Am heutigen Montag gibt es mal wieder einen Beitrag zu Feminismus, der nicht viel mit Geburten zu tun hat (okay, um sehr viel Ecken vielleicht). Ich stelle euch das Buch „Not your business, babe“ von Verena Bogner vor.
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Um denjenigen gerecht zu werden, die sich mit den Worten „Frau“ oder „Mutter“ nicht identifizieren können, obwohl in ihrer Geburtsurkunde „weiblich“ steht, habe ich mich dazu entschlossen, in meinen eigenen Beiträgen „Mutter“ und „Frau“ jeweils mit dem Inklusionssternchen zu versehen. Ihr werdet also Frau* oder Mutter* lesen (falls der Text von mir kommt und nicht von anderen Menschen). Geschlechtergerechte und inklusive Sprache ist mir ein Herzensthema, allerdings ist (meine persönliche und die gesellschaftliche) Entwicklung dazu noch lange nicht abgeschlossen. Mal sehen, wie ich es in Zukunft angehe. Mehr zum Thema liest du unter anderem hier: Sollte ein Geburtsblog geschlechtsneutral sein, Gebären wie eine Feministin und Sex, Gender, Geburten und die deutsche Sprache.
Not your business, babe!
“Not your business, babe” heißt das Buch von Verena Bogner. Im Untertitel verspricht sie uns „alles, was du als Frau über die Arbeitswelt wissen musst“.
Obwohl sie diesem Anspruch nicht ganz gerecht wird (es gibt halt auch zu viel, was man über die Arbeitswelt wissen muss, als dass man es in ein einziges Buch packen könnte), empfehle ich das Buch gern weiter. Wie so häufig ist es allerdings so: Diejenigen, die so oder so schon die Vermutung haben, dass nicht alles rund läuft, fühlen sich mit diesem Buch bestätigt. Ob man hingegen diejenigen abholt, die bisher keinerlei Grund zur Veränderung gesehen haben, bleibt fraglich.
Gemeinsam statt Girlboss
Bogner zeichnet im Buch ihren eigenen Weg nach, der sie vom Girlboss-Feminismus weggebracht hat zu der Erkenntnis, dass wir „anstelle von machtgeilen, gewinnorientierten, egoistischen Frauen“ (die sich also dem kapitalistischen System wie wir es kennen angepasst haben und ihren Erfolg meist auf dem Rücken – nicht den Schultern – anderer Frauen austragen) vielmehr Frauen brauchen, die die Felsbrocken, die Frauen in der Lohnarbeit in den Weg gelegt werden, „gemeinsam aus dem Weg räumen und nicht als Einzelkämpfer*innen, dich sich aus Unwissenheit nicht um die Menschen in ihrem Umwelt scheren.“ (S. 184 f.)
Auch in diesem Jahr gibt es einen Geburtsgeschichten-Adventskalender und ein paar Adventsverlosungen. Sei dabei!
Leuchttürme zeigen keinen Wandel in der strukturellen Benachteiligung
Und genau das ist für mich eine der stärksten Aussagen in diesem Buch: Heute werden einzelne Beispiele von erfolgreichen Frauen häufig als Argument genutzt, man müsse ja nichts mehr machen. Frauen seien ja schon voll gleichberechtigt. Dabei sind sie es aus mehreren Gründen nicht.
Zum einen zeigt Bogner, dass erfolgreiche Frauen sich die Prinzipien des männlich dominierten Kapitalismus oft zu eigen machen müssen – und damit eben auch andere Frauen ausnutzen. Zum anderen macht sie darauf aufmerksam, dass es dann häufig pro Branche nur eine einzige wirklich erfolgreiche Frau geben kann. Sobald zwei Frauen erfolgreich sind, wird von außen sofort argumentiert, dass die beiden ja nun gegeneinanderstehen und sich gegenseitig bekriegen müssten, damit klar ist, wer die alleinige Königin der Branche ist. Stellt euch so ein Verhalten bei Männern vor. Nein, Steve Jobs konnte nicht erfolgreich sein so lange Bill Gates erfolgreich war. Michael Schumacher musste sofort zurücktreten, als Mika Häkkinen die Formel 1 gewann. Olav Scholz muss sofort alle Männer aus seinem Kabinett entfernen, um klarzumachen, dass er der Bundeskanzler ist. Klingt Bullshit? Ist es bei Männern auch. Bei Frauen dagegen lesen wir schnell Überschriften von „Zickenkrieg“ oder „Krone abjagen“…
Denn es ist okay, wenn wenige Frauen erfolgreich sind, aber doch bitte nicht zu viele.
