicklung dazu noch lange nicht abgeschlossen. Mal sehen, wie ich es in Zukunft angehe. Mehr zum Thema liest du unter anderem hier: Sollte ein Geburtsblog geschlechtsneutral sein, Gebären wie eine Feministin und Sex, Gender, Geburten und die deutsche Sprache.

Wie ich Frauen* stärke

Ich stärke Frauen* auf ganz unterschiedliche Weise — zumindest hoffe ich, dass meine Bemühungen zu einer Stärkung von Frauen führen.


Vier Wochen, in denen wir gemeinsam unsere Geburtserfahrungen zu Papier bringen.

Mein fachlicher Input, dazu die Unterstützung der Community.

Die Schreibgemeinschaft für Geburtsgeschichten öffnet am 20. Januar 2025 das nächste Mal!
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Schreibgemeinschaft für Geburtsgeschichten: Hier erfährst du mehr: https://geburtsgeschichte.de/mastermind-geburtsgeschichte-aufschreiben/

Ein paar Beispiele will ich hier nennen.

Nicht sofort ausweichen

Es fängt damit an, dass ich versuche, im Alltag nicht auszuweichen, wenn ein Mann mir entgegenkommt, sondern stattdessen zu schauen, ob er mir ausweicht. Das mag vielleicht erstmal gar nicht so krass klingen, aber versucht es doch einfach mal! Mein Selbstversuch ging so ähnlich aus wie dieser hier im SPIEGEL* und zeigt: Frauen sind es viel eher gewohnt, Platz zu machen. Auf dem Gehweg und anderswo.

Foto von Said

Mülleimer auf Mädchenklos

Es geht aber auch darum, dass ich versuche, darauf zu achten, wo vielleicht die Bedürfnisse von Frauen* und Mädchen*nicht berücksichtigt werden — auch wenn es im ersten Moment nicht so sehr auffällt. Darüber habe ich letztes Jahr geschrieben, als ich darauf aufmerksam machte, dass in der Grundschule meiner Kinder keine Mülleimer für benutzte Binden und Tampons auf allen Mädchentoiletten zu finden sind, sondern immer nur in sehr wenigen Toilettenräumen.

Elternzeit & Elterngeld

Ich frage werdende Eltern sehr gerne über die Elternzeit- und Elterngeldmodelle, die sie sich vorstellen. Viele sehen die 12+2-Regel als normal an. Oft frage ich sie dann, was gegen andere Modelle spricht, und merke, dass viele gar nicht ausrechnen, was andere Modelle ihnen bringen könnten. Viele tappen dann in die Alleinverdienermodell-Falle und glauben, damit finanziell am besten zu fahren. Zwar bringt das Alleinverdienermodell vielleicht im ersten Jahr noch das meiste Geld, aber später in fast allen Fällen mehr Verluste — ganz abgesehen davon, dass es der Elternpaar-Dynamik durchaus gut tut, wenn beide Sorgearbeit und Erwerbsarbeit teilen, sodass sie gegenseitig die Erfahrungen des Lieblingsmenschen besser verstehen…

Zum finanziellen Aspekt der gleichberechtigten Elternzeit kann ich übrigens Marielle und Mike von den Beziehungsinvestor*innen wärmstens empfehlen.

Frauen* werden strukturell benachteiligt

Und natürlich ist auch meine Arbeit sehr stark damit verbunden, Frauen* zu stärken. Denn Gebärende sind aus meiner Sicht auch deshalb häufig benachteiligt, weil es nun mal Frauen* sind, die Kinder zur Welt bringen und die Bedürfnisse von Frauen* geschichtlich gesehen fast immer in den Hintergrund gedrängt wurden.

Foto von Pixabay

Das zeigt sich zum Beispiel an den Vergewaltigungsgesetzen der Nachkriegszeit, in denen es prinzipiell darum ging, den Anspruch des Vaters oder Ehemannes zu schützen, nicht die körperliche Selbstbestimmung der Frau. (Noch eine Buchempfehlung: Jede_ Frau* von Agota Lavoyer. Ich durfte das Buch lektorieren und Agota als Autorin kennenlernen. Was für eine Frau!)

Leistungsschwankungen durch den Zyklus

Muss ich während meiner Regelblutung eine gleichwertige Leistung bringen, wie wenn ich nicht meine Regel habe?

