Der Beckenboden vor und nach Geburten — Eine Physiotherapeutin packt aus

Heute stelle ich dir Margit und ihre Arbeit vor. Margit ist ausgebildete Physiotherapeutin und hat sich auf den Beckenboden spezialisiert — und zwar besonders auf den weiblichen Beckenboden. Sie hilft in ihrer Arbeit Frauen, die direkten und die Spätfolgen von Überlastung während der Schwangerschaft, Geburt und Babyzeit in den Griff zu bekommen.

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Stell dich doch bitte kurz vor

Hallo, ich bin Margit. Frau und Ehefrau, 2-fach Mama, Physiotherapeutin mit dem Spezialgebiet Beckenboden und Onlineunternehmerin.

Aus all diesen Faktoren (oder Zuständen, hehe) setzt sich meine Arbeit zusammen. Zum einem begleite ich Frauen in einem speziellen Programm nach der Geburt, welche vermeintlich keine Probleme am Beckenboden haben.

Zum anderen unterstütze ich Frauen, die definitiv und spürbar Probleme am Beckenboden oder Blase haben. In meinen 4-monatigen Begleitungen schaffen wir die Probleme wieder aus der Welt bzw. bringe ich sie mindestens soweit, dass sie den Alltag ohne Hürden und unangenehmen Gefühlen bewältigen können.

Wann hast du deinen Beckenboden bewusst das erste Mal wahrgenommen?

Schon als Kind beziehungsweise in meiner Jugend konnte ich „da unten“ etwas anspannen, was man von außen nicht sehen konnte. Das musste der Beckenboden sein, dachte ich. In meiner Ausbildung wurde dies dann bestätigt. Was das aber genau ist, war mir noch immer nicht ganz klar. Ich dachte nur, cool, dass ich das kann, da bin ich doch bestens für eine Geburt vorbereitet, da kann mir nichts passieren!

(Was für ein Irrglaube…)

Richtig in Kontakt mit dem Beckenboden gekommen bin ich erst nach meinen eigenen Geburten. Und mit richtig meine ich, dass ich mit dem Finger eine Anspannung (oder eben auch keine) spürte.

Was war das für eine Ausbildung?

Die Ausbildung zur Physiotherapeutin.

Wie liefen denn deine Geburten ab? Und wie fühlte sich der Beckenboden danach jeweils an?

Meine Geburten waren sehr unterschiedlich, traumatisierend und doch irgendwie schön.

Im Mai 2018 habe ich meinen Großen geboren. Ich hatte eine Beckenendlage in der Schwangerschaft. Ich habe natürlich alles versucht: Akupunktur, Moxen, Umkehrhaltungen. Ich wollte auf keinen Fall einen Kaiserschnitt. Aber ohne Erfolg.

Daher hatte ich in der 37. Woche eine äußere Wendung, die super verlief. Ich war sehr zuversichtlich, dass jetzt alles super laufen muss. 2 Wochen später setzten die Wehen ein. Aber nach 48 Stunden Wehen und voll erschöpft hatte ich einen Kaiserschnitt.

Mit dem Beckenboden hatte ich folglich kein Problem.

Dafür müsste ich mit dem Gedanken, „versagt“ zu haben, oder die Geburt nicht selbst geschafft zu haben, kämpfen. Hätte ich doch nur im Vorfeld den Gedanken des Kaiserschnittes einfach Mal in meinen Kopf geholt und mir gesagt, dass man auch mit Kaiserschnitt einen Geburt hat und es voll OK ist. Man ist deshalb nicht schlechter oder besser.

Wie gesagt, mein Beckenboden war tippitoppi und ich konnte mir nicht vorstellen, wie sich ein Problem am Beckenboden anfühlen sollte.

Bis….

Ich 2020 mein Tochter zur Welt gebracht habe. Vaginale, schnelle Geburt. Ich war so stolz auf mich, es geschafft zu haben. Leider hat mir gleich im Anschluss die Ärztin gesagt, dass ich einen hohen Scheidenriss erlitten hätte und gleich in den OP musste.

Es war der Horror! Schon beim Nähen hatte ich das Gefühl, alles kommt „unten raus“. Und dem war auch so. Als ich das erste Mal aufgestanden war, ist mir meine Blase tennisballgroß aus der Scheide gerutscht.

Ich musste nur weinen. Monatelang….

Dazu kam, dass gerade Corona-Hochkonjunktur war und ich im Krankenhaus keine Hilfe bekam. Mein Mann durfte genau ein Mal am Tag 15 Minuten zu mir ins Zimmer. Was kann man einer Frau noch antun!

Aber ja so unterschiedlich können Geburten sein.

Ich weiß nicht was also besser ist, Kaiserschnitt oder vaginale Geburt.

Daher kann auch eine Rückbildung oder eine Begleitung nie nach Schema F ablaufen. Jede Mama bringt ihre eigene Story mit.


