Striezi: Stella das Sternenkind

Striezi erzählt von ihrem Sternenkind Stella: Eine frühe und aus medizinischer Sicht komplikationslose Fehlgeburt. Sie berichtet, dass ihre Gefühle von ihrer Umgebung nicht ernst genommen wurden. Sie trauerte deshalb still. Und entgegen ihrer Umgebung wird sie ihr erstes Baby nie vergessen.

Überraschung!

Kurz vor meinem 19.Geburtstag wurde ich schwanger. Oh, was für eine Überraschung! Ich war gerade mit der Schule fertig geworden. Wollte ein Praktikumsjahr machen, und dann das.

Es kam völlig unerwartet, und doch hüpfte mein Herz vor Glück, und mein Freund war genauso überrascht und begeistert. Ich hatte zwar „gerechnet“, aber mein Lebensrhythmus war nicht immer so regelmäßig, was meinem Frauenarzt nach der Grund war, warum es nicht ganz zuverlässig war. Ich solle in Zukunft die Pille nehmen. Aber dann hätte ich nicht diese wunderbare Überraschungsfreude gehabt.

Familienreaktionen und Umgeschmissene Pläne

Meine Familie reagierte entsetzt und die meines Freundes auch: So jung, beide noch in Ausbildung und ein Kind, das sei unverantwortlich. Nein, sagten wir, ein Geschenk des Himmels, unseren Lebensweg anzupassen. Es ist neues Leben!

Wir beschlossen im Herbst zu heiraten; ich meldete mich statt dem Praktikum (da sie mich schwanger nicht nehmen wollten, weil ich kein ganzes Jahr machen könnte) in einem Fernkurs an, um eine Fernkursausbildung zu machen. Später könnte ich immer noch weitersehen und eine bessere
Ausbildung machen.

Mein Freund krempelte seine Studienwünsche um und suchte eines, in dem er nebenher auch jobben könnte um Geld für die Familie zu verdienen.

Große Vorfreude

Die Wochen vergingen, ich fühlte körperlich nur ein ganz wenig morgendliche Übelkeit und große Müdigkeit, die sich aber bald legte. Seelisch fühlte ich eine tiefe Verbundenheit und Freude auf unser Baby. Ich war so jung und unvorbereitet, also las ich viele Bücher zum Thema Schwangerschaft und Geburt, Babypflege usw.

Ich fuhr mit meiner Mutter in Urlaub gegen Ende August. Ich lebte noch bei meiner Mutter damals. Im Herbst sollte ich mit meinem Freund zusammenziehen. Es war also mein letzter Urlaub als junges Mädchen, das zu Hause lebte. Zum Glück hatte sich meine Mutter vom Schock
meiner Schwangerschaft erholt und sagte nun nichts mehr.

Der Urlaub war schön, gemütlich, an einem See. Ich genoss die Ruhe und das Grün. Viel Trubel wollte ich nicht, da ich doch leicht müde
war; die Hormone spielten wohl ihr Spiel.

Schmerzen, Blut und Angst

Und plötzlich ging alles sehr schnell. Eines Nachts spürte ich ein starkes Ziehen im Bauch, viel stärker als gewohnte Regelblutungsschmerzen und die Bauchkrämpfe, und als ich aufs Klo ging, war da ein Blutklumpen.

Schock, es war ziemlich dick. Ich weckte meine Mutter um sie zu fragen, ob das normal sei. Nein, sei es nicht, aber kann auch unbedenklich sein, warten wir bis morgen früh ab. Ich schlief nicht mehr, hatte Angst um mein Baby.

Es kamen aber erst am Morgen weitere Blutklumpen heraus. Da sagte meine Mutter, „Fehlgeburt, los, wir fahren ins Krankenhaus“. Ich wollte es nicht wahrhaben, aber spürte es, sie hatte Recht, es löste sich. Ich verlor immer mehr Blut.

Krankenhaus: „Das ist ein Klumpen, kein Baby“

Im Krankenhaus musste ich zwei Stunden warten, bis mich ein Frauenarzt untersuchen konnte. Ich verlor weiterhin Ströme an Blut – so kam es mir zumindest vor. Ich weinte. Trauerte um mein Kind, hoffte aber noch auf ein Wunder.

Als mich der Frauenarzt untersuchte, sagte er trocken: „Zu spät, es ist fast alles draußen. Na, umso besser, wenigstens muss ich keine Curetage (also Ausschabung) machen, der Rest geht von selber raus.“ Ich fragte: „Ist mein Baby weg?“ Er sagte mir, „von wegen Baby; so klein ist das noch kein Baby, nur so ein Klumpen, der sich gelöst hat. Das passiert vielen Frauen, es lohnt sich nicht, darum zu weinen.“

Er fügte hinzu, nun sei ich nicht mehr schwanger und solle froh sein: Ich könnte nun wieder ein normales Leben für ein junges Mädchen führen und in die Disco gehen.

