Wenn andere Menschen deine Idee der Wunschgeburt ablehnen, kannst du relativ einfach verhindern, dass sie großen Druck auf dich ausüben. Anders sieht das natürlich aus, wenn dein*e Partner*in deine Idee einer gelungenen Geburt nicht teilt.
Die Beziehung zu dieser Person ist dir schließlich wichtig, und es ist dir wohl kaum möglich, ihr konsequent aus dem Weg zu gehen. Wenn du das Thema nicht ansprichst, wird es gären und hat großes Konfliktpotential. Deshalb ist es in jedem Falle sinnvoller, wenn ihr während der Schwangerschaft deine Wünsche besprecht und einen Weg wählt, der für beide Menschen gangbar ist.
Mir persönlich ist diese Problematik besonders beim Thema Hausgeburt begegnet, aber auch bei anderen Geburtsorten und -arten kommt es vor.
Einfach ignorieren?
Das Ignorieren der Ansichten deine*r Partner*in ist problematisch, denn diese Spannungen werden sich auf dein Wohlbefinden und deine Zuversicht auswirken. Stell dir vor, du setzt durch, dass dein*e Partner*in im Gebärzimmer anwesend ist — aber statt Unterstützung für dich gibt es nur noch mehr Aufwand, weil sich das Personal eher um den medizinischen Zustand deiner Begleitung als um dich kümmert…
Verstehen, worum es im Kern geht
Du sagst „ich möchte unser Kind im Geburtshaus zur Welt bringen“ und siehst direkt: Damit hatte dein*e Liebste*r nicht gerechnet. Sofort werden Zweifel aller Art geäußert. Du könntest versuchen, all diese Zweifel auszuräumen. Denn schließlich bist du von deiner Entscheidung, deiner Wunschgeburt überzeugt. Wichtig ist dabei nur eines: Du musst erstmal verstehen, wo genau das Problem liegt.
Ein persönliches Beispiel:
Ich wollte, wenn es mir und dem Kind gut ginge, nur so kurz wie möglich im Krankenhaus bleiben. Meine Mutter konnte das gar nicht nachvollziehen und versuchte mehrfach, mich dazu zu bewegen, doch ein paar Tage im Krankenhaus zu bleiben.
Es hat wirklich einige Gespräche gedauert, bis ich dann herausgefunden habe, wo unsere Differenzen lagen: Sie dachte, ich sei mit dem Neugeborenen allein zu Hause. Sie wusste weder, dass die Hebamme jeden Tag nach meinem Kind und mir sehen würde, noch war ihr bewusst, dass mein Mann Elternzeit beantragt hatte und ebenfalls zu Hause sein würde.
Sobald ich wusste, warum sie der sofortigen Entlassung so skeptisch gegenüber stand, konnte ich ihre Bedenken tatsächlich ausräumen (nicht nur mit dem Satz „Es wird schon alles klappen“).
Fazit: nehmt euch die Zeit, zu verstehen, worum es der Person wirklich geht. Wenn ihr das Problem eingrenzen könnt, ist es wesentlich wahrscheinlicher, dass ihr eine Lösung findet, mit der alle gut leben können.
Wenn man nicht zusammenkommt
Nicht immer geht es so gut aus, wie im Fall zwischen meiner Mutter und mir. Manchmal kommt man nicht zueinander. Du hast dir Gedanken zur deiner Wunschgeburt gemacht, du hast dich entschieden. Und nun ist da eine Person, auf deren Meinung du viel gibst, und die dir sagt, dass du die Dinge anders machen sollst.
In einer solchen Situation ist eines ganz besonders wichtig: Du bist diejenige, die dein Kind zur Welt bringt. Und deshalb liegt die letzte Entscheidung bei dir. Andere Menschen dürfen ihren Einfluss geltend machen — Familie, medizinisches Personal et cetera — aber die letztliche Entscheidung liegt bei dir; bei dir ganz allein. (Lies zu diesem Thema auch meinen Beitrag Subjekt statt Objekt, in dem ich über das Phänomen schreibe, dass Frauen selten selber Subjekte ihrer Geburt sind.)
Wenn du mit deine*r Partner*in nicht übereinkommst, was der beste Weg ist, um das Kind zur Welt zu bringen, dann geh deinen Weg. Und: Geh diesen Weg im Zweifel ohne die besagte Person.
Das klingt hart, oder? Aber stell dir folgende Situation vor:
Du hast immer gesagt, dass du die Möglichkeit einer PDA nicht nutzen möchtest. Du hast die Vor- und Nachteile ausgiebig diskutiert und deine Entscheidung ist gefallen. Dein*e Partner*in kann das nicht nachvollziehen. Du bleibst dabei, keine PDA.
Nun ist die Geburt in vollem Gange. Du spürst den Fortschritt, und du spürst Schmerzen. Es lässt sich auch kaum verbergen, dass du Schmerzen hast. Es könnte sein, dass selbst in dieser Situation noch dein*e Partner*in versucht, dich zu überzeugen. Egal, ob du dich in diesem Moment dafür oder dagegen entscheidest — vermutlich bist du nicht gerade positiver Stimmung.
Eventuell bist du enttäuscht über dich selber, oder du bist verletzt, weil du das Gefühl hast, dein*e Partner*in hätte deine Schwäche ausgenutzt. Oder du bist sogar wütend, weil du weißt, dass du dir das später noch oft anhören musst. Oder, stell dir vor, du hättest in diesem Moment eigentlich sehr gerne eine PDA bekommen, aber hast den Gedanken verworfen, um nicht vor deine*r Partner*in einzubrechen.
