Jeanne (2/2): Mademoiselle kam schnell

Jeanne erzählt hier von ihrer 2. Geburt. Die Geschichte ihrer ersten Geburt findest du hier.-  Sie kommt zu dem Fazit, dass sie gerne eine bekannte Hebamme gehabt hätte, aber heilfroh war, dass ihre Tochter im Krankenhaus zur Welt kam. Schade, dass sie keine Möglichkeit hatte, eine Beleghebamme zu engagieren — und wie schön, dass sie trotzdem die Geburt keineswegs als traumatisch empfand.

Wieder diese Rückenschmerzen
Mademoiselles Geburt war das genaue Gegenteil. Nachts um zwei wachte ich von leichten Rückenschmerzen auf. Da es aber schon einmal Fehlalarm gegeben hatte, dachte ich mir nichts dabei und schlief sofort wieder ein. Gefühlt eine halbe Stunde Schlaf später, aber real acht Minuten, passierte das Gleiche nochmal. Um halb drei wurden die Rückenschmerzen doch etwas merklicher und ich dachte: komm, steh mal auf, geh duschen. Im Zweifel bist du eine Verrückte, die nachts um halb drei duscht und sich anzieht.

„Es geht los, aber du kannst langsam machen“
Nach dem Duschen wurden die Rückenschmerzen spürbar und ich tigerte etwas in der Wohnung auf und ab. Um halb vier weckte ich meinen Mann mit den Worten: „Vermutlich geht es los, ist aber noch ganz leicht, also kannst ruhig langsam machen.“ Während er sich fertig machte, klingelte ich die Babysitter aus dem Bett.

Und dann machte sich mein Mann um viertel vor vier ein Kaffee. In dem Moment wurde ich richtig genervt: warum macht der sich nen Kaffee? Wir müssen los! Er muss noch das Auto holen, den Kleinen anziehen, so viel zu tun und das Baby kommt! …Dann erinnerte ich mich daran, dass ich vor 15 Minuten gesagt habe, mach mal langsam.

Mach mal doch nicht langsam
Das war der Zeitpunkt, wo ich kapiert habe, dass es jetzt richtig losgeht. Ich gab also Rückmeldung an den Logistiker meines Herzens, und ab dann ging es richtig los. Ich konnte die Rückenschmerzen (also die Wehen) nur noch im Vierfüßlerstand vertragen. Zwischen den Wehen ging es mir top. Mein Mann hatte Kind und Kegel verladen und ich hastete zwischen den Wehen die Treppe runter, wobei ich mich noch fragte, wozu das Getue, bis ich am Auto war und mal wieder eine Wehe über mich wegrollte.

„Hallo, ich bekomme gerade mein zweites Kind“
Da die Babysitter in Spuckweite vom Krankenhaus wohnen, verlangte ich, dass man mich zuerst absetzt und dann erst den Kleinen. Insgesamt waren es also 30 Minuten vom Kaffee kochen bis zur Kreißsaaltür, aber es fühlte sich wie ne Stunde an.
An der Tür zum Kreißsaal stand ich wie ein Fragezeichen und meldete ich mich an mit: „Hallo, ich bekomme gerade mein zweites Kind.“

Die Hebamme hat das wohl auch so gesehen, jedenfalls durfte ich gleich mit und man sparte sich die ganzen Übungen mit CTG und Blut abnehmen im Vorbereitungszimmer. Nach 20 Minuten kam mein Mann und ab da war ich dann auch schon fast in der heißen Phase.

Ich dachte immer, ich könnte mit hecheln das irgendwie herauszögern, weil alles so wahnsinnig schnell ging und ich einen sehr starken Druck nach unten spürte und Angst hatte, dass da irgendwas kaputt geht wenn es weiter so schnell geht. Aber Hecheln hilft halt nur, wenn man selbst pressen will und ich habe definitiv nichts dergleichen gemacht.

