Lisa-Maria erwartete Zwillinge. Die Geburt verlief ziemlich stressig. Deshalb entschied sie sich, mit ihren Zwillingen ein Heilbad durchzuführen, als diese zwölft Tage alt waren. Hier erzählt sie ihre Geschichte.
Vorbereitungen auf die Geburt
Ich konnte mir schon vor der Schwangerschaft eine Hausgeburt oder eine Geburt im Geburtshaus vorstellen. Im Laufe meiner Recherche musste ich lernen, dass Zwillinge in der Regel nicht außerklinisch entbunden werden — theoretisch ist es möglich, wenn man Hebammen und einen Arzt findet, die entsprechend versichert sind, bezahlt und organisiert werden können.
Bei 2 % Zwillingsgeburten in Deutschland lohnen sich die Versicherungen und der Aufwand weder für den Arzt noch für Hebamme, um aus diesen 2 % gewünschte Hausgeburten zu begleiten.
Die Vorstellung in einer Klinik zu gebären machte mir Angst, weil ich dort viele Entscheidungen abgeben müsste. Deshalb war es mir wichtig mit der Klinik über meine Geburtswünsche ins Gespräch zu gehen. Inspiration und Konkretisierung dieser Wünsche habe ich durch die S3 Leitlinie zur Geburt und die Vorlagen zur Geburt ohne Gewalt von Doris Lenhard bekommen.
Die Geburt
Dienstagnacht ist 0.30 Uhr (35+5) ist auf der Toilette die erste Blase gesprungen. Meine Theorie ist, dass die Osteopatin am Tag zuvor durch das Geraderücken meines Beckens so viel Platz gemacht hat, dass Otis tiefer gerutscht und durch viel Bewegung versehentlich die Blase geöffnet hat. Ich habe geschwankt, ob ich meinen Mann nun wecke; in Panik verfallen ist ja keine Option in dem Fall.
Dafür und wir riefen in der Klinik an und wurden gebeten zu kommen. Wir konnten gegen 17:00 Uhr glücklicherweise ein Familienzimmer beziehen. Gegen 19:00 Uhr hatte ich die ersten Wehen.
Am Tag darauf haben wir uns mittags in den Kreissaal begeben, eingerichtet und eingeweht. Letztendlich, und so ist das beim Abenteuer Geburt, konnten nicht alle Wünsche umgesetzt werden. Aus ärztlicher Sicht brauchte es einen Wehentropf, ich stimmte einer PDA zu und gebar im Liegen.
Otis und ich haben immerhin 48 Stunden auf seine Ankunft hingearbeitet. Als er da war, haben ihn die Ärztinnen an den Kinderarzt übergeben, weil ihre Animationsversuche nicht ausreichten, um ihn mir guten Gewissens auf die Brust zu geben. Da Tills Ankunft noch ausstand, war die Situation erstmal kein Problem auf das ich mich konzentrieren konnte.
Gerade als die Ärztin tasten wollte, wie weit zweite Kind ist, platzt auch schon die Fruchtblase von allein und mit einer heftigen Wehe führte ich Till ins Becken bis sein Köpfchen etwas zu sehen war. Noch zwei Wehen, eine für den Kopf und eine für die Schultern, und da war er auch schon. Genau wie sein Bruder, die Nabelschnur sehr lang und hat sich an verschiedenen Stellen um seinen Körper gewickelt. Nachdem er entwirrt war kam er auf die Brust, Nabelschnur noch dran. Mein Mann hat die durchgeschnitten.
