#RightsNotRoses: Mutterschutz & Schwangerschaftsabbruch im Wandel der Zeit

Mutterschutz und straffreier Schwangerschaftsabbruch sind zwei der grundlegenden Rechte, für die Frauen in den letzten Jahrzehnten gestritten haben. Doch beide sind lange nicht so eindimensional, wie uns das vielleicht auf den ersten Blick erscheint. Und die Entwicklung der Rechtsgrundlagen für Mutterschutz und straffreiem Schwangerschaftsabbruch ist nicht am Ende.

[Dieser Beitrag erscheint, wenn auch zu spät (ups) im Rahmen der Blogparade #RightsNotRoses.]

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Mutterschutz damals und heute

Im Online-Portal der Deutschen Hebammenzeitschrift erschien am 2.2.2022 ein Beitrag mit den Titel „Der Mutterschutz wird 70“.

Meine erste Frage war: „Deutschland“? Vor 70 Jahren, also 1952, gab es zwei deutsche Staaten, um welchen geht es? Im Beitrag wird dann schnell klar, dass die westdeutsche Gesetzgebung gemeint war. (Zur DDR habe ich es dann nachgeschaut. Da gab es den Mutterschutz schon 1950.)

Mutterschutz in der DDR: [...] ist den arbeitenden Frauen Schwangerschafts- und Wochenurlaub für die Dauer von 5 Wochen vor der Geburt und 6 Wochen nach der Geburt zu gewähren. Bei einer unnormalen Geburt oder einer Mehrlingsgeburt wird der Urlaub nach der Geburt bis zu 8 Wochen verlängert.

Es geht im Artikel um die Debatte im Bundestag, aber auch um die genauen gesetzlichen Regelungen und dass diese fast genauso noch immer gelten. 2018 gab es eine Erweiterung des Mutterschutzes auf Studentinnen und Schülerinnen sowie eine Verlängerung des Mutterschutzes auf 12 Wochen nach der Geburt für Mütter, die ein Kind mit Behinderungen zur Welt bringen.

Aber sonst gilt beim Mutterschutz (zumindest gesetzlich) so ziemlich das, was auch 1952 (und in der DDR 1950) schon galt.

Doch es gab, und gibt auch heute noch, immer Kritik am Mutterschutz. Braucht eine Frau diesen, oder ist er nicht eher eine Bevormundung, die wir abschaffen sollten?

Und andererseits gibt es auch die Bestrebung, den Mutterschutz auszuweiten. Natascha Sagorski setzt sich mit ihrer Petition dafür ein, dass auch diejenigen Frauen ein Anrecht auf Mutterschutz haben, die eine frühe Fehlgeburt erleiden. Momentan gilt der Mutterschutz nämlich erst ab der 24. Schwangerschaftswoche.

Natürlich gibt es auch hier Argumente für und gegen die Regelung. Ich habe mit Natascha Kontakt aufgenommen und hoffe, sie in den nächsten Wochen noch hier im Blog zu interviewen.

Schwangerschaftsabbruch

Noch schwieriger als das Thema Mutterschutz ist das Thema Schwangerschaftsabbruch. Mit der neuen Bundesregierung kann es gut sein, dass demnächst Ärzt*innen über Schwangerschaftsabbrüche informieren dürfen, ohne dass ihnen dies als strafrechtlich relevante Werbung ausgelegt wird. Auch hier gilt also: Es handelt sich nicht um ein Recht, das einmalig erstritten wurde und nun einfach da ist.

Koalitionsvertrag zum Schwangerschaftsabbruch

Schwangerschaftsabbrüche sollen Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung sein. Die Möglichkeit zu kostenfreien Schwangerschaftsabbrüchen gehören zu einer verlässlichen Gesundheitsversorgung.
Sogenannten Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern setzen wir wirksame gesetzliche Maßnahmen entgegen. Wir stellen die flächendeckende Versorgung mit Beratungseinrichtungen sicher. Schwangerschaftskonfliktberatung wird auch künftig online möglich sein. Ärztinnen und Ärzten sollen öffentliche Informationen über Schwangerschaftsabbrüche bereitstellen können, ohne eine Strafverfolgung befürchten zu müssen. Daher streichen wir § 219a StGB.

Entnommen dem Koalitionsvertrag von SPD/Grünen/FDP, Seite 116

Sehr spannend fand ich zu diesem Thema Antje Schrupps Artikel Es geht hier nicht um Mitleid (erschienen in der ZEIT online), in dem sie beschreibt, wie sehr in der Vergangenheit die Frage eines Schwangerschaftsabbruches mit der Frage eines Klassenkampfes verknüpft war. Spannend war für mich auch der Vergleich der Regelungen in der DDR und der BRD.

Das Thema ist extrem komplex. Neben der Frage der körperlichen Selbstbestimmung jeder Frau steht für mich auch die Frage nach den Rechten des Vaters immer noch im Fokus. Will der Mann das Kind, kann er eine Frau nicht zwingen, es auszutragen.

Schwangerschaftsabbruch muss möglich sein, aber die Frage, wie er genutzt wird, hängt für mich mit einer viel tiefergehenden Frage nach Fruchtbarkeit und der daraus entstehenden Verantwortung für ein Liebesleben ab. Piekst mich, damit es zu diesem Thema auch nochmal einen gesonderten Beitrag gibt.

#RightsNotRoses: Wir sind nicht am Ende

Wie so häufig wird man mit einem Gesetz nur bedingt den Interessen aller gerecht. Die Geschichte, die hinter jedem Mutterschutz steht, ist einmalig. Die Geschichte hinter jedem Schwangerschaftsabbruch ist eine andere. Jede Geschichte bewegt sich innerhalb der geltenden Gesetzeslage, doch die genauen Auswirkungen sind nie genau gleich. Und deshalb müssen wir einander zuhören.

Die Blogparade hat dazu den Anfang gemacht. Denn auch hier sind ganz unterschiedliche Ansichten deutlich geworden, die ich demnächst noch zusammentragen werde.

Doch nicht nur Geschichten auf Blogs sind wichtig. Wichtig ist jede einzelne Geschichte. Jede Schwangerschaft, jeder Mutterschutz, jede Fehlgeburt. Jede Geschichte ist es wert, aufgeschrieben zu werden: Die Geschichten derjenigen Frauen, die 1952 den Mutterschutz durchsetzten sowie die Geschichten unserer Mütter. Die Geschichten vom anderen Ende der Welt; die Geschichten aus der Nachbarschaft. Und auch deine Geschichte.

Quellen

  • Das aktuelle Mutterschutzgesetz kannst du hier einsehen: Mutterschutzgesetz
  • Artikel über die Geschichte des Mutterschutzes im Online-Portal der Deutschen Hebammenzeitschrift: Der Mutterschutz wird 70
  • Petition für einen Mutterschutz auch bei Fehlgeburten auf OpenPetition
  • Artikel Es geht hier nicht um Mitleid auf Zeit.de
  • Wer mehr über Antje Schrupp erfahren will, sei auf ihre Homepage verwiesen
  • Der Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP findet sich unter anderem hier.
  • Das Mutterschutzgesetz der DDR kannst du hier nachlesen.

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