Die Wehen war sehr gut auszuhalten. Viel erträglicher als bei Monsieur. Nur der Druck nach unten war viel kraftvoller. Aber ich hatte ja eigentlich diese Kraft. Ich hatte gut gegessen und gut geschlafen. Trotzdem war jede Wehe wie ein Besuch bei einem echt harten Cardio Workout. Immer wenn ich dachte: soooo, jetzt duschen und dann ab auf die Couuuuuu….. da war dann schon die nächste.

Der Schweinehundmoment
Irgendwann hatte ich schlicht keinen „Bock“ mehr und wollte nach Hause. Morgen machen wir dann weiter und so 😉 Ich weiß ja, dass das bedeutet, dass es bald soweit ist, aber irgendwie hatte ich mich diesem Rhythmus einfach irgendwann ergeben und in den kurzen Pausen versucht, Kräfte zu sammeln.

(Nervig war nur, dass die Hebamme die ganze Zeit reden wollte. Klar, kann sie mir nicht helfen, wenn ich nichts sage, aber ich wollte ja auch nix. Überraschung, mein Mann hatte das schon längst kapiert und hat sich zurück gehalten und darauf gewartet, dass ich Kommandos gebe, hehe.)

Die Kraft der Geburt
Jedenfalls kam auf einmal eine etwas längere Pause. Ich freute mich, dass ich mal richtig entspannen konnte und dann wurde die Pause länger und ich konnte Kräfte sammeln und dann noch länger „O-oh, ist das die Ruhe vor dem Sturm oder eine Wehenschwäche wie beim ersten Mal?“ Fünf Sekunden später hatte ich die Antwort.

Eine wahnsinnige Urgewalt rollte über mich her und machte mich zur Zuschauerin in meinem Körper. Es war so eine mächtige Kraft am Werk, dass ich zum einen nur Ehrfurcht empfand. (Klingt kitschig, aber genau das war das Gefühl). Zum anderen hatte ich schiere Panik. Da war nichts mit Kontrolle und das Baby gemächlich zur Welt bringen. Auch nichts mit: die Gebärmutter schiebt das Baby sanft in die Freiheit (wie es in meinem Hypno birthing Kurs hieß) sondern das Baby hatte nach der ersten Wehe den halben Weg geschafft und nach der zweiten wartete es „geduldig“ am Ausgang.

Ich musste nun die Position ändern um den Damm zu schützen, aber auch das konnte das Tempo nicht herausnehmen. Nach der dritten Wehe in der neuen Position presste ich das erste und einzige Mal mit und Mademoiselle flog praktisch über das halbe Kreißbett. (Diese detaillierte Darstellung tut mir leid, aber ich will einfach diese enorme Kraft betonen, weil es so anders war als bei Monsieur.)

Startschwierigkeiten bei der Atmung
Leider fand Mademoiselle blau als passende Farbe für diesen Anlass, was dann direkt mit einer Taxifahrt mit ebendiesem Licht in die Uniklinik honoriert wurde.

Man hatte es zuerst mit dem Absaugen des Fruchtwassers versucht, aber Ihre Sauerstoffsättigung fiel ohne Atemhilfe immer rapide ab. Wir hatten aber Glück und sie atmete recht schnell von alleine. Nach drei Tagen durften wir nach Hause.

Vermutlich war die Geburt zu schnell, sodass sich das Loch im Herzen noch nicht vollständig geschlossen hatte. Insgesamt waren es von der ersten Wehe zur Geburt der Kleinen 5 Stunden.

Geburtsaufarbeitung
Als Fazit beider Geburten muss ich sagen, ich hätte gerne eine Hebamme gehabt, die mich kennt und auf mich persönlich eingehen kann, also wie bei einer Hausgeburt oder einem Geburtshaus, aber andererseits war ich bei Mademoiselles Geburt sehr froh, dass alle medizinischen Geräte in Greifweite waren, um das Leben meiner Kleinen zu retten.

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