Warum dauert es so lange, die Geburtsgeschichte aufzuschreiben?

Heute schreibe ich in eigener Sache. „Warum dauert es eigentlich so lange, wenn du eine Geburtsgeschichte aufschreibst?“, werde ich häufiger gefragt. Dieser Frage möchte ich im heutigen Beitrag auf den Grund gehen.

Die Kurzversion in Stichpunkten:

  • Terminfindung
  • Dokumente heraussuchen
  • Erinnerungen ausgraben
  • Beziehungsaufbau
  • Fotos
  • Ungereimtheiten in der Geschichte ausräumen
  • Lektorat

In den meisten Fällen dauert es zwischen vier und acht Wochen von der ersten Kontaktaufnahme bis zur fertigen Geschichte. Häufig werde ich gefragt, warum es so lange dauert, eine Geburtsgeschichte aufzuschreiben. Immerhin geht es ja eigentlich nur um einen recht kurzen Zeitraum.

Frauen brauchen Zeit, zu erzählen (aka Terminfindung)

Wir erzählen am besten in ruhigen Momenten. Häufig sind die Frauen, die ich begleite, aber mit mehreren Dingen gleichzeitig beschäftigt. Entweder passen sie zu Hause auf die Kinder auf, oder sie gehen arbeiten. Beide Situationen eignen sich nur bedingt zum Erzählen. Deshalb dauert es häufig tatsächlich ein paar Tage, bis wir einen passenden Termin für unser erstes Gespräch finden.

Ist der Termin gefunden, erzählt die Frau von ihrer Geburtsgeschichte. Ich höre meist nur zu und frage gegebenenfalls zwischendurch nach.

Dokumente finden

Damit die Geschichte vollständig ist, frage ich oft auch nach den Geburtsdaten, wie sie im Mutterpass oder Kinderuntersuchungsheft stehen — also genaue Geburtszeit, Geburtsort, Gewicht, Größe, Kopfumfang, manchmal sogar nach den APGAR-Werten. Es gibt Frauen, die wissen diese Details aus dem Kopf. Und andere schauen in den Dokumenten nach. Auch das dauert meist ein wenig. Wenn vorhanden, lasse ich mir auch gerne den Geburtsbericht schicken.

Erinnerungen ausgraben

Nicht jede Frau redet so viel und so häufig über ihre Geburten, wie ich. Es ist deshalb kein Wunder, dass die Frauen bestimmte Erinnerungen erst mal wieder an die Oberfläche des Gedächtnisses holen müssen. Vieles war lange tief verborgen. Häufig werden die Erinnerungen während unseres ersten Gespräches an die Oberfläche gespült. Manchmal geschieht das aber auch erst danach.

Deshalb gebe ich die Möglichkeit, mir auch nach unserem Gespräch noch Informationen und Details zukommen zu lassen.

Intime Details: Wir lernen uns kennen

In unserem ersten Gespräch geht es meist vom groben Geburtsablauf hin zu den Feinheiten. Manche Frauen erzählen eher offen, andere sind zunächst zurückhaltend. Fast immer ist es aber so, dass gewisse Details zuerst nicht erzählt werden. Das ist sehr natürlich: Selbst, wenn die Frauen sich entschieden haben, dass ich ihnen beim Aufschreiben ihrer Geschichten zur Seite stehen soll, kennen wir uns in den meisten Fällen nicht persönlich. Eine gewisse Zurückhaltung dient deshalb als Selbstschutz.

Ich sehe es ähnlich wie Dami Charf, die als Therapeutin arbeitet und schreibt:

 Es ist fast unmöglich im Stundentakt und 6-8 Stunden am Tag eine nahe Beziehung zu einem anderen Menschen aufzubauen und zu halten.

(Dami Charf, Autorin und Therapeutin)

Und deshalb nehmen wir uns die Zeit für einander, die es braucht, um uns kennen zu lernen. Es dauert, bis wir uns so öffnen können, wie wir möchten. Deshalb ist es auch so wichtig, dass ich die Geburtserfahrung der Frau nicht bewerte (dazu mehr in einem anderen Beitrag, auf den ich dann hier verlinken werde).

