Rund um das Veröffentlichungsdatum dieses Beitrags liegt mein Geburtstag.
Juhu. Wieder ein Jahr älter. Wieder ein Jahr, in dem ich leben, lieben und wachsen durfte. Ein Jahr mit meiner Familie, mit Freund*innen und natürlich mit euch. Und wie jedes Jahr stellt sich auch in diesem Jahr rund um meinen Geburtstag die Frage: Wie bin ich eigentlich zur Welt gekommen?
Wie ich geboren wurde: Die Fakten
Ich weiß, dass ich das erste Kind meiner Eltern bin. Meine Mutter war Mitte 20; ich war ein Wunschkind. Die Schwangerschaft verlief, so weit ich weiß, problemlos. Meine Mutter ging zu den damals üblichen Vorsorgeuntersuchungen zu ihrem Frauenarzt in der Heimatstadt.
Ich kam an einem Arbeitstag zur Welt. Mein Vater war arbeiten. Meine Mutter machte sich auf den Weg in das städtische Krankenhaus.
Gegen Mittag kam ich zur Welt.
Es war eine vaginale Geburt, bei der der Arzt nur einmal auftauchte, um den Dammschnitt vorzunehmen.
Nach der Geburt wurde ich, wie damals üblich, in den Neugeborenensaal gebracht. Als mein Vater meine Mutter später besuchte, sagte sie zu ihm: Na, dann geh mal deine Tochter anschauen.
Mein Vater übernahm später die Anmeldung beim Standesamt. Vorher hatten sie sich auf einen Namen geeignet, allerdings entschied mein Vater erst im Standesamt, den Wunsch meiner Mutter zu erfüllen und keinen zweiten Vornamen zu vergeben.
Meine Mutter blieb ein paar Tage und Nächte im Krankenhaus und wurde dann mit mir entlassen.
Sie stillte mich ein paar Monate, bevor sie wegen Milchmangels zufütterte.
Auch in diesem Jahr gibt es einen Geburtsgeschichten-Adventskalender und ein paar Adventsverlosungen. Sei dabei!
Wie ich zur Welt kam: zwischen den Zeilen
Wenn es gerade mal reinpasst, frage ich nach, wie ich zur Welt kam. Das Gespräch mit der eigenen Mutter zu suchen, ist zwar manchmal nicht leicht, aber lohnt sich durchaus.
Doch viel bekomme ich aus meiner Mama nicht raus.
Ich glaube, die Geburt war für sie Mittel zum Zweck. Und das ist durchaus okay so.
Manchmal höre ich Stolz heraus, wenn sie erzählt, dass meine Geburt eigentlich „ganz normal“ gewesen sei. „Ganz normal“, das heißt: sie brauchte nichts, was nicht Standard gewesen wäre.
Und dann frage ich mich: Was war denn damals Standard? Den Dammschnitt als Routine-Maßnahme hat sie selber erwähnt. Ob sie alleine in einem Kreißsaal war oder mit anderen Frauen, weiß ich nicht. (Auf der Wochenbettstation gab es Mehrbettzimmer; mit den Frauen, die dort zusammen lagen, hat sie heute noch Kontakt.)
Ob ein Zugang gelegt wurde, sie prophylaktische Wehenmittel bekam oder ob sie sich im Raum bewegen konnte, weiß ich nicht.
Was beim Milchmangel Ursache und was Wirkung war, kann ich ebenfalls nicht feststellen. Allerdings erzählte sie mir mal, bei meinem jüngeren Bruder habe sie „mit dem Quatsch gar nicht erst angefangen“.
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Meine Geburt war normal – und Mamas Realität
Als ich schwanger wurde, war klar: Meine Mutter wohnte zu weit weg, um mich bei der Geburt unterstützen zu können. Telefoniert haben wir dennoch viel. Und natürlich erzählte ich von meinen Hausgeburtsplänen.
