Wenn du bei Wikipedia in das Suchfeld den Begriff „Geburtsgeschichte“ eingibst, landest du auf einem sehr kurzen Beitrag, der erklärt, in welchen Zusammenhängen das Wort genutzt wird. Und dabei kommen zwei Erzählungen zum Zuge: Geburtsgeschichten im neuen Testament (Joannes der Täufer und Jesus Christus) und die Geschichten der buddhistischen Tradition.
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Das war’s dann auch schon. Ende der Begriffserklärung. Gibst du bei Wikipedia „Geburtsbericht“ ein, gibt es keinen Verweis auf einen bestimmten Artikel, sondern auf viele Beiträge, in denen das Wort vorkommt. Und zwar manchmal im medizinischen Sinne und manchmal auch im Sinne von Geburtsgeschichte.
Inhalt
Eine Geburtsgeschichte ist mehr als ein Geburtsbericht
Als Geburtsbericht wird das Dokument bezeichnet, was medizinisches Personal zum Geburtsverlauf anfertigt. Darin geht es um medizinische Details. Andere Besonderheiten der Geburt finden nur Beachtung, falls diese medizinische für relevant erachtet werden.
Eine Geschichte ist viel mehr. In der Geburtsgeschichte geht es natürlich auch um die medizinischen Fakten, doch diese sind bloß der Rahmen für die individuelle Erfahrung der Frau. Diese geht weit über die medizinische Lage hinaus. Es geht um Emotionen, um „unwichtige Kleinigkeiten“, um den ganz persönlichen Blick auf diese Geburtserfahrung.
Die Geburtsgeschichte von Jesu im neuen Testament hat schließlich auch sehr wenig mit einem medizinischen Bericht zu tun. (Meine Fassung dieser Geschichte ist aus der Sicht von Maria geschrieben.)
Lasst uns den Begriff zurückerobern!
Ja, okay, ich gebe es zu. Die Überschrift ist reißerisch. Es ist ja nicht so, als würden die Menschen, die in der Wikipedia Beiträge schreiben oder diese überarbeiten absichtlich die ganz andere Seite der Geburtsgeschichten außer Acht lassen.
Es ist nur einfach so, dass wir für all die anderen Geschichten einfach viel zu oft den Begriff „Geburtsbericht“ nutzen. Dabei ist doch nicht nur die Überlieferung von uralten Geschichten geeignet, als Geburtsgeschichte bezeichnet zu werden.
Die Erfahrungen jeder Frau sind Geschichten. Und aus all diesen Geschichten schreiben wir unsere Geschichte. Klar, in der Schule ist Geschichte vor allem Politik, und vor allem männliche Politik. Ein Herrscher wird geboren; nur selten erfahren wir etwas über seine Mutter. (Ja, es gibt Ausnahmen. Mir fallen für jede Frau, die wir im Geschichtsunterricht besprochen haben, fünf Männer ein…)
Doch Geschichte ist mehr. Geschichte setzt sich zusammen aus all den Geschichten, die wir uns erzählen. Dazu gehören auch unsere Geburtsgeschichten.
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Lasst uns also unsere Geburtsgeschichten erzählen, und dabei den Begriff Geschichte nutzen. Wir schreiben schließlich mit jeder Geburt Geschichte — wenn nicht von großer Politik, so doch essentiell für unser persönliches Leben.
Natürlich wird Wikipedia seinen Eintrag vermutlich in naher Zukunft nicht ändern. Dagegen sprechen auch die Suchvolumnia bei Google:
Bis auf wenige Ausnahmen wird „Geburtsbericht“ in Deutschland über die letzten Jahre wesentlich mehr gesucht als „Geburtsgeschichte“.
Aber wer weiß. Geschichte ist eben nicht objektiv. Sie wird gemacht. Was wir im Geschichtsunterricht lernen, ist eine Auswahl, die von bestimmten Menschen nach bestimmten Kriterien getroffen wurde.
Gleiches gilt für Wikipedia.
Wenn sich die gesellschaftliche Wahrnehmung des Wortes ändert, ändert vielleicht auch die Wikipedia irgendwann mal ihren Eintrag.
Schön wäre es doch!
Katharina Tolle
Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Katharina und betreibe seit Januar 2018 diesen Blog zu den Themen Geburtskultur, selbstbestimmte Geburten, Geburtsvorbereitung und Feminismus.
Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.
Außerdem setze ich mich für eine selbstbestimmte und frauen*-zentrierte Geburtskultur ein. Wenn du Kontakt zu mir aufnehmen möchtest, schreib mir gern!