Die Plazenten haben auch zügig danach, verbunden an den Eihäuten. Die Ärztinnen und Hebamme waren fasziniert und gratuliert mir zu dieser ZwillingsBilderbuch Geburt
Weil beide Kinder gesund sind, es zu keinem Kaiserschnitt kam und ich keine Geburtsverletzungen hatte
Das Heilbad
Otis und ich wurden direkt nach der Geburt getrennt, weil er wegen Atemproblemen zum auf die Neo musste. Er wurde kurzzeitig intubiert und hat anschließend Atemunterstützung zur eigenen Atmung bekommen. Es war ungewiss, wann er zu uns ins Familienzimmer kommen könnte. Letztendlich, mit abschließenden Test und „Entlassung“ von der Neo, hat es 36 Stunden gedauert, ehe wir ohne Geräte kuscheln konnten.
Der andere Zwilling, Till, hat mich mit seiner Anwesenheit aufgefangen. Ihn hatte ich auch auf der Brust direkt nach der Geburt.
In den ersten Tagen bin ich sehr angespannt, vorsichtig und eher mechanisch mit Otis umgegangen. Er wirkte noch zerbrechlicher als sein Bruder und war sehr berührungsempfindlich; hat sehr schnell angespannt.
Zu Hause angekommen und nach dem ersten Gespräch mit meiner Hebamme war für sie sicher schon klar, dass es ein Heilbad brauchte. Gesagt hat sie da allerdings noch nichts. Nach wenigen Tagen hat sie es aktiv angeboten und ich konnte mir noch nichts darunter vorstellen, hatte auch noch nichts davon gehört. Dennoch war ich grundsätzlich offen — es hörte sich gut an.
Die Hebamme hat uns gebeten alles vorzubereiten, viele Handtücher bereit zu halten, und unsere Kuschelplätze so vorzubereiten, dass wir sehr lange liegen könnten: Wir sollten uns mit Snacks und Getränken ausrüsten und vorher noch mal auf Toilette zu gehen.
Die gleiche Vorbereitung galt für die Kleinen: Sie sollten gefüttert und entleert sein.
Das Timing hat gestimmt: Gegen zwölf kam die Hebamme und hat einen durchsichtigen Eimer mit warmen Wasser gefüllt und ein paar Tropfen Muttermilch sowie Rescue Tropfen hinzu gegeben.
Mein Mann hat den Zweitgeborenen, Till, unter Anleitung der Hebamme langsam in den Eimer gesetzt und ihn am Kopf festgehalten, so dass er dann gestreckt und entspannt in dem Eimer saß. Till hat erst etwas geschrieben, die Hebamme wies allerdings darauf hin, dass er die Unsicherheit meines Mannes spürte. Er hat sich schnell wieder beruhigt.
Die Hebamme hat Otis, den Erstgeborenen, dazu gesetzt und ebenso am Kopf gehalten. Es war ein ganz schönes Gedränge in dem Eimer. Es sah aus, als würden die beiden in einer Fruchtblase sitzen. Die Hebamme hat das warme Wasser über den Rücken und auch über den Kopf fließen lassen. Dann hat sie den Kopf massiert und gesagt, dass er dieses Gefühl kennen würde von den Wehen.
Ich habe mich dann im Bett bereit gelegt, Oberkörper frei. Weil ich etwas wieter weg war, weiß ich nicht genau, was die Hebamme gemacht hat; für mich sah es so aus, als würde sie ihn am Kopf aus dem Eimer führen, und er musste sich deshalb abdrücken und wie bei der Geburt aus einem Kanal raus drücken. Das Abstoßen hat die Hebamme mehrmals unterstützt.
Nach ein paar Mal abstoßen hat sie ihn aus dem Eimer geholt und ihn mir mit einem herzlichen Glückwunsch auf die Brust gelegt. Er war sehr warm und nass, und es hat sich wirklich angefüllt wie nach der Geburt, so wie ich es von Till kannte. Ich dachte vorher, dass ich in diesem Moment vielleicht in Tränen ausbrechen würde. Dann war ich aber einfach nur glücklich und gespannt, wie mein Mann Till auf die Brust nahm.