Sie riet mir davon ab — nicht aus medizinischer Sicht, sondern weil sie es unklug fand, nach der Hausgeburt ohne Unterstützung direkt zu Hause zu sein. Ich erklärte, dass sowohl die Hebammenbetreuung im Wochenbett gesichert sei als auch mein Partner direkt Elternzeit nehmen würde.
Und während ich erklärte, merkte ich: Sie sah meine Schwangerschaft selbstverständlich durch die Brille ihrer eigenen Erfahrungen.
Ihre Erfahrung mit meiner Geburt wiederum und der Geburt meines Bruders sieht sie im Kontext der damaligen Zeit. Was damals als Standard galt, war für sie ohne Wenn und Aber das, was sie wollte.
Dammschnitt, Milchpulver, Säuglingszimmer. Standard halt.
Dass diese Vorgehensweisen nicht immer im besten Sinne für die Gebärende waren, ist heute fast überall anerkannt. Nicht umsonst möchten Krankenhäuser das Label „stillfreundlich“, der Damm wird mit Massagen auf die Geburt vorbereitet und wenn das Baby gesund ist, bleibt es bei seiner Mutter.
Gespräche mit Frauen, deren Geburten zu anderen Zeiten, an anderen Orten oder unter anderen Umständen stattfanden, zeigen mir immer wieder eines:
Gesellschaft beeinflusst, was wir als normal empfinden.
Was gesellschaftlich anerkannt ist, wird wesentlich weniger in Frage gestellt als Abweichungen. Dabei ist egal, ob die Abweichung persönlich begründet oder medizinisch notwendig ist. Wir gleichen das Verhalten mit unseren Erwartungen ab und wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, sind wir sofort ungleich skeptischer.
Genau aus diesem Grund ist es so wichtig, dass wir die Geburtskultur nicht einfach akzeptieren. „Das haben wir schon immer so gemacht“ ist kein Grund, sondern nur die Einleitung für Fragen:
- Warum haben wir das in der Vergangenheit so gemacht?
- Wie hat sich das ausgewirkt?
- In welchen Fällen waren wir mit dem Ergebnis zufrieden und ich welchen Fällen nicht?
- Welche Gruppen profitieren davon und welche nicht?
- Was ist unser Wunschergebnis?
Aus meiner Sicht sind all diese Fragen am besten zu beantworten, wenn wir die gebärende Frau in den Mittelpunkt der Diskussion rücken und alle anderen Systeme (Krankenhäuser, Geburtsvorbereitung, Wochenbetthilfe, Vaterschaftsfreistellung) unter ihrem Blickwinkel betrachten.
Genau darum geht es übrigens auch in meinem E-Book, das demnächst erstmals auf deutsch erscheint: Das Manifest für eine selbstbestimmte, gebärendenzentrierte Geburtskultur.
Es wird vermutlich im April erscheinen; vorbestellen kannst du es jetzt schon hier – und zwar zum Sonderpreis, weil es als Vorabversion noch nicht der Buchpreisbindung unterliegt. Außerdem verlose ich unter allen Vorbestellungen noch zwei Exemplare des Büchleins Mit Mama zur Geburt.
Happy birthday to me
Und herzlichen Glückwunsch an meine Mutter, die mich vor mehr als drei Jahrzehnten zur Welt gebracht hat — und die mir vor allem eines mitgab: Die Antwort ist immer Liebe.
Danke, Mama.
Liebe Katharina,
Alles erdenklich Gute zum Geburtstag. Danke, dass du deine eigene Geschichte und die deiner Mama mit uns teilst. Ganz lange wusste ich von meiner Mama nur, dass meine Geburt sehr anstrengend und traumatisch war. Erst als ich selbst mit dem ersten Kind schwanger war, erfuhr ich einiges mehr von ihr, z.B. dass meine Geburt eingeleitet wurde, aus mir immer noch schleierhaften Gründen. Ich habe auch nicht alles herausbekommen. Aber es tat und tut gut, dass ich nun ein paar Hintergründe weiß.
Alles Liebe