Nach der Geburt eines Kindes ist vieles anders. Für alle, die bei der Geburt dabei waren, und auch alle anderen Familienmitglieder. Auch für die Partnerschaft ändert sich einiges. Und natürlich stellt sich irgendwann die Frage: Wann können wir nach der Geburt eines Kindes wieder miteinander schlafen? Wann ist der erste Sex nach der Geburt okay?
Die Antwort, die ich hierzu immer wieder gern gebe, ist kurz und banal: Sofort!
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Na, wie viele „Aber“-Sätze schwirren dir im Kopf herum!? Klar, die Aussage ist gewagt. Was ich damit meine, ist aber einfach:
„Liebe Machen“, „sich lieben“, ist für mich mehr als Vaginalverkehr. Es ist gut möglich, miteinander zu schlafen und die Vagina komplett zu ignorieren — und ebenso alle anderen Bereiche, die bei der Geburt vielleicht stark beansprucht wurden, wie zum Beispiel Anus und Damm (siehe hierzu auch Dammriss & Dammschnitt).
Die verschiedenen Dimensionen der Intimität
Wenn ein Kind in Liebe geboren wird, vielleicht auch der Geburtsbeginn liebevoll unterstützt wurde, warum soll diese Atmosphäre nach der Geburt nicht weiter genutzt werden?
Es gibt viele Möglichkeiten, Intimität zu zeigen und zu leben:
Küsst euch, streichelt euch, massiert euch. Alles, was angenehm ist, ist erlaubt. Wenn es an der Klitoris keine Schürfungen gibt, was spricht gegen eine Liebkosung? Wenn die Brüste sich gut anfühlen, dürfen sie ebenfalls einbezogen werden!
Ein solches Liebesspiel ist im Krankenhaus natürlich schwieriger zu verwirklichen als zu Hause, aber sobald sich alle Beteiligten wohl fühlen, darf das Erste Mal Danach stattfinden.
Übrigens beschreibt Dr. Christiane Northrup in ihrem Buch Frauenkörper*, Frauenweisheit ebenfalls genau dieses Erlebnis, dass sie und ihr Mann sich nur ein paar Stunden nach der Geburt ihres Kindes liebten.
Der richtige Zeitpunkt für Vaginalverkehr
Die erste Phase nach der Geburt
Den allermeisten Frauen wird Vaginalverkehr in den ersten Tagen nach der Geburt nicht in den Sinn kommen. Der Wochenfluss ist noch reichlich und sorgt dafür, dass sich keine Bakterien in die offenen Wunden setzen können, die durch die Geburt entstanden sind. Das ist also eine sehr sinnvolle Vorkehrung der Natur, die wir nicht durch das Einführen von Gegenständen — Tampons, Vaginalduschen, Penisse — aushebeln sollten.
Der Heilungsprozess
Auch nach Abklingen des Wochenflusses können die kleineren und größeren Wunden im Vaginalbereich den Vaginalverkehr schmerzhaft machen. Um zu testen, ob du noch schmerzhafte Wunden hast (die du aber normalerweise nicht mehr spürst, sondern erst bei der Berührung), gibt es einen einfachen Trick: Wer kennt nicht das Gefühl von unangenehmen Schürfwunden, die im Salzwasser auf einmal wieder schmerzen!? Nimm einfach mal ein Bad mit einer gehörigen Portion Kochsalz oder Badesalz. Wenn du merkst, dass das im Intimbereich noch ordentlich zwickt, ist es ein guter Hinweis darauf, dass auch die vaginale Penetration schmerzlich werden könnte. Natürlich ist auch immer die Penetration mit dem eigenen Finger sinnvoll, um mal zu testen, wie es sich gerade anfühlt…
Für alles Weitere gilt dann: Mach langsam, probier aus, und brich ab, wenn es sich nicht gut anfühlt! Gleiches gilt übrigens auch für deine*n Partner*in, denn auch für ihn*sie können sich bestimmte Berührungen nun anders anfühlen.
