In meiner Serie „Fachkräfte berichten“ darf ich heute Sylvia interviewen. Sie ist Doula und außerdem bildet sie Frauen auch zu Doulas aus. Sie wünscht sich, dass Frauen ihre ureigenen Kräfte wiederentdecken und das Doulas nicht als esoterische Schwesternschaft abgetan werden.
Stell dich doch bitte kurz vor!
Ich wurde auf den Namen Sylvia getauft, was auch einer meiner absoluten Leidenschaften entspricht, da ich mich wirklich wie die Frau aus und dem Walde sehr verbunden fühle. Geboren bin ich 1968 in Wien und studiert habe ich Filmwissenschaft und Europäische Ethnologie. Vor einigen Jahren habe ich mich komplett neu orientiert und arbeite seitdem als Doula, Geburtsvorbereiterin, Rückbildungskursleiterin, Beckenbodentrainerin, Stillberaterin und Ausbilderin für Doulas.
Ich bin Mutter von neun Kindern und habe vier Kinder lebend geboren 1989, 1991, 1997 und 2013. Zudem bin ich die Omili von Theo und Arthur.
Welchen Beruf übst du aus, der mit der Geburt zu tun hat?
Ich bereite Frauen und Männer auf die Geburt vor mit Geburtsvorbereitungskursen, Hypnobirthingkursen und achtsamer
Geburtsvorbereitung. Spezialisiert habe ich mich auf Frauen mit besonderen Umständen wie traumatischer vorangegangener Geburt, Kaiserschnitt und Vasospasmus.
Während der Geburt begleite ich als Doula.
In der Schwangerschaft, während der Geburt- und ergänzend im Wochenbett- begleite ich als- Doula.
Zudem habe ich vor- vier Jahren die Fortbildung- Die Bauchflüsterinnen-®– ins Leben gerufen, um Doulas eine fundierte Ausbildung zu bieten, so dass sie begleitend Kurse in der Schwangerschaft und danach geben können, ergänzend- zur reinen Geburtsbegleitung- und auch unabhängig von einer Begleitung im Rahmen von- Geburtsvorbereitung-, Rückbildung- oder Eltern-Kind Kursen.
Wann und warum hast du dich entschlossen, diesen Beruf zu ergreifen?
Entschlossen habe ich mich 2012 umzuschulen. Das Schlüsselerlebnis war die Erkenntnis wie krass sich die Geburtskultur verändert hat seit 1989. Damals hatten wir eine Kaiserschnittrate von 4% und haben es ohne PDA etc. geschafft zu gebären.
Ich war regelrecht schockiert wie sich die Geburtskultur, Schwangerschaftsvorsorge und auch die Frauen verändert haben.
Seit wann arbeitest du in diesem Beruf?
Ich habe schon immer Frauen begleitet. Einen Namen hat das Kind dann schließlich ab 2013 bekommen.
Erzähle uns von den schönen Seiten deines Berufs!
Die schönste Seite ist für mich, wenn es gelingt Frauen in ihre ureigene Kraft zu bringen. Sie daran zu erinnern, dass ihr Körper nur ihnen und für zehn Monate auch dem Kind gehört. Dass sie das Recht haben NEIN zu sagen und unbequem sein dürfen — und wenn ich die Väter unterstützend mit ins Boot holen kann.
Wenn das gelingt, dann ist die Geburt die Kirsche auf dem Sahnebaiser in Form eines Wunders, dem ich beiwohnen darf.
Erzähle uns von Situationen, in denen du dich nicht wohl gefühlt hast und warum das so war!
Unwohl fühle ich mich dann, wenn ich merke, dass Menschen mich als Konkurrenz empfinden und meine Arbeit schlecht machen.
Der schlimmste Moment bei einer Geburt war die Vergewaltigung einer Frau bei der Geburt — ich kann es leider nicht anders nennen. Danach war ich traumatisierte und musste professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Ein weiterer stark negativ nachwirkender Moment war ein Round Table mit Hebammen einer Klinik, wovon eine der anwesenden extrem aggressiv und destruktiv war. Wir, drei Doulas, gingen damals sehr geschockt aus diesem Treffen. Das Gute daran: wir haben es durch diesen Round table geschafft, dass Doulas nun auch in diese Klinik dürfen – das war die Mühsal somit wert.
Nenne uns ein paar Eigenschaften, die nötig sind, um deinen Beruf gut auszuführen!
- Physische und Psychische Gesundheit
- ein gutes Netzwerk
- Demut und Hingabe
- Wissen, unbedingt viel Wissen in jede Richtung: medizinisch, psychologisch, in Bezug auf Selbstfürsorge, Vielfalt an Techniken
- rechtliches und organisatorisches Know how,
- Liebe, Geduld und Vertrauen.
Wie wünschst du dir deine Rolle bei Geburten und was kannst du davon im Normalfall umsetzen?
Im Grunde wünsche ich mir nichts mehr, als dass die Frau in ihre ureigene Kraft kommt. Wenn ich sie dabei unterstützen kann, womit auch immer, bin ich da.
Welche strukturellen Verbesserungen wünschst du dir für deinen Beruf?
Gesellschaftliche Anerkennung, Kooperation auf Augenhöhe mit medizinischem Personal, Zusammenschlüsse unter Doulas für Backup’s und Einhaltung von maximalen Arbeitsstunden.
Mehr Anerkennung durch Krankenkassen hinsichtlich der positiven Auswirkungen durch die sich die Kassen viel Geld sparen und damit die Eltern mehr unterstützen könnten.
Welches Vorurteil über deinen Beruf würdest du gerne aus der Welt schaffen?
Esoterische Schwesternschaft die Mauern im Kreissaal bildet.
Wenn du mit einem Fingerschnipsen eine Sache in der deutschen Geburtshilfe und Geburtsmedizin ändern könntest, was wäre das?
Für die Hebammen, wie alle Menschen im Pflegebereich, würde ich mir weniger Schreibkram wünschen und 50% Arbeitszeit für 100% Lohn.
Zudem würde ich mir wünschen, dass es verpflichtend wird, Geburtsberichte deutlich zu schreiben und diese als Standard den Frauen ausgehändigt werden.
Kristellern sollte unter Strafe gesetzt werden.
Kliniken sollten nicht nur hinsichtlich der Kaiserschnittraten, sondern auch bzgl. VE [Vakuum-Extraktion, also Saugglockengeburt] und Zange sowie Dammschnitten kontrolliert werden und es auch hier eine Senkung geben.
Ansonsten und lieber setze ich den Hebel bei jeder einzelnen Frau an, siehe die schönsten Seiten des Berufs.
Ich bedanke mich für das Interview mit Doula Sylvia!
Du erreichst sie hier: info@die-bauchflüsterinnen.de
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