Wer Erfahrungen mit dem weiblichen Zyklus hat, glaubt das wohl ganz bestimmt nicht. (Aber okay, die Pille ist ja auch seit Jahrzehnten auf dem Markt und viele junge Frauen* erleben deshalb gar keinen Zyklus mehr…)

Geburtsgeschichten, die Frauen stärken

Kernpunkt meiner Arbeit ist es, Gebärenden, von denen sich die allermeisten als Frauen definieren, eine Stimme zu geben. Ich will ihnen einen Platz geben, an dem sie ihre Erfahrungen zur Geburt ihrer Kinder teilen können, und zwar unabhängig davon, ob sie diese als schön oder schwierig, als ermächtigend oder problematisch empfunden haben.

Ich sammle alle Geburtsgeschichten, weil ich davon überzeugt bin, dass es Frauen stärkt, wenn sie ihre Geschichten erzählen können, und zwar nicht aus Sicht der Fachperson, sondern ganz bewusst aus ihrer persönlichen Sicht. Nicht immer sind diese Geschichten einfach zu hören. Nicht immer haben diese Geschichten ein Happy End. Wenn wir sie erzählen, tragen wir dazu bei, dass die Lebenswirklichkeit von Frauen in ihrer Vielfältigkeit viel mehr wahrgenommen wird.

In einem ersten Schritt geht es darum, den Frauen auch untereinander zu zeigen, dass wir alle unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben, die uns dennoch verbinden können. In einem zweiten Schritt wünsche ich mir natürlich auch, dass diese Geschichten eben nicht nur der weiblichen Hälfte der Bevölkerung vorbehalten bleiben, sondern dass sie ganz im Gegenteil Einfluss haben auf all diejenigen, die sich als Mann sehen. Und für die es häufig immer noch schwierig ist, zu bemerken, dass das, was sie als normal empfinden, männlich konnotiert ist.

Exkurs: Der männliche Standard

(bitte zum Lesen aufklappen)

In vielen Bereichen unseres täglichen Lebens sind Standards und Normen auf die Bedürfnisse und Präferenzen von Männern ausgerichtet, oft ohne dass dies bewusst wahrgenommen wird. Noch genauer sind sie an den Bedürfnissen von Männern ausgerichtet, die gesund sind, keine Einwanderungsbiografie haben und heterosexuell wahrgenommen werden.

Ein klassisches Beispiel für den Mann als Norm ist die Gestaltung von Autos. Crash-Test-Dummies, die für Sicherheitsprüfungen verwendet werden, basieren größtenteils auf dem durchschnittlichen männlichen Körper. Diese Dummies repräsentieren Größe, Gewicht und Körperbau eines Mannes, wodurch die Sicherheitsmaßnahmen in Fahrzeugen vor allem auf Männer ausgelegt sind. Frauen sind jedoch tendenziell kleiner und leichter, was bedeutet, dass sie in Unfallsituationen ein höheres Verletzungsrisiko haben, weil die Sicherheitsstandards nicht auf sie zugeschnitten sind.

Auch in der Medizin zeigt sich diese Ungleichheit. Viele Medikamente werden primär an männlichen Probanden getestet, wodurch die Dosierung und Nebenwirkungen für Frauen oft nicht ausreichend untersucht werden. Frauen haben aber oft einen anderen Stoffwechsel, Hormonspiegel und Körperbau als Männer, was bedeutet, dass sie auf Medikamente anders reagieren können. Dies führt dazu, dass Frauen häufiger unter Nebenwirkungen leiden oder dass bestimmte Krankheiten, die bei ihnen häufiger vorkommen, schlechter behandelt werden.

Ein weiteres Beispiel ist die Temperaturregelung in Bürogebäuden. Viele Klimaanlagen sind auf die Körpertemperatur eines durchschnittlichen Mannes abgestimmt, die tendenziell höher ist als die einer Frau. Dies führt dazu, dass Frauen in vielen Büros oft frieren, während Männer sich wohlfühlen. Diese scheinbar banale Diskrepanz zeigt, wie alltägliche Standards oft die Bedürfnisse von Männern priorisieren.

