Antonia hat vor einigen Wochen eine Peition ins Leben gerufen. Sie will dafür sorgen, dass Begleitpersonen auch trotz Corona bei Geburten dabei sein dürfen.
Stell dich doch bitte kurz vor!
Ich bin Antonia und arbeite als Birthkeeper und Doula sowohl hier bei mir in Australien vor Ort als auch online mit deutschsprachigen Frauen zusammen. Ich bin Aktivistin für eine Umdenken rund um das Thema Geburt vor allem in den Köpfen der Frauen selbst, einer Rückkehr zur physiologischen und ungestörten Geburt und dem Aufräumen mit den problematischen Prinzipien der industriellen Geburtshilfe der modernen Zeit.
Wie kamst du darauf, die Petition zu starten?
Seit 1 1/2 Jahren spreche ich immer wieder mit Frauen über ihre Erlebnisse in den deutschen Kreißsälen und erlebe wie sich die Situation durch Corona noch mehr verschlechtert hat, als es vorher schon war. Mehr Frauen als zu vor erleben ihre Geburt als traumatisch und die Rate an Interventionen haben sich erhöht. In den meisten Kreißsälen in Deutschland ist momentan eine Person zur Begleitung bei der Geburt zugelassen. Oft ist es jedoch so, dass die Begleitperson erst ganz am Ende der Geburt in der sogenannten Austreibungsphase zugelassen wird d.h. wie genau und wann die einzelnen Einrichtungen die Begleitperson zur Gebärenden lassen ist individuell verschieden. Bei einer Geburtseinleitung beispielsweise ist eine Begleitung in vielen Fällen nicht möglich. Auch den Beginn der Geburt, zur sogenannten Eröffnungsphase, die für gewöhnlich mehrere Stunden dauern kann, müssen viele Frauen alleine verbringen. Ohne Partnerin und in vielen Fällen auch ohne Begleitung durch eine Hebamme, da eine kontinuierliche 1:1 Begleitung in den deutschen Krankenhäusern leider auch nicht gegeben und garantiert ist. Viele Frauen berichten sogar, dass aufgrund dessen die Partnerinnen die Geburt des eigenen Kindes verpasst haben, weil es u.U. auf einmal so schnell ging oder sogar der/die Partner*in zu spät dazu gebeten wurde. Bei Fehlgeburten und auch Abtreibungen sind keine Begleiter zugelassen d.h. auf diesem schweren und schicksalsschweren Gang sind Frauen komplett alleine.
Während Frauen also einen Großteil ihrer Geburt allein erleben müssen, werden überall im Land Lockerungen stattgegeben und Frauen und Familien müssen dabei zusehen wie 40.000 Menschen zu Fußballspielen zugelassen werden oder Menschen in den Urlaub fliegen. Das kann einfach nicht sein. In meinen Augen ist das absolut menschenverachtend und obendrein unlogisch. Wieder einmal müssen Frauen und Kinder alles ausbaden. Werden vergessen und von der Politik missachtet.
Du hast deine Petition über change.org ins Leben gerufen. Was genau passiert mit den Unterschriften? Also: Wie bewirkt meine Unterschrift, dass sich etwas ändert?
Bei Change.org ist es so, dass je mehr Unterschriften gesammelt werden, desto mehr hat die Petition an Gewicht. Ist ja ganz klar. Dort sammele ich nun erst einmal die Unterschriften. Ich habe die Petition außerdem zeitgleich beim Petitonsausschuss des Bundestag eingereicht. Dort dauert es allerdings einige Woche bis diese zur Unterschrift freigegeben werden. Sobald dies möglich ist, werden alle, die bei Change.org unterschrieben haben, davon benachrichtigt. Ich werde aussedem alle Unterschriften sammeln und diese mit extra Material und an den Bundestag per Post schicken. Desweiteren habe ich eine Briefaktion mit Briefvorlagen zum Download gestartet. Jeder kann also einen Brief an den Bundestag und das Bundesgesundheitsministerium schicken. Ich fände es toll, wenn besonders dort noch einmal alle mitmachen würden. Auch ich werde diesen Brief natürlich mitsamt der Unterschriftenliste einschicken.
Unterschreiben kannst du hier.
Das klingt sehr durchdacht!
Nun sind gerade Koalitionsverhandlungen — wie ist denn der weitere grobe Zeitplan? Willst du auch die Fraktionen der Parteien noch anschreiben?
Ich werde warten bis eine grosse Anzahl an Unterschriften vorhanden ist. An beiden Stellen und die Petition dann abschicken. Ich werde es beim Bundestag belassen hoffe aber eben, dass die Frauen auch selbst aktiv werden, in dem sie selbst Briefe schreiben. Nur wenn die Frauen auch selbst aktiv werden, denke ich wird es etwas bewirken können.
Welche anderen Verbände / Vereine hast du mit an Bord?
Im Moment mache ich das ganz alleine auch wenn viele Menschen es via Social Media und per Email schon geteilt haben.
Das heißt, deine konkrete Aufforderung ist jetzt: Unterschreibt bei Change.org und dann auf der Seite des Bundestages und schickt zusätzlich möglichst viele Briefe an die Abgeordneten aus dem entsprechenden Wahlkreis?
Ja, genau.
Bis wann läuft denn die Petition?
Noch bis auf weiteres bis ich eine große Menge an Unterschriften gesammelt habe. Also ich denke noch mindestens bis November/Dezember.
Um noch ein wenig den Blick zu weiten: Was für eine Politik oder gesellschaftlichen Wandel wünschst du dir rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett?
Oh da müsste ich echt ausholen. Momentan wird Geburt und der weibliche Körper absolut pathologisiert. Geburtshilfe und Hebammerei sind soweit vom Ursprung entfernt. Ich für meinen Teil wünsche mir das wir uns an diesen Ursprung erinnern und das wir uns von den Ketten des Systems befreien können.
Ich danke für das Interview! Wenn du Antonias Petition unterstützen möchtest, kannst du das hier:
Petition für Begleitungen bei der Geburt von Antonia Unger.