Till musste etwas animiert werden, sich abzustoßen. Er ist der Ruhigere von beiden und ist bei der Geburt quasi von allein raus geflutscht. Er hat intuitiv seinen Kopf rotiert, so wie es bei der Geburt für die Einstellung in und den Weg durch das Becken nötig war. Die Hebamme ist mit der Rotation mitgegangen und hat auch hier ein paar mal das Abstoßen aus dem Eimer unterstützt.
Mein Mann nahm Till auf die Brust. Wir haben zwei oder 3 Stunden gekuschelt. Bei so viel Entspannung haben Till und Otis natürlich auch Wasser gelassen, das war aber mit den ganzen Handtüchern kein Problem.
Wir haben dieses Erlebnis erst mal sacken lassen. Ich dachte ja immer noch irgendwie, ich würde weinen, aber die Spannung hat sich scheinbar auf andere Art gelöst.
Am nächsten Tag schon kam es mir vor, als würde ich entspannter in unsere Interaktionen gehen; einfach liebevoller mit Otis umgehen. Auch er machte einen entspannten Eindruck.
Bei ihm ist der Geburtsreflex am Hinterkopf noch sehr stark ausgeprägt und er hatte sehr empfindlich auf Berührungen reagiert und sich in die Streckung begeben. [Hat sich das durch das Bad geändert?]
Für Till hatte das Bad die aktivierende Wirkung, die er brauchte. Er hätte sicher gern noch mehr Zeit im Bauch verbracht, deshalb ist sein Körper in allem etwas langsamer und gemütlicher.
Wenn ich es in Zahlen ausdrücken müsste, hatten wir von den zu verarbeitenden 100% etwa 20 % erreicht – durch ein einziges Bad und nach 24 Stunden. Ich möchte das Bad auf jeden Fall wiederholen — dieses Mal so, dass ich beide auf die Brust bekomme.
Ich kann das Heilbad wärmstens empfehlen, egal, wie die Geburt verlaufen ist. Meiner Hebamme habe ich von den positiven und teils verwunderten Reaktionen in meiner Zwillingsgruppe auf Facebook berichtet. Sie betonte dann: Es braucht dazu keine Hebamme oder andere Expertinnen oder Experten. Auch sie hat sich das selbst erarbeitet, recherchiert und erschlossen. Im Grunde braucht man eine Begleitperson, die instruiert wird. Je nach Gemütslage sollte die Mutter an dem Tag und/oder den Tag danach nicht allein sein, denn was das Bad an sehr heilenden Emotionen auslöst, weiß man vorher nicht.
Der vollständige Adventskalender
- Rebekka: Traumgeburt mit Pizza
- Doris: Nele — Geburt in drei Akten
- Jeanette: Heilsame Hausgeburt im Wohnzimmer
- Dieter & Katrin: Alleingeburt aus Sicht eines Vaters
- Franziska: Das fünf-Kilo-Baby
- Franziska: Ein Sternengucker
- Carina: Schnelle Alleingeburt
- Sintia: Alleingeburt beim ersten Kind: Weil es genau das Richtige war
- Cindy: Angst ist ein schlechter Ratgeber
- Jana: Hockergeburt im Krankenhaus
- Nora: Beckenendlagengeburt
- Nora: Wassergeburt zu Hause
- Katrin: Hausgeburt einer Hebamme
- Barbara: Hausgeburt trotz extrem kurzer Nabelschnur
- Miriam: Geburt einer Sternenguckerin mit PDA und toller Unterstützung
- Andrea: Wassergeburt im Krankenhaus
- Nora: ungeplante Alleingeburt
- Kasia: Magische Vollmondgeburt
- Jana: Geburtshausgeburt mit viel gelassener Zeit und viel Geburtskraft
- Jessica: Die Wellensurferin
- Anna-Elisabeth: Drei Tage Blubbern vor dem Kaiserschnitt
- Katrin: Ein sanfter Notfallkaiserschnitt
- Sintia: Alleingeburt vor dem Klo
- Franziska: Wehencocktail vor der Hausgeburt