Der erste Entwurf der Geschichte ist häufig noch relativ allgemein. Es kommen Gefühle vor, ja, doch häufig sind es eher diejenigen Gefühle, die wir gesellschaftlich in diesen Momenten akzeptieren. Erwartung, Spannung, Verängstigung sind okay. Lust, Wut oder Scham kommen in diesem ersten Entwurf eher seltener vor.

Wenn ich meinen ersten Entwurf geschickt habe und die Frauen ihn gelesen haben, führen wir ein zweites Gespräch. Ich merke dann, ob es mir gelungen ist, die Erwartungen der Frau zu erfüllen: Wenn das der Fall ist, kommen im zweiten Gespräch nämlich noch mal ganz viele Details und Erinnerungen. Manche Frauen sind in diesem Moment zurückhaltend, weil sie Angst haben, mir mit neuen Details zu viel Arbeit zu machen. Das ist aber gar kein Problem!

Ich erwarte nicht, dass mir jemand eine so intime Geschichte erzählt, wenn wir uns bisher kaum kennen. Ich weiß, dass die Geschichten der Geburten der eigenen Kinder etwas sehr Besonderes sind und nur mit viel Liebe und Respekt aufgeschrieben werden dürfen. Deshalb erwarte ich nicht, alles im ersten Schritt zu erfahren.

Je mehr Details in der zweiten Runde erzählt werden, desto persönlicher und stimmiger wird die Geschichte am Ende.

Fotos finden

Wenn gewünscht, füge ich in die Geschichte Fotos von der Geburt ein. Meist dauert es eine Weile, bis die Frau sich entschieden hat, welche Fotos sie in der Geschichte haben will. Und dann schaue ich natürlich, ob die Qualität stimmt. Wenn sie zu niedrig ist, gebe ich die entsprechende Rückmeldung. Manchmal entscheiden wir dann, lieber ein anderes Foto zu nutzen.

Ungereimtheiten ausräumen

„Um 14 Uhr kam meine Freundin Pocahontas. Ich verbrachte den Nachmittag mit Treppensteigen und telefonierte noch kurz mit meiner Hebamme Arielle. Nachdem mein Mann unsere Tochter Merida ins Bett gebracht hatte, kam meine Freundin Pocahontas.“

Wenn die Frau nicht gerade zwei Freundinnen mit dem Namen Pocahontas hat, stimmt da irgendwas nicht. Unsere Erinnerungen laufen oft nicht gerade linear. Solche zeitlichen Ungereimtheiten kommen beim ersten Erzählen oft vor. Und das ist auch gar nicht schlimm.

Für mich ist es natürlich dann wichtig, irgendwann diese Unstimmigkeiten auszuräumen und die Geschichte so zu schreiben, dass sie in sich logisch ist. Ergo: Menschen, die da sind, können nicht noch ein zweites Mal kommen. Die Fruchtblase kann nur ein Mal platzen. Die Sonne geht am selben Tag nur ein einziges Mal unter.

Das sprachliche Lektorat

Geschrieben habe ich die Geschichte meist recht schnell. Das ist der Teil, den ich besonders liebe, für den ich brenne und der mich die Zeit vergessen lässt. Die Geschichte zu hören, sie in einen passenden Rahmen zu setzen — das ist meine Leidenschaft. Danach allerdings lege ich großen Wert darauf, dass in der Geschichte alles stimmig ist. Rechtschreibung, Grammatik, Zeichensetzung, Konjunktive, indirekte Rede. All das ist wichtig, damit wir es nachher tatsächlich genießen können, die Geschichte zu lesen. Das Lektorat braucht Zeit. Klar werde ich darin immer effektiver, trotzdem gilt: Lieber ein Mal zu viel als zu wenig lesen! Die Geschichte soll schließlich perfekt werden!

Wann schreibst du deine Geschichte auf?

Wenn du möchtest, dass ich auch dir helfe, deine Geburtsgeschichte aufzuschreiben, melde dich einfach bei mir: Über das Kontaktformular, oder per Email.

Und wenn du noch mehr über mein Angebot wissen willst, schau hier herein: Deine Geburtsgeschichte — von mir geschrieben

Schreibe einen Kommentar