Ich hatte für den 27. September 2021 zu einem Erzählcafé zu Geburten während der Corona-Pandemie eingeladen. Anders als geplant waren nur Frauen anwesend, die ihre Kinder bereits bekommen hatten. Das war im ersten Moment etwas komisch — schließlich ging es ja auch darum, Schwangeren zu berichten, wie es war.
Doch die Gruppe war super-engagiert und hat in einem sehr ehrlichen und intensiven Gespräch sehr viele wertvolle Tipps und Ideen zusammengetragen.
Aus meinen vier Seiten Notizen habe ich nun die Essenzen für dich destilliert.
Inhalt
Das Geburtserlebnis
Bei so vielen Aspekten rutschte das Geburtserlebnis an sich in unserer Diskussion in den Hintegrund. Das ist verständlich, aber irgendwie auch schade — denn es geht vermutlich velen Frauen so, dass sie durch die Corona-Umstände sehr viel Zeit in andere Planungen stecken müssen, statt die Geburt einfach erleben zu können.
Ein wenig haben wir natürlich dennoch über die Geburten gesprochen:
Die Geburt war okay. Es war eine Hausgeburt ohne besondere Vorkommnisse.
Nadine über die Geburt ihres vierten Kindes.
Die Geburt meiner Tochter im Geburtshaus war intensiv. Obwohl sie als Sternenguckerin zur Welt kam, gab es keine medizinischen Probleme. Ich fühlte mich rundum gut betreut von meinen Hebammen und meinem Partner.
Alice über die Geburt ihres Kindes im Geburtshaus
Ich hatte mich gut vorbereitet, und die Geburt lief wirklich so selbstbestimmt ab, wie ich es mir ausgemalt habe.
Verena über die Geburt ihres zweiten Kindes.
Ich hatte eine Hausgeburt angestrebt. Wir verlegten dann für die letzte Stunde doch ins Krankenhaus, wo Hebamme und Ärztin meine Wünsche bestmöglich erfüllten. Leider musste unser