Hormonelle Veränderungen
Die Geburt eines Kindes bringt nicht nur äußerliche Veränderungen mit sich – in deinem Körper findet ein regelrechtes Hormon-Karussell statt. Besonders wenn du stillst, spielt das Hormon Prolaktin eine wichtige Rolle. Es sorgt dafür, dass dein Körper Muttermilch produziert. Gleichzeitig kann es aber auch deine Libido deutlich reduzieren und zu vaginaler Trockenheit führen.
Das ist völlig normal und kein Grund zur Sorge. Dein Körper konzentriert sich momentan voll und ganz darauf, dein Baby zu versorgen. Die niedrigen Östrogenwerte während der Stillzeit können außerdem dazu führen, dass deine Vagina empfindlicher und trockener ist als sonst.
Das Schöne ist: Erregung beginnt im Kopf. Wenn du also so richtig Bock auf Sex hast, ist das wichtiger als vaginale Trockenheit. Denn die können wir mit Gleitgel überwinden. Viel entscheidender ist, dass du wirklich Lust hast…
Long story short:
- Nimm dir Zeit für Erregung und ausgiebiges Vorspiel
- Verwende großzügig Gleitmittel (am besten wasserlöslich und pH-neutral)
- Probiere andere Zeiten für Intimität aus – viele Frauen fühlen sich direkt nach dem Stillen entspannter
- Sprich über deine körperlichen Veränderungen – nicht nur mit der besten Freundin!
- Pflege deine Intimzone mit rückfettenden, milden Produkten
Besondere Situationen
Nach Kaiserschnitt, Dammschnitt oder Geburtsverletzungen
Wenn deine Geburt mit Verletzungen einher ging, fragst du dich sicherlich, ob du bereits wieder sexuell aktiv sein darfst. Wie bereits oben beschrieben, brauchst du deine sexuelle Aktivität nicht grundsätzlich einzustellen. Um beim medizinischen Personal zu erfragen, wie heiß es hergehen darf, kannst du nachfragen, wie es mit Sport aussieht: Wenn die Kaiserschnittnarbe zum Beispiel Sport aushält, hält sie auch (sanften) Sex aus.
Die Rolle des Beckenbodens
Vermutlich werdet ihr beide merken, dass sich der Sex nach einer Geburt anders anfühlt. Anders ist nicht immer schlecht, anders ist erstmal nur anders. Lasst euch darauf ein. Der Körper ist nach der Geburt anders — das Becken weiter, der Damm gedehnt, der Bauch noch nicht wieder flach und straff (falls er es vorher war), die Brüste größer und empfindlich — und deshalb fühlt sich vielleicht auch der Sex anders an.
Der Beckenboden ist noch gedehnt und muss erst wieder trainiert werden. Dafür gibt es haufenweise Übungen, die unter anderem im Rückbildungskurs bei Hebammen angeboten werden. Eine Beckenbodenübung ist tatsächlich auch Geschlechtsverkehr, bei dem die Muskulatur ganz automatisch immer wieder angespannt wird. (Übrigens hilft eine gute Beckenbodenmuskulatur auch andersherum zu intensiveren Orgasmen.)
Praktische Tipps für den Neustart
Die richtige Vorbereitung
- Schaffe eine entspannte Atmosphäre
- Nimm dir Zeit für Vorspiel und Entspannung
- Verwende bei Bedarf ein Gleitmittel
- Kommuniziere offen über Wünsche und Grenzen
- Höre auf deinen Körper
Mit Baby im Haus
Intimität mit einem Neugeborenen im Haus erfordert Kreativität und Flexibilität:
- Nutzt die Schlafphasen des Babys
- Arrangiert kurze „Auszeiten“ mit Unterstützung von Familie oder Freunden
- Seid spontan und flexibel
- Akzeptiert, dass es anders sein wird als vor der Geburt
Emotionale Aspekte
Verändertes Körpergefühl
Vielleicht fühlst du dich nach der Geburt in deinem Körper fremd. Kein Wunder. Neun Monate ist ein Baby in dir herangewachsen. Und innerhalb von einem Tag ist das Baby nicht mehr im Bauch. Meine Hebamme sagte immer: „Was neun Monate wächst, braucht auch mindestens neun Monate, um sich dem Vorschwangerschaftszustand wieder anzunähern. Deshalb gilt für euch beide:
- Gebt euch Zeit zur Gewöhnung
- Sprecht über eure Gefühle
- Setzt euch nicht unter Druck
- Feiert kleine Momente
Veränderte Paardynamik
Die Geburt eines Kindes verändert nicht nur euch als Einzelpersonen, sondern auch eure Beziehung grundlegend. Aus einem Paar wird eine Familie – das bringt neue Rollen, neue Verantwortungen und eine völlig neue Dynamik mit sich.
