Wie stellen wir uns eigentlich unsere ideale Familie vor? Die statistische Kleinfamilie ist doch nur ein Durchschnittswert. Es gibt Fmailien mit vielen Kindern, es gibt Patchwork- und Regenbogenfamilien. Fast alle Familien haben allerdings trotzdem eines gemeinsam: Sie haben die Ankunft neuer Familienmitglieder ausgegliedert.
Die Zahlen sprechen eine klare Sprache. In Deutschland wurden in den vergangenen Jahren unter 15.000 Geburten pro Jahr außerklinisch betreut. Das ist fast nichts.
Die Klinikgeburten ziehen sich also durch alle der oben genannten Familienmodelle. Unabhängig vom sozialen Status, vom Alter, vom Familienmodell – fast alle Frauen bekommen ihre Kinder anderswo als zu Hause.
Das „perfekte“ Familienmodell sieht in dieser Hinsicht also vor, das Baby in der ersten Zeit nur begrenzt zur Familie gehören zu lassen. Ja, es darf im Krankenhaus besucht werden. Und es wird dann beim Ankommen zu Hause vielleicht auch gefeiert. Und natürlich gibt es für bestimmte Frauen auch sehr gute Gründe, ihre Kinder in einer Klinik zu bekommen statt außerklinisch.
Selbst bei Hausgeburten lagern viele Familien ihre Kinder aus. (Ich nehme mich davon gar nicht aus. Siehe die Geburtsreise unserer Tochter.)
Was bedeutet das Auslagern der Geburt eigentlich für unser Familienmodell?
Wie gesagt: In bestimmten Fällen ist das Krankenhaus die richtige Wahl des Geburtsortes. Doch was bedeutet es für unsere Idealvorstellung eines Familienmodells, wenn wir Geburten so wehement vom Familienalltag entfremden?
Eine ähnliche Frage stellt sich übrigens auch für sterbende Menschen: Was bedeutet es für einen Menschen, in der fremden Krankenhausumgebung zu sterben, statt zu Hause?
Geburt und Tod. Es handelt sich um extreme Situationen, die wir statistisch gesehen nicht sehr häufig miterleben, ob wohl sie doch essentieller Bestandteil unserer physischen Existenz hier auf der Erde sind.
Wir entfernen diese Situationen aus unserem Alltag. Wenn die Frau Wehen bekommt, bringen wir sie in die Klinik. Dann hoffen und bangen und beten wir und drücken alle Daumen, die wir haben. Und dann kommt sie 24 Stunden später (oder wann auch immer) wieder – hoffentlich mit einem gesunden Baby (Priorität 1) und hoffentlich ohne allzu große körperliche (Prio 2) und seelische (Prio 3) Nachwirkungen der Geburt.
Unser Verständnis von Familie verschiebt sich durch diese Distanzierung von extremen Situationen.
Und ich glaube, dass das ein Problem ist. Ich argumentiere nicht dafür, Kinder einer Welt von Leid, Elend und Tod auszusetzen, um sie abzuhärten. Doch ich finde, dass es auch für Kinder leichter sein kann, Zusammenhänge zu verstehen, wenn sie dabei sind.
Natürlich braucht es dazu den richtigen Rahmen. Und natürlich eignet sich nicht jede Geburt als Anschauungsmaterial. Je friedlicher die Geburt ist, desto eher eignet sie sich, damit auch kleine Kinder dabei sein können.
Selbst in Kinderbüchern wird übrigens häufig die eigentliche Geburt ausgespart, wenn es um das Thema Geschwisterchen geht. Das habe ich bei meiner Analyse von Kinderbüchern zur Geburt festgestellt. Zum Glück gibt es auch Ausnahmen… Siehe ebenfalls hier.
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Zurück zum Thema – unser perfektes Familienmodell. Unser Modell von Familie entfernt Anfang und Ende des Lebens aus dieser Familie. Dafür gibt es im Einzelfall gute Gründe. Fast immer finde ich allerdings, dass die Unterstützung der Familie gerade in diesen verhältnismäßig seltenen Momenten allen Beteiligten gut tun kann. Die Gebärende vertraut den Familienmitgliedern. Und diese können an der Erfahrung wachsen – egal, ob sie aktiv mithelfen (Geschwisterkinder können zum Beispiel Trinkwasser bringen…) oder einfach nur dabei sitzen.
Und deshalb wünsche ich mir, unabhängig davon, ob es sich um eine Kleinfamilie, eine Großfamilie, eine Regenbogenfamilie oder eine Patchworkfamilie handelt, dass wir uns sehr genau damit beschäftigen, wie wir die jüngsten Familienmitglieder in diese Welt kommen lassen – und wer dabei sein darf.
Wie geht es dir beim Thema Familie und Geburt?
Wie hast du deine Familie einbezogen, als du deine Kinder zur Welt brachtest? Oder wie willst du sie einbeziehen? Hinterlass mir gerne einen Kommentar!
Und schau dir die anderen Beiträge zum Thema „das perfekte Familienmodell“ an, die Katja in ihrer Blogparade gesammelt hat.