Only Margo: Bloß nicht abtreiben, aber was danach?

EINLEITUNG.

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Um denjenigen gerecht zu werden, die sich mit den Worten „Frau“ oder „Mutter“ nicht identifizieren können, obwohl in ihrer Geburtsurkunde „weiblich“ steht, habe ich mich dazu entschlossen, in meinen eigenen Beiträgen „Mutter“ und „Frau“ jeweils mit dem Inklusionssternchen zu versehen. Ihr werdet also Frau* oder Mutter* lesen (falls der Text von mir kommt und nicht von anderen Menschen). Geschlechtergerechte und inklusive Sprache ist mir ein Herzensthema, allerdings ist (meine persönliche und die gesellschaftliche) Entwicklung dazu noch lange nicht abgeschlossen. Mal sehen, wie ich es in Zukunft angehe. Mehr zum Thema liest du unter anderem hier: Sollte ein Geburtsblog geschlechtsneutral sein, Gebären wie eine Feministin und Sex, Gender, Geburten und die deutsche Sprache.

Only Margo: Buchrezension

In „Only Margo“ greift Rufy Thorpe ein brandaktuelles Thema auf und verwebt dieses mit den gesellschaftlichen Bedingungen, unter denen alleinerziehende Mütter in westlichen Gesellschaften ihre Kinder großziehen sollen, und den scheinheiligen Argumenten, die für und gegen Schwangerschaftsabbrüche gebracht werden.

Bemerkenswert ist die wechselnde Erzählperspektive des Romans: Thorpe alterniert zwischen Passagen in der dritten und ersten Person. Diese Technik scheint bewusst eingesetzt, um das Spannungsfeld zwischen Eigen- und Fremdwahrnehmung der Protagonistin zu beleuchten sowie verschiedene zeitliche Ebenen zu verknüpfen. Stilistisch bleiben die unterschiedlichen Erzählperspektiven dabei allerdings nahtlos verbunden, sodass ich keinen Effekt beim Lesen gespürt habe.

Alle haben eine Meinung zur Abtreibung

Margo, eine junge Studentin, lässt sich auf eine Affäre mit ihrem älteren Professor ein. Als sie unbeabsichtigt schwanger wird und eine Abtreibung verweigert, verweigert der Kindsvater die Verantwortungsübernahme. Der Roman zeigt eindrücklich die Doppelmoral unserer Gesellschaft: Während von Frauen erwartet wird, dass sie die „richtige“ Entscheidung treffen, werden sie mit den Konsequenzen dieser Entscheidung weitgehend alleingelassen. Besonders deutlich wird dies in der Figur des Professors, der sich zunächst nur um seinen Ruf sorgt und Margo mit einer einmaligen Zahlung abspeisen will – eine Situation, die viele alleinerziehende Mütter nur zu gut kennen.

Die ökonomische Realität junger Mütter

Die ökonomische Realität alleinerziehender Mütter wird schonungslos dargestellt: Margo steht vor der typischen Zwickmühle – sie braucht Geld für sich und das Kind, kann aber wegen der Betreuungspflichten keine klassische Vollzeitstelle annehmen. Ihre Entscheidung, einen OnlyFans-Account zu eröffnen, mag kontrovers erscheinen, wirft aber wichtige Fragen auf: Welche realistischen Optionen haben alleinerziehende Mütter in unserem Wirtschaftssystem? Wie vereinbaren sie Kinderbetreuung und Existenzsicherung? (Der Roman spielt in den USA, aber ähnliche Probleme, insofern ist die Situation nochmal zugespitzter, weil es zum Beispiel weniger Kündigungsschutz gibt.)

Ständige Rechtfertigung

Besonders interessant ist die Darstellung der verschiedenen Kontrollinstanzen, mit denen sich Margo konfrontiert sieht. Das Jugendamt, psychologische Gutachten, die plötzlichen Vaterschaftsansprüche – all dies spiegelt die gesellschaftliche Tendenz wider, die Mutterschaft zu überwachen und zu regulieren. Thorpe zeigt eindrücklich, wie Mütter sich ständig für ihre Lebensentscheidungen rechtfertigen müssen, während die Verantwortung der Väter oft als optional betrachtet wird.

Mutterschaft und Sexualität

Die sich entwickelnde Beziehung zu einem ihrer Follower beleuchtet eine weitere gesellschaftliche Dimension: Die Schwierigkeit, als Frau und Mutter gleichzeitig als sexuelles Wesen und als „respektable“ Person wahrgenommen zu werden. Dieser unaufgelöste Konflikt spiegelt größere gesellschaftliche Widersprüche im Umgang mit Mutterschaft und weiblicher Sexualität wider.

Carearbeit

Thorpe vermeidet in ihrer Darstellung geschickt sowohl eine Viktimisierung als auch eine unreflektierte Glorifizierung ihrer Protagonistin. Stattdessen zeigt sie Margo als komplexes Individuum, das innerhalb eines oft feindseligen Systems seinen Weg sucht. Der Roman stellt dabei zentrale Fragen unserer Zeit: Wer hat die Deutungshoheit über „gute“ Mutterschaft? Wie können alleinerziehende Mütter in unserem System würdevoll leben? Und wann beginnt unsere Gesellschaft endlich, Carearbeit angemessen zu würdigen?

Meine Meinung

Persönlich war ich von dem Buch sehr angetan. Es behandelt ein relativ neues gesellschaftliches Phänomen auf eine reflektierte, nuancierte Weise und wirft dabei Schlaglichter auf grundlegende Probleme unserer Geburts- und Familienkultur. Ich würde mir tatsächlich eine Fortsetzung wünschen, da die langfristige Entwicklung der Protagonistin durchaus Potenzial bietet.

Unabhängig davon kann ich „Only Margo“ all jenen empfehlen, die feministische Literatur schätzen und sich kritisch mit gesellschaftlichen Fehlstellungen in Bezug auf Mutterschaft, Selbstbestimmung und ökonomische Unabhängigkeit auseinandersetzen möchten.


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Katharina Tolle

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