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Wie ging es bei dir weiter? Bekamst du Hilfe? Hast du alles allein geschafft? 

Um ehrlich zu sein: Es ging mir wirklich schlecht. Ich wusste, daran stirbt man nicht, aber das Gefühl war so grässlich, dass ich sehr oft geweint habe. Meine Hoffnung war einfach, dass das irgendwann wieder besser werden würde. Es war wirklich schlimm, weil mir alle, mit denen ich gesprochen habe, sagten, dass sie das nicht so kannten und sie mir nicht weiterhelfen könnten. Sogar mein Frauenarzt meinte: „Für eine operative Versorgung bist du noch zu jung. Das ist halt jetzt so!“

Ich bin 34 Jahre alt! Da ist die Aussage „Das ist halt jetzt so“ ein einziger Scherz.

Also auch keine Unterstützung von ärztlicher Seite…

Erst Monate nach meiner Geburt, da war mein Kind schon fast ein Jahr alt, habe ich bemerkt: Das wird von alleine nicht mehr. Ich hab mich auf die Suche nach Hilfe gemacht.

Eine erfahrende Physiotherapeutin, jetzt eine liebe und sehr wertgeschätzte Kollegin, hat mir dann den Tipp eines Würfelpessars gegeben. Das habe ich mir dann auf eigene Faust besorgt und das hat mir dann Abhilfe verschafft. (Weitere Infos zum Pessar erhältst du zum Beispiel hier.)

Ein Würfelpessar ist aus Silikon und stützt quasi die Organe. Wenn ich es getragen habe, hatte ich zumindest das Gefühl nicht mehr, dass unten alles raus fällt. Sooo wertvoll für die Psyche! Ich sehe es wie die Verwendung einer Brille. Wenn jemand nicht gut sieht, muss er auch Brille tragen und ich brauchte eben Hilfe am Beckenboden.

Es ist so einfach, aber warum bekommt man diesen Tipp schon nicht früher? Warum muss man ein Jahr wirklich so leiden?

Jetzt, 2 ½ Jahre später, merke ich meinen Beckenboden kaum mehr. Es sei denn, ich habe einen starken Tag, bin kurz vor meiner Periode und viel auf den Beinen. Dann aber schnapp ich mir wieder den Würfelpessar und voila: Kein Druckgefühl mehr nach unten.

Natürlich ist das Tragen des Pessars sehr verlockend, um nicht mehr so konsequent zu üben. Aber sobald das Gefühl wieder kommt, erinnert es mich an meine Übungen! Also: ohne Üben geht’s auch nicht.

Im Allgemeinen ist es viiiiiel besser geworden bis auf ein paar wenige Ausreißer. Vor allem auch psychisch geht es mir so viel besser!

Magst du eine oder zwei der Geschichten erzählen, die andere Frauen zu dir mitbringen?

Oh, es gibt so viele verschiedene Geschichten, mit denen Frauen zu mir kommen.

Es kommt ganz darauf an, wie die Geburt war: Gab es Verletzungen, Narben…

Sie klagen oft über Schmerzen am Beckenboden, dem Scheideneingang oder an der Narbe.

Sie klagen teilweise über Schmerzen beim Sex, da kannst du dir vorstellen, dass das nicht nur körperliche Auswirkungen hat. In meiner Begleitung mit den Mamas sind wir auch in Kontakt mit einer Sexualpädagogin und daher können wir sie auch hinsichtlich Sexualität richtig führen. Denn Sex darf NIE weh tun oder MUSS passieren.

Andere Frauen kommen wiederum erst Jahre nach deren Geburten und klagen über eine Belastungsinkontinenz. Hier bedarf es einer sehr genauen Anamnese.

Und dann ist da natürlich noch der Flatus vaginalis – der unwillkürliche Luftaustritt aus der Scheide. Der ist den Frauen oft super unangenehm, aber mit der richtigen Behandlung ist das in einem Jahr auch Geschichte.

Rectusdiastase, also ein Bauchloch, ist ebenso Thema. Wer will schon mit einem Bauch wie im 4. Monat umherlaufen. Dies ist ebenfalls gut in den Griff zu bekommen.

Du sprachst vorhin von Übungen, die du machst. Gibt es Übungen, die für jede Frau geeignet sind, oder muss das jeweils individuell angepasst werden? Und kann man auch schon etwas vorbeugend tun?

Also es gibt schon grundlegende Übungen, die jede Frau beachten muss, zum Beispiel, schon mal in die richtige Aufrichtung kommen (was gar nicht so einfach ist, wenn man ein Baby durch die Gegend tragen muss).

Außerdem sollte muss jede Frau die einzelnen Schichten des Beckenbodens kennen lernen. Und dann wird’s heiß, denn dann schauen wir: Wo liegt das Problem genau? Und dann kommen die spezifischen Übungen.

In meinem Programm lernen die Frauen auch, den Finger in die Scheide einzuführen und selbst zu tasten, wie lange und wie oft sie eine Kontraktion (also eine Anspannung am Beckenboden) halten können. Daraus erschließt sich dann auch das Trainingsprogramm.