Frauennetzwerke
Auf einen Punkt möchte ich noch besonders eingehen, nämlich Frauennetzwerke. Grundsätzlich sieht Bogner diese Netzwerke als Möglichkeit, sich Unterstützung, Wissen und Motivation zu holen:
Ganz sicher tragen Frauennetzwerke und Women-Only-Spaces zum Empowerment von Frauen bei und zeigen uns, Vorbilder aus dem realen Leben, die uns inspirieren und Mut machen können.
S. 121
Doch es folgt ein großes Aber. Und dieses Aber ist aus meiner Sicht nicht zu unterschätzen:
Durch die Schaffung dieser besonderen Netzwerke wird nämlich die Verantwortung für die Veränderung der Arbeitswelt wieder bei den Frauen abgeladen. Wir sollen uns doch einfach den Raum nehmen, der uns zusteht.
Bogners Sicht ist in diesem Fall eher auf Arbeitnehmer*innen ausgelegt statt auf Selbstständige, letztendlich gilt aber für Netzwerke von Selbstständigen genau dasselbe: Entweder spielt man nach den Regeln der lang eingesessenen (geschlechtsoffenen und faktisch fast immer männlich dominierten) Netzwerke, oder man findet sich in reinen Frauennetzwerken wieder. Diese sind, wie gesagt, nicht grundsätzlich schlecht. Nur ändern sie halt nichts daran, wie die anderen Netzwerke funktionieren.
Exkurs: Meine Netzwerke
(bitte zum Lesen aufklappen)
Drei Netzwerke kann ich euch an dieser Stelle nicht verheimlichen: Zum einen mein lokales Unternehmerinnen-Netzwerk in Oberhavel und zum anderen das online-Netzwerk Mompreneurs*, das sich an selbstständige Mütter richtet. Ich freue mich auch sehr auf Monis Club der Selbstständigen mit kleinen Kindern, den sie demnächst eröffnen will. Wenn du auf die Warteliste willst, melde dich hier an.
Im Endeffekt, so Bogner, zementieren diese Netzwerke deshalb die Unterschiede, wie Männer und Frauen netzwerken:
„Sie bekämpfen möglicherweise das eine oder andere Symptom [gläserne Decke, ungleiche Bezahlung, Teilzeit-Gap…; meine Anmerkung], stürzen jedoch wohl kaum das Patriarchat, das längst nach einer Generalsanierung schreit.“
(Seite 124)
Und genau das ist es, worauf Bogner letztendlich hinauswill: Der Kapitalismus als Säule des Patriarchats (was nicht heißen soll, dass der Sozialismus nicht auch ein Patriarchat gewesen wäre), so wie wir ihn leben, ist auf Ausbeutung jeder einzelnen Person ausgerichtet. Wir müssen irgendwie in ihm überleben, müssen Geld verdienen, und wollen dabei nicht gegenüber Männern benachteiligt werden. Aber zeitgleich stützen wir irgendwie auch das System dadurch – und das, obwohl uns nun mittlerweile allen klar sein sollte, dass der Kapitalismus allein die Probleme von heute kaum lösen kann. Und aus meiner Sicht können auch die patriarchalen Strukturen weg.
Bogner weiß, in welcher Zwickmühle wir uns hier bewegen, und hat auch keine einfache Lösung dafür. Aber sie macht uns Mut, dass wir zumindest bei diesen Strugglen nicht allein sind. Und dass jeder kleine Schritt ein weiterer guter Schritt ist.
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Katharina Tolle
Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Katharina und betreibe seit Januar 2018 diesen Blog zu den Themen Geburtskultur, selbstbestimmte Geburten, Geburtsvorbereitung und Feminismus.
Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.
Außerdem setze ich mich für eine selbstbestimmte und frauen*-zentrierte Geburtskultur ein. Wenn du Kontakt zu mir aufnehmen möchtest, schreib mir gern!