Vielleicht erlebst du deine*n Partner*in plötzlich ganz anders: Als fürsorglichen Elternteil, als Beschützer*in, als jemanden, der genauso unsicher ist wie du. Oder du bemerkst, dass sich eure Bedürfnisse unterschiedlich entwickeln – während der eine Mensch vielleicht schnell wieder Nähe sucht, braucht der andere Mensch mehr Zeit für sich.
Denk daran: Aus einem Liebespaar Eltern zu werden bedeutet nicht, dass die Liebe verschwindet – sie verändert und entwickelt sich weiter, wenn ihr das Thema bewusst angeht, statt es dem Zufall zu überlassen.
Kommunikation ist der Schlüssel
Offene Gespräche zwischen euch sind essentiell:
- Teilt eure Bedürfnisse mit
- Sprecht über Ängste und Unsicherheiten
- Bleibt geduldig miteinander
- Findet gemeinsam neue Wege der Intimität
Professionelle Unterstützung
Die wichtige Rolle der Hebamme
Deine Hebamme ist nicht nur während Schwangerschaft und Geburt eine wichtige Ansprechpartnerin – auch in der Zeit danach kann sie dir mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sie hat Erfahrung mit den körperlichen und seelischen Veränderungen nach einer Geburt und kann dir helfen, deinen Körper besser zu verstehen.
Im Wochenbett wird deine Hebamme:
- Den Heilungsprozess überwachen
- Dir Übungen für den Beckenboden zeigen
- Tipps zur Wundheilung geben
- Ein offenes Ohr für deine Fragen und Sorgen haben
Scheue dich nicht, auch intime Themen anzusprechen. Hebammen sind es gewohnt, über Sexualität zu sprechen und können oft praktische Tipps geben. Sie können auch einschätzen, ob du weitere Unterstützung brauchst, zum Beispiel:
- Eine Beckenbodenphysiotherapie
- Einen Rückbildungskurs
- Gynäkologische Nachsorge
- Psychologische Beratung
Es ist wichtig zu wissen: Du musst mit deinen Fragen und Unsicherheiten nicht alleine bleiben. Es gibt ein ganzes Netzwerk von Fachleuten, die dir den Weg in dein neues Leben als Elternteil erleichtern können.
Fazit
Je enger du den Begriff „miteinander schlafen“ auslegst, desto länger musst du warten! Und da das doch schade wäre, plädiere ich dafür, eine weite Definition von Liebe machen zu wählen und zeitnah nach einer Geburt auch die körperliche Liebe wieder in den Alltag zu integrieren.
Es darf kurz sein, es darf vorsichtig sein, es darf „unromantisch“ zwischen Wäschebergen und vollgespuckten Mullwindeln sein. Es darf sein, wenn das Neugeborene zum ersten Mal eine Viertelstunde von der Oma die Straße rauf und runter kutschiert wird, oder wenn es daneben liegt. Die Antwort ist immer Liebe, und auch körperlich dürfen wir unsere Liebe nach der Geburt wieder leben. Wenn das eine nicht geht, geht vielleicht das andere. Liebe kann auf vielen Ebenen gelebt werden. Auch nach der Geburt dürft ihr eure Partnerschaft körperlich ausdrücken – auf eine Art und Weise, die sich für euch beide gut und richtig anfühlt.
Wie siehst du das!?
Wie hast du den Neustart erlebt? Welche Tipps möchtest du mit anderen Eltern teilen? Hinterlasse gerne einen Kommentar und teile deine Erfahrungen mit anderen Eltern.
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3 Gedanken zu „Sex nach der Geburt: Das Erste Mal danach“