(Diesen Beitrag habe ich am 8.11. ergänzt. Nadine war ein drittes Mal schwanger.)
Nadine schreibt auf ihrer Website „Mama ohne Kind“ von ihren drei Geburten. Mit Luis war sie 16 Wochen schwanger, mit Robin 20 Wochen. Dann folgte Filip. Die Einleitung wurde bei ihm in der 20. Schwangerschaftswoche durchgeführt. Alle drei Kinder wurden geboren; bei allen dreien stand vorher fest, dass sie nicht lebensfähig sein würden.
Nadines Geschichten haben mich zu Tränen gerührt. Darüber zu schreiben, offen damit umzugehen, finde ich sehr stark von ihr. Ich wünschte, ich könnte etwas für sie tun. Ich weiß, dass ich das nicht kann. Nadine und ihr Mann Micha haben eine genetische Mutation, die dazu führt, dass ein gemeinsames Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% nicht lebensfähig ist.
Drei Mal haben diese 25% nun zugeschlagen. Drei Mal freuten sich die beiden, hofften, bangten. Und drei Mal kam die Nachricht, dass die Kinder nicht lebensfähig sein würden.
Nadine ging durch drei Geburten. Im Krankenhaus hatte sie Wehen, gebar ein Kind, und musste ohne Kind das Krankenhaus wieder verlassen. Ich kann an ihrem persönlichen Schicksal Anteil nehmen; ich kann daran nichts ändern. Das weiß Nadine genauso gut wie ich.
Trotzdem schreibe ich diesen Beitrag, und zwar, weil ich davon überzeugt bin, dass Nadine trotz allem würdevolle Geburten verdient gehabt hätte.
Wenn vor der Geburt feststeht, dass das Kind nicht überlebt
Von Robins Geburt erzählt Nadine nicht viel. Nur, dass es lange dauerte und anstrengend war. Robin lebte ein paar Stunden nach seiner Geburt; Nadine schreibt über diese Zeit.
Von Luis‘ Geburt schreibt Nadine ausführlicher. Auch bei dieser Geschichte habe ich geweint. Und gleichzeitig regte sich in mir eine Wut, dass Nadine die Geburt als einen Moment zum Wegwerfen erleben musste. Sie hatte das Gefühl, dass die „betreuende“ Ärztin Robin eher entsorgte als umsorgte — zum Beispiel riss sie die Nabelschnur einfach durch. Nadine hatte keine Hebamme an ihrer Seite. Ihre Mutter und ein Geistlicher unterstützten sie.
Ich bin zutiefst schockiert. Eine Frau, die ein Kind zur Welt bringt, und dieses Kind liebt, will eine liebevolle Umgebung; sie will Menschen, die sie und ihre Gefühle annehmen. Sie will sich nicht als notwendiges Übel fühlen.
Natürlich ist das Krankenhauspersonal lieber bei der Geburt gesunder Kinder dabei statt bei Fehl- und Totgeburten. Trotzdem: Nadine hätte besseres verdient gehabt. Schwierig genug ist ihre Situation auch schon ohne kaltherziges Personal.
Über Filips Geburt hat Nadine bezüglich ihrer Vorbereitungen geschrieben. Und dass sie kaum Zeit hatte, sich zu verabschieden. Und sie schreibt über die Nächte danach, in denen sie wach liegt.
Ich wünsche Nadine von Herzen alles Gute für die Zukunft, dass ihre Engel Luis, Robin und Filip auf sie und ihre Familie aufpassen — und dass in unserer Gesellschaft Platz ist für Liebe und Geborgenheit, wenn wir sie am meisten brauchen. Auch für eine Mama ohne Kind.
Das lebende Baby
Nadine brachte 2021 ihr lebendes Baby zur Welt. Die Geburt wurde ein Kaiserschnitt mit Spinalanästhesie.
Und obwohl Nadine eine glückliche Mutter ist, merkt sie jetzt erst, wie sehr sie ihre drei ersten Geburtserfahrungen belasten:
Bevor Baby da war, wusste ich gar nicht, wie traumatisiert ich von meinen drei Sternenkindern bin. Ich dachte immer, ich komme gut klar. Seit Baby aber da ist, ist es doch schwerer mit den Verlusten umzugehen, als ich dachte. Ich dachte mit einem „gesunden“ Baby ist alles gut und „vergessen“.
Nadine über die Verarbeitung der Geburten ihrer Sternenkinder
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