Willkommen zum 12. Tag des Geburtsgeschichten-Adventskalenders. Nora erzählt heute davon, wie ihr Sohn zu Hause im Wasser zur Welt kam. Der Pool war nämlich zum Glück doch noch gerade rechtzeitig gefüllt. Noras Baby hatte die Nabelschnur zweimal um sich gewickelt, atmete aber dennoch von Beginn an. Nora hatte wunderbare Hebammen an ihrer Seite — die sogar das Essen retteten!
20. November, 40+0. Errechneter Geburtstermin
Um ca. 08:00 stehen mein Freund M und unsere Tochter E auf, ich bleibe noch im Bett und darf mich ausschlafen. Um halb neun schreibe ich einer Freundin, dass wir nicht mit ins Spielzeugmuseum gehen, weil E verkühlt ist. Dann schlafe ich weiter.
Um zehn werde ich munter, weil ich das Gefühl hab, ganz dringend pinkeln zu müssen und so kann ich auf keinen Fall weiterschlafen. Also geh ich mal aufs Klo und ins Bad. In meinem Bauch zieht es, aber es ist ein anderes Ziehen als das der letzten 8 Wochen, es sind keine Übungswehen. Aber noch bin ich skeptisch, ob es Geburtswehen sind.
M steht in der Küche und kocht schon am Schweinsbraten, E spielt. Ich sage M, dass es heute eventuell soweit sein könnte. Inzwischen ist das Ziehen sehr intensiv und ich muss es veratmen.
Nebenbei putze ich die Katzenklos, staubsauge und verräume die Wäsche, es soll ja alles sauber sein, wenn der Kleine kommt, einen Kaffee gönne ich mir auch noch, zum Essen bin ich zu unruhig.
Um kurz vor elf will ich in die Badewanne gehen, aber E schafft es, meinen Laptop vom Tisch zu werfen, sodass er kurzzeitig nicht mehr geht. M wird sauer (er ist wieder sehr nervös) und wir beschließen, E kurz zu Oma zu bringen, die unter uns wohnt. Ich gehe baden, aber die Wehen hören nicht, wie ein paar Tage vorher, auf, sondern bleiben und ich veratme sie auf Händen und Knien.
M kommt ins Bad und fragt, wie es geht. Ich sage ihm, dass es ziemlich sicher soweit ist und er meint, ich soll die Hebammen anrufen. Außerdem sagt er, dass der Computer wieder geht. Ich bitte ihn, den Pool aufzupumpen. Dann rufe ich meine Hebamme an und sage ihr, dass ich glaube, dass es soweit ist. Sie fragt nach den Wehen. Ich antworte ihr, dass sie stark sind, alle paar Minuten kommen, aber nicht schön regelmäßig, und ich ordentlich veratmen muss. Dann sage ich noch, sie braucht sich nicht stressen, weil es der Kleine bestimmt nicht eilig hat.
Telefonate zum Geburtsbeginn
Als nächstes rufe ich meine Schwester L an und bitte sie, zu mir zu kommen, weil es wohl soweit ist. Ich steige aus der Wanne und ziehe mich wieder an. Die Wehen kommen oft und schneller, ich veratme sie im Wohnzimmer am Boden auf Knien und Händen, während M verzweifelt versucht, Wasser in den Pool zu bekommen. Den Adpater für die Badewanne macht er versehentlich kaputt und so muss er das warme Wasser im Garten wieder aufdrehen und mit dem Gartenschlauch den Pool füllen.
Ich ziehe zwischen den Wehen das Sofa aus und beziehe es mit einer wasserfesten Unterlage und einem Leintuch. Gegen den Durst und eventuelle Erschöpfung stelle ich mir ein Glas Cola bereit und veratme die Wehen auf dem Sofa weiter.
Schnelle Eröffnungsphase auf dem Sofa
Um 12:17 kommen endlich meine Hebammen Eva und Magda und meine Schwester L. Die Hebammen richten sich ein und meine Schwester hilft M dabei, auf dem Herd Wasser für den Pool zu erhitzen. Ich veratme Wehe um Wehe.
Magda will mich gern untersuchen und auch den Herzschlag des Babys kontrollieren, aber die Wehen hören einfach nicht auf. Weil mein Bauch so gespannt ist, schaffen sie es kaum, den Herzschlag zu finden, aber es gelingt und es ist alles in Ordnung mit dem Kleinen. Magda bittet mich, mich nach der nächsten Wehe aufzusetzen, damit sie schauen kann, wie weit der Muttermund offen ist. So gut es geht, setze ich mich hin, aber angenehm ist es nicht. Magda tastet nach dem Muttermund. 9cm sagt sie. Ich bin überrascht, das hätte ich mir nie gedacht.
Der Pool ist noch nicht warm genug, also veratme ich weiter auf dem Sofa, wieder auf Händen und Knien, das Atmen aus dem Hypnobirthingbuch hilft mir extrem, nur einmal hab ich das Gefühl, ich kann nicht mehr und sage es auch, aber gleich darauf weiß ich: ich kann und ich werde.