Diese Vorstellung ist, zumindest für mich, nicht besonders schön. Da wäre es doch besser gewesen, dein*e Partner*in wäre nicht im Raum gewesen. Die anwesenden Hebammen, Geburtshelfer oder Ärzt*innen hätten dich sicher ebenfalls gefragt, ob du eine PDA bekommen möchtest. Und du hättest es nur mit dir ausgemacht, nicht mit der Anwesenheit anderer, denen du dich verpflichtet fühlst.
Deshalb: Wenn ihr grundlegende Meinungsverschiedenheiten habt, solltest du damit klar und deutlich umgehen: Du respektierst die andere Meinung, und (nicht aber, sondern UND!) du erwartest, dass eben auch deine Meinung respektiert wird. Da du diejenige bist, die euer Kind zur Welt bringen wird, ist deine Entscheidung zur Wunschgeburt ausschlaggebend.
Wenn die andere Person diese Entscheidung nicht mittragen kann (Akzeptanz über unterschiedliche Meinungen ist der erste Schritt, aber eine wirkliche Unterstützung deiner Entscheidung geht darüber hinaus!), gib ihr klar zu verstehen, dass du verhindern möchtest, dass diese Meinungsverschiedenheiten während der Geburt erneut aufflammen. Und dass du deshalb die Person nicht (oder teilweise nicht) bei der Geburt dabei haben möchtest. (Besonders anfällig für diese Sichtweise sind Männer der Kategorie „Ich werde Vater„.)
Wunschgeburt ohne vertraute Person?
Wenn du den Schritt machen möchtest, ohne Partner*in dein Kind zur Welt zu bringen, stellst du dir vielleicht die Frage, ob du allein nicht noch hilfloser, abhängiger oder ängstlicher sein würdest. Manchen Frauen geht es so, mir persönlich auch.
Die Entscheidung, dein*e Partner*in nicht (oder nur begrenzt) in die Geburt mit einzubeziehen, muss aber nicht bedeuten, dass du alleine gebierst. Im Gegenteil: Zusätzlich zum medizinischen Personal ist es schön, eine Person zu haben, die sich nur auf dein Wohl konzentriert. In anderen Gesellschaften ist es bis heute üblich, dass verwandte Frauen (zum Beispiel die eigene Mutter) die Geburt begleiten — nicht als Geburtshelferinnen, sondern als „Wohlfühlbeauftragte“ für die Gebärende.
Vielleicht gibt es auch in deinem Umkreis eine solche Person. Ob männlich oder weiblich, ob aus der Familie oder nicht, ob alt oder jung, ob mit oder ohne Erfahrung bei Geburten — all diese Faktoren sind zweitrangig. Wichtig ist: Diese Person unterstützt dich voll und ganz bei deiner Wunschgeburt. Das geht natürlich am besten, wenn ihr euch vorher austauscht, wenn du offen bist und sagst, was dir gut tut.
Ich konnte zum Beispiel hellem Licht nichts abgewinnen. Schummrige Atmosphäre fand ich super. Vielleicht gibt es bei dir auch solche Wohlfühlfaktoren. Und selbst wenn nicht: Diese Person hat bei der Geburt keine logistischen oder medizinischen Aufgaben. Sie ist einzig und allein für dich da — sie ist die Person, die dir ein Glas Wasser bringt, die dir beim Umziehen hilft oder die für die die CD wechselt.
Für viele Gebärende übernimmt der nicht gebärende Elternteil diese Rolle, aber im Prinzip kann sie auch von anderen Menschen übernommen werden.
Manchmal hört sich das vielleicht alles gut an, aber du kannst dir einfach bei keiner Person in deinem Umfeld vorstellen, dass sie diese Funktion für dich erfüllen kann. Klar, denn so eine Geburt ist schließlich ein sehr intimer Prozess. Du möchtest eben nicht, dass deine Mutter sieht, wie du vielleicht Schmerzen hast. Du möchtest nicht, dass dein bester Freund deinen Körper so sieht. Es gibt jenseits der bekannten Personen noch eine Möglichkeit, eine nicht-medizinische Geburtsbegleitung zu organisieren: Doulas bieten eine solche Dienstleistung an. Doulas sind keine medizinischen Geburtshelferinnen; sie sind Geburtsbegleiterinnen, die für dich da sind. Vielleicht ist eine Doula die richtige Ansprechpartnerin für dich.
Falls du dich für die Anwesenheit einer anderen vertrauten Person oder einer Doula entscheidest, solltest du dies mit deine*r Partner*in besprechen. Es wäre schade, wenn dein*e Partner*in sich deswegen zurückgesetzt fühlt. Du willst für die Geburt eine Person dabei haben, die dich unterstützt.
Das bedeutet aber natürlich nicht, dass dein*e Partner*in deshalb ab jetzt in der zweiten Reihe stehen wird. Im Gegenteil werdet ihr nach der Geburt als Familie alle zusammen eine wunderbare Zeit meistern. Eine Geburtsbegleitung steht danach wieder im Hintergrund, denn die Geburt ist ja dann vorüber. Und du, dein*e Partner*in und euer Kind, ihr seid zusammen.
Väter vorbereiten
Das Thema Rollenverteilung und Entscheidungsfindung habe ich auch in meinem E-Book der kompetente Hausgebursvaterhttps://ichgebaere.com/Der-kompetente-hausgeburts-vater aufgegriffen. Väter werden darin an ihre Rolle als nichtmedizinische Geburtsbegleiter herangeführt.
Wie war es bei dir?
Erzähl mir von deinen Erfahrungen: Wie wichtig war dir die Unterstützung bei deiner Wunschgeburt? War dein*e Partner*in bei deinen Entscheidungen auf deiner Seite?
1 Gedanke zu „Schock: Wenn dein*e Partner*in deine Wunschgeburt ablehnt“