Mir war aber nicht nach Disco. Ich schluckte meine Tränen herunter und versuchte mir zu sagen: „Es passiert häufig, es war noch der Anfang der
Schwangerschaft, erst im zweiten Monat. Nichts Tragisches. Nein, nichts Tragisches. Aber ich trauerte im Stillen.

Stille Trauer

Ich trauerte im Stillen weiter, fühlte mich leer, von einem Teil von mir beraubt worden.

Und auch eine Versagerin, weil ich nicht fähig gewesen war, die Schwangerschaft fortzuführen. Meine Mutter sagte mir, sie hätte auch eine Fehlgeburt gehabt, aber viel später in der Schwangerschaft, mit Curetage usw., viel schlimmer, ich solle mich nicht so anstellen.

Ich rief meinen Freund an, der die 200 km fuhr, um mich abzuholen. Ich hatte keine Lust mehr auf Urlaub. Ich wollte mit ihm sein, und er merkte, ich brauchte jetzt seine Zuwendung.

Er war auch traurig, aber meinte, wir bekommen später bestimmt noch Kinder, es sollte wohl nicht sein.

Ursachenforschung

Ich spürte aber, doch, es hätte sein sollen, zumindest wollte ich das glauben. Aber irgendetwas war wohl nicht optimal. So fing ich an, ein wenig zu forschen und herum zu fragen. Ich erfuhr, dass solche natürliche Abbrüche oft deswegen stattfinden, weil das Kind nicht lebensfähig oder sonst stark
behindert gewesen wäre.

Ich dachte mir, ich hätte es auch behindert geliebt, aber für das Kind wäre es vielleicht ein zu schwieriges Leben gewesen. So versuchte ich, mich zu trösten.

Unverständnis aus dem Umfeld

Ich redete nach einer Weile nicht mehr darüber, weil es nicht verstanden wurde, wenn ich es verarbeiten wollte. Ich versuchte, es ganz in mir still zu machen. Ich sprach mit meinem Sternenkind und wünschte ihm gute Reise zurück.

Ich war noch lang traurig, und spüre auch heute noch eine Verbundenheit zu diesem ersten Kind. Nie habe ich es als „Klumpen“ betrachtet. Es ist mein erstes Kind, das nicht leben konnte. Wenn ich das auch nicht laut sage: In mir drin ist es mein erstes Kind.

Zweite Schwangerschaft

Ein halbes Jahr später wurde ich wieder völlig überraschenderweise schwanger, (seitdem habe ich nie mehr die Ausrechenmethode zur Verhütung genommen. Mein Zyklen sind zu unregelmäßig. Die Methode passt wohl nicht für mich), und wir freuten uns so sehr!

Für mich war es kein Ersatz für mein erstes Kind. Es war eine zweite Chance, ein zweites Kind. Ich spürte, diesmal klappt es. Und es hat geklappt, mein Sohn wurde gesund geboren. Er ist mein erstes Erdenkind. Es folgte später noch ein Sohn (diesmal musste ich lange versuchen, bis ich schwanger wurde, seltsam ist die Natur).

Der stille Platz im Herzen

So habe ich zwei gesunde Söhne, und ein Sternenkind, das weiterhin in meinem Herzen seinen stillen Platz hat. Und an das ich immer noch mit Liebe denke. Mein Mann dagegen gibt dem Sternenkind keine Realität. Für ihn ist es ein medizinisches Missgeschick, für mich ist es mein erstes Kind.

Heute sind meine Söhne 32 und 29 Jahre alt. Mein Sternenkind wäre 33 Jahre alt. Ich habe darüber nie mehr richtig gesprochen, aber es hat für mich noch immer einen Platz und seine Wichtigkeit in meinem Leben.

Als ich diesen Blog Ich Gebäre entdeckte, und von Sternenkindern las, dachte ich, es ist vielleicht an der Zeit, die Geschichte meines Sternenkindes aufzuschreiben, um ihm offiziell einen Platz in der Welt zu schaffen.

Mein liebes Sternenkind, ich hab dich lieb. Ich nenne dich Stella. Ab heute hast du auch einen Namen. Stella bedeutet Stern, ob du ein Junge oder ein Mädchen geworden wärest, weiß niemand, ist auch egal, du bist nun mein/meine Stella. Ich brauche dir nicht ein Geschlecht zu geben, du hast
deinen festen Platz in mir, und nun hast du auch einen Namen, 33 Jahre später, es wurde auch Zeit.

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