Geburt im Geburtspool
Plötzlich habe ich den Drang, zu pressen, also schiebe ich nach unten und frage, wann denn endlich der Pool fertig ist, weil ich mein Baby nicht auf dem Sofa bekommen möchte. Zum Glück ist das Wasser endlich warm genug und ich kann hinein.
Ich bitte M, er soll E holen, um sie zu fragen, ob sie dabei sein möchte, wie sie in den letzten Monaten immer gesagt hat. Während ich im warmen Wasser die Wehen veratme und schon ein bisschen mitschieben muss, beschließt E, sie mag wieder zu Oma und L bringt sie nach unten.
Ich greife im Wasser nach unten und fühle die Fruchtblase. Der Drang zu Pressen wird immer stärker und instinktiv drücke ich das Baby nach unten. Nach ein paar Mal pressen platzt die Fruchtblase und ich muss immer wieder andrücken, die Hebammen fragen, ob ich nicht langsamer machen will, aber ich höre gar nichts, halte Ms Hand ab und zu, er redet mit mir, aber ich höre es nicht.
Ich fühle die Geburt, weiß genau, was ich zu tun habe und schiebe mein Baby auf die Welt. Vier Minuten nachdem die Fruchtblase geplatzt ist, ist das Baby da. Da kommt ein kurzer Schreckensmoment: er ist blau und hat die Nabelschnur zwei Mal um sich gewickelt, einmal um den Hals und einmal um den Körper. Aber die Hebammen wickeln ihn schnell aus und Eva saugt ihm die Atemwege frei. Er hat keine Anpassungsprobleme, sondern atmet direkt regelmäßig.
Nachgeburt & Kennenlernen
Er bekommt ein Handtuch umgelegt und wir bleiben noch etwas im warmen Wasser sitzen. Der Kleine liegt auf meiner Brust und ich muss ihn immer wieder ansehen und berühren, um zu begreifen, was da eben passiert ist. Er ist endlich da!
E und L kommen auch wieder und sehen zum ersten Mal ihren Bruder/Neffen. Bevor die Plazenta kommt, steige ich aus dem Pool, den Kleinen halte ich fest an meine Brust. Wir wickeln ihn in ein rotes Badetuch und legen uns auf das Sofa. Dort kommt auch schon die Plazenta, sie ist zum Glück vollständig.
Wenig später durchtrennt der stolze Vater die Nabelschnur. E ist sehr fasziniert von ihrem Bruder, aber auch etwas überfordert, wie es scheint.
Was Hebammen nicht alles so tun…
Die Hebammen untersuchen mich und stellen fest, dass der Dammschnitt von Es Geburt wieder aufgerissen ist. Also werde ich genäht, was mir mehr wehtut, als die Geburt insgesamt. Aber auch das ist gleich vorbei und wir können mit unserem kleinen Sohn kuscheln.
E will wieder zu ihrer Oma, was uns allen recht ist, und nach etwa eineinhalb Stunden wiegen und messen die Hebammen das Baby. 3620g und 47cm, KU 35. Also klein und mopsig ist er und allen Anschein nach kerngesund.
Den Schweinsbraten im Backrohr hat übrigens eine der Hebammen geistesgegenwärtig abgeschaltet, sodass wir ihn nach der Geburt gemütlich essen können.
Alle Geschichten im Adventskalender
- Rebekka: Traumgeburt mit Pizza
- Doris: Nele — Geburt in drei Akten
- Jeanette: Heilsame Hausgeburt im Wohnzimmer
- Dieter & Katrin: Alleingeburt aus Sicht eines Vaters
- Franziska: Das fünf-Kilo-Baby
- Franziska: Ein Sternengucker
- Carina: Schnelle Alleingeburt
- Sintia: Alleingeburt beim ersten Kind: Weil es genau das Richtige war
- Cindy: Angst ist ein schlechter Ratgeber
- Jana: Hockergeburt im Krankenhaus
- Nora: Beckenendlagengeburt
- Nora: Wassergeburt zu Hause
- Katrin: Hausgeburt einer Hebamme
- Barbara: Hausgeburt trotz extrem kurzer Nabelschnur
- Miriam: Geburt einer Sternenguckerin mit PDA und toller Unterstützung
- Andrea: Wassergeburt im Krankenhaus
- Nora: ungeplante Alleingeburt
- Kasia: Magische Vollmondgeburt
- Jana: Geburtshausgeburt mit viel gelassener Zeit und viel Geburtskraft
- Jessica: Die Wellensurferin
- Anna-Elisabeth: Drei Tage Blubbern vor dem Kaiserschnitt
- Katrin: Ein sanfter Notfallkaiserschnitt
- Sintia: Alleingeburt vor dem Klo
- Franziska: Wehencocktail vor der Hausgeburt
Und deine Geschichte?
Diese Geschichte habe ich nicht geschrieben, durfte sie aber veröffentlichen. Hast du deine Geburtsgeschichten aufgeschrieben? Oder fehlen mir dir die Worte? Willst du dazu meine Unterstützung in Anspruch nehmen, um die richtigen Worte zu finden? Ich helfe dir beim Schreiben der Geburtsgeschichte. Achtung, sie wird lang. Viel länger als diese hier. Das liegt alleine schon daran, dass du nicht schreiben musst, sondern erzählst. Hier gibt es mehr Informationen!