Es ist irrsinnig, wenn in einer Gruppe alle das selbe machen. Eine Frau kann ihren Beckenboden vielleicht nur zwei Sekunden anspannen, die andere zehn Sekunden. Und genau die Präzision macht den Unterschied.

Außerdem ist es meine Absicht, dass die Frauen etwas fürs Leben lernen. Sie sollten zu jedem Zeitpunkt (auch Jahre nach meiner Begleitung) in der Lage sein, ihren Beckenboden zu evaluieren und einen persönlichen Trainingsplan für sich selbst zu „schreiben“.

Jetzt zu deiner Frage, ob man vorbeugend etwas tun kann:

Klar, man kann schon mal versuchen, den Ist-Zustand zu evaluieren und genau beobachten, wie sich der Beckenboden in den verschiedenen Situationen verhält. Ein planloses „Liftfahren“ geht halt dann auch oft ins Leere. Bedenke immer: Was soll das Ziel sein!

Eine gute Aufrichtung und Körperhaltung ist natürlich von Vorteil.

Ist ein trainierter Beckenboden (z.B. bei Leistungssportlerinnen) eigentlich schädlich für die Geburt?

Bei sehr gut trainierten Beckenboden (zum Beispiel bei Reiterinnen oder Läuferinnen) muss gut mit Entspannung vor der Geburt gearbeitet werden. Dammmassage ist gut, es gibt aber studientechnisch keinen Beweis, dass es zu weniger Geburtsverletzungen kommt. Auch das Epino ist nicht empfehlenswert.

Gibt es einen Unterschied zwischen dem männlichen und dem weiblichen Beckenboden?

Ja es gibt schon Unterschiede! Der Größte ist schon mal, dass Frauen drei Öffnungen haben und Männer nur eine. Das ist schon der erste Stabilitätsunterschied.

Pro Geburt wird die innerste Schicht des weiblichen Beckenboden dünner und der weibliche Beckenboden unterliegt mehr Hormonschwankungen als der männliche.

Also ja da gibt’s bei genauere Betrachtung sehr viele Unterschiede!

Foto: Otto Norin

Gibt es in Österreich oder Deutschland spezielle Fortbildungen in der Physiotherapie mit Schwerpunkt auf dem Beckenboden? Gibt es vielleicht sogar eine Zertifizierung?

Ja in Österreich gibt es einiges über unsere Berufsverbände, wie man sich auf Beckenboden spezialisieren kann. Auch mit Zertifikaten. Da habe ich einiges gemacht.

Wie können Frauen, die sich lieber vor Ort eine Begleitung wünschen, eine*n passenden Physio finden?

Wenn sich Frauen bei mir melden, die vor Ort jemanden zur Unterstützung brauchen, finden wir über Netzwerke finden für die Frauen örtlich passende Physios.

Kannst du bestimmte Trainingshilfen (zum Beispiel Kegel-Trainer) empfehlen oder sind die eher schädlich?

Das Problem bei diesen Geräten ist oft, dass die Frauen zu viel anspannen und dann oft in einen hypertonen, also einen überspannten, Beckenboden kommen, was wieder nicht sehr förderlich ist.

Und wie erreichen dich die Frauen, die mit dir arbeiten wollen?

Über www.margit-haag.at oder bei Instagram über @margit.haag.physio.for.moms

Einfach ins Formular eintragen und wir machen zuerst ein kostenloses Gespräch um zu sehen, wo die Frau steht, was ihre Situation ist, ob und was ich für sie tun kann. Dann können wir starten.

5 Gedanken zu „Der Beckenboden vor und nach Geburten — Eine Physiotherapeutin packt aus“

  1. Bei mir ist bei einem schweren Unfall mein Becken gebrochen, Sitzbeine vorn und hinten rechts und Kreuzbein
    Außerdem ist mein Becken-bodenmuskel gerissen. Haben hier Übungen überhaupt noch Sinn? Ich kann den Urin noch halten. Ich bin 64 Jahre

    Antworten
    • Hallo Helga.
      Ich denke hier ist eher die Frage nach der Alternative? Was ist wenn du nicht trainierst? Trainierst du nicht, kann’s nicht besser werden. Mit Training gibt es immerhin die Chance auf Besserung! Interessant wäre ob dein Beckenboden jetzt überhaupt eine Funktion hat und was bei diesen Unfall genau in deinem Becken und deren Muskulatur passiert ist.
      Gerne kannst du dich bei mir melden und wir schauen was wir für dich tun können! ??

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  2. In Deutschland gibt es sehr gutes differenziertes Beckenboden Training bei [Werbung gelöscht], dort ist online auch eine Therapeutenliste zu finden mit Physiotherapeutinnen, Hebammen, Fitnesstrainerinnen, die Ausbildungen mit unterschiedlichen Spezialisierungen gemacht haben.

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