Selbst in der Architektur und Stadtplanung wird deutlich, dass viele öffentliche Räume nicht auf die Bedürfnisse von Frauen ausgerichtet sind. Parks und Straßen sind oft schlecht beleuchtet, was das Sicherheitsgefühl von Frauen beeinträchtigt, während diese Orte für Männer in der Regel keine solche Bedrohung darstellen. Solche Planungen übersehen die Perspektiven und Bedürfnisse von Frauen und fördern damit indirekt ihre Ausgrenzung oder Einschränkung.

Geburt, um sich als Frau zu fühlen?

Die Geburtsgeschichten spiegeln natürlich nicht die Realität jeder Frau* wider. Es gibt genügend Frauen,* die keine Kinder bekommen möchten oder die keine Kinder bekommen können.

Es ist mir deshalb durchaus bewusst, dass diese Geburtsgeschichten auch nicht die Lebensrealität jeder Frau* darstellen. Eine Frau* wird nicht dadurch zur Frau*, dass sie Mutter* wird. Und das Aufschreiben und Teilen von Geburtserfahrungen ist auch nicht der einzige Weg, wie man sich sinnvoll für Frauen* einsetzen kann. Es ist aber in jedem Fall eine gute Möglichkeit, dazu beizutragen, die Sichtweise von Geburten auf den persönlichen Blickwinkel zu lenken.

Und dadurch können Frauen in ihrer Vielfalt gestärkt werden.

Ist die Stärkung von Frauen* sinnvoll?

Lasst uns noch eine Meta-Frage stellen: ist es überhautp sinnvoll, Frauen zu stärken? Und was bedeutet das? Sollten alle Frauen genauso stark sein wie Männer? Sollten wir also alle mehr Kraftsport machen?

Natürlich ist das Blödsinn. Für mich bedeutet die Stärkung von Frauen* weder, Männer niederzumachen, noch den Versuch, Frauen an Männer anzugleichen. Die Stärkung von Frauen gelingt meiner Meinung nach, wenn wir die Vielfältigkeit der Lebenswirklichkeiten nicht am männlichen Standard messen, sondern als gleichwertig anerkennen und akzeptieren, dass es oft keine One-Fits-All-Lösung gibt.

Das gilt übrigens nicht nur für Frauen, sondern auch für andere Menschen, die nicht dem hetero-normativen weißen Mann ohne Behinderung und mit genug Geld entsprechen. Dazu noch ein letzter Lesetipp für heute: Warum ich nicht länger mit Weißen über Hautfarbe spreche* von Reni Eddo-Lodge.

Deine Gedanken zur Blogparade

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Wöchtenliche Updates zu neuen Beiträgen

Katharina Tolle

Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Katharina und betreibe seit Januar 2018 diesen Blog zu den Themen Geburtskultur, selbstbestimmte Geburten, Geburtsvorbereitung und Feminismus.

Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.

Außerdem setze ich mich für eine selbstbestimmte und frauen*-zentrierte Geburtskultur ein. Wenn du Kontakt zu mir aufnehmen möchtest, schreib mir gern!

Foto von Katharina

3 Gedanken zu „Wie ich Frauen stärke“

  1. Beim ersten Beispiel musste ich sofort an das Thema denken, das auf TikTok sehr präsent ist: Mikrofeminismus. Hab da schon einige sehr gute Inspirationen gefunden.

    Das mit dem Ausweichen passiert mir auch auf dem Fahrrad und ärgert mich oft sehr… vor allem wenn es auch noch gegen die Straßenverkehrsordnung geht und trotzdem ich (mit Kids im Rad) ausweichen muss…

    Danke für den hilfreichen Beitrag, das fasst ja auch irgendwie super dein Wirken zusammen. ?

    Grüße
    Antonia

    Antworten
  2. Liebe Katharina,
    es gibt noch so viel zu tun … 😉 Selbst mein Mann, der durchaus sensibel und offen für die Themen ist, meinte letztens: „Es kann gar nicht sein, dass Frauen in der Industrie und der Medizin wenig bis gar nicht berücksichtigt werden. Da arbeiten doch auch jede Menge Frauen – auch in Führungspositionen. Das ist doch auch in deren ganz eigenem Interesse.“ Ich war ein wenig schockiert. Es ist noch einiges an Aufklärungsarbeit und Umsetzung zu erledigen, fürchte ich.
    Alles Liebe,
    Hilke

    Antworten

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