Was ich als Geburts-Aktivistin bewirken möchte

Diese Woche läuft Judith Peters‘ Challenge #BlogYourPurpose, in der es darum geht, aufzuschreiben, was wir bewirken wollen. Ich halte mich an Judiths Vorgabe: Ein Mensch hat mehr als eine Bestimmung. Je nach Lebensabschnitt ändern diese sich und entwickeln sich weiter. Dieser Beitrag ist deshalb auch sehr persönlich. Es geht um meine Verlobung, mein familiäres Wirken, meinen Aktivismus und auch mein Leben als Feministin.

Geplatzte Bestimmung: Gelöste Verlobung

Eigentlich dachte ich mit 18, ich hätte meine Bestimmung gefunden. Im Auslandsjahr hatte ich jemanden kennen und lieben gelernt. Und auch danach hielt unsere Beziehung, sodass wir uns sogar verlobten. Ich plante bereits meinen dauerhaften Wegzug aus Deutschland.

Dann ging es mir wie Jochen Schweizer: Die Liebe zur Person verging, die Liebe zum Land blieb. (In seinem Fall war es Norwegen. Bei mir nicht.)

Ich löste die Verlobung. Hart war das, und tränenreich. Denn damit löste ich auch die Bestimmung auf, die ich mir selbst gesetzt hatte.

Langfristig hat diese Entscheidung viel Gutes ausgelöst. Kurzfristig war sie einfach nur hart.

Familiäres Wirken: Startzeit der Schule ändern

Die Grundschule unserer Kinder startet um 7:30 Uhr. Mit ein paar anderen Eltern trete ich dafür ein, dies zu ändern. Aus verschiedenen Gründen plädieren wir dafür, den Schulstart auf 8 Uhr zu setzen (mir wäre noch später noch lieber, aber das ist noch unrealistischer). Das Wichtigste in Kürze:

  • Schulwege müssen an weniger Tagen im Dunkeln zurückgelegt werden
  • Kinder wachen wegen des künstlichen Lichts morgens nicht mehr mit Sonnenaufgang auf, sondern tendenziell später

Das Leben als Feministin: In allen Facetten

Manchmal frage ich mich: Wozu mache ich das überhaupt. Warum genieße ich nicht einfach die Privilegien, die ich als weiße Mittelstandsfrau mit Kindern und in einer glücklichen Ehe mit einem funktionierenden Staat habe?

Doch dann lese, höre, sehe ich irgendwo etwas, und ich denke mir: Patriarchat ist Scheiße.

Ich habe zum Beispiel diese Woche in der S-Bahn eine spannende Situation erlebt. Hier der Screenshot vom entsprechenden Chatverlauf:

Ich wette, die beiden Menschen waren sich noch nicht mal bewusst, was sie da tun. Aber es ist einfach nach wie vor so, dass Frauen sich eher klein machen, in die Ecke drängen, und das auch von vielen so okay gefunden wird.

Feminismus äußert sich in meinem Leben in so vielen Dingen. Meine Kinder ziehen an, was sie wollen — egal, ob es stereotypischer Kleidung entspricht. Mein Mann und ich arbeiten beide und haushalten beide und niemand „hilft“ dabei sondern beide machen, denn beide sind verantwortlich.

Ich lese Romane und Sachbücher und habe dabei immer ein Auge auf Vorurteile, Stereotype und marginalisierte Gruppen — einfach, weil ich im Leben auch schon dazu gehört habe. Ja, ich meckere auf hohem Niveau. Ja, ich habe Privilegien. Umso wichtiger, dass ich lerne. Jeden Tag.

Gesellschaftliche Veränderung: Eine gute Geburt ist mehr als ein gesundes Baby

Das ist das Thema, was mich hier auf dem Blog und auch abseits davon fast täglich begleitet.

Eine gute Geburt ist mehr als ein gesundes Baby.

Ich setze mich dafür ein, dass wir Geburten viel stärker aus Sicht der Gebärenden betrachten. Denn nur weil eine Frau schwanger ist, verliert sie nicht ihr Selbstbestimmungsrecht.

Die Würde der Schwangeren und Gebärenden wird häufig dem Ziel untergeordnet, ein gesundes Kind auf die Welt zu bringen. Dabei stehen ein gesundes Kind und eine menschenwürdige Geburt sich nicht grundsätzlich gegenüber. Vielmehr können sie gut zusammengedacht werden, wenn wir die Voraussetzungen in der Geburtshilfe anpassen. Es geht also um systemischen Wandel und nicht nur um die persönliche Geburtsvorbereitung.

Und das ist es, wofür ich mich in Vorträgen, meinen Büchern und hier auf dem Blog einsetze.

Heute ist in diesem Zusammenhang ein besonderer Tag. Denn mein E-Book Manifest für eine selbstbestimmte Geburtskultur ist online gegangen. Es kann nun ganz offiziell gekauft werden.

Das fühlt sich noch ziemlich surreal an, aber ganz ehrlich: Es war der logische nächste Schritt. Beim Paperback sitzen wir in den letzten Zügen — hoffentlich halte ich nächste Woche schon die ersten Exemplare in den Händen!

Bis dahin weiß ich: „Berufung“ ist in meinem Fall etwas, was ich mache, weil es mir wichtig ist. Sie ist selbstgewählt, und ich schätze, das ist ein Grund, warum es mir leicht fällt, mich jeden Tag damit zu beschäftigen.

Diese Erkenntnis war für mich das Wichtigste aus Judiths Challenge. Denn sie bedeutet: Ich darf mich verändern. Ich kann Dinge rausschmeißen, die nicht mehr passen. Und Platz für Neues machen.

Bisher ist zum Beispiel meine Newsletter-Signatur „jede Geburt ist einzigartig und jede Geschichte ist es wert, erzählt zu werden“. Das ist auch nach wie vor meine Meinung. Vielleicht ist es aber nicht mehr länger der Kern meiner Botschaft.

Der politische und gesellschaftliche Aspekt meiner Arbeit wird immer wichtiger. Und diese Challenge hat mir gezeigt, wohin der Weg geht. Geburt ist mehr als ein gesundes Baby.

Dieser Gedanke darf sich nun in meinem Hirn ein Weilchen drehen. Und ich schätze, er wird bleiben.

Insofern: Danke, Judith, für die Challenge!

2 Gedanken zu „Was ich als Geburts-Aktivistin bewirken möchte“

  1. Ich bin zwar schon jenseits der Gebärzeit, was Kinder angeht – andere Projekte entstehen weiterhin 😉 – möchte dir Danke sagen für deine kraftvolle und klare Aussagen zu diesem Thema. Definitiv wichtig für die eigene Intuition und die neue Zeit in der wir wandeln. Möglich, dass meine Tochter und Sohn einmal Eltern werden – in ein paar Jahren… Ich wünsche ihnen zu gegebener Zeit solche klaren Informationen für die Selbstbestimmung.
    Ich spüre zurück in meine Geburten und fand mich nicht durchgängig mit meiner Intuition verbunden durch viele Meinungen der schulmedizinischen Sichtweisen.
    Dein Manifest empfinde ich als sehr wertvoll, ich werde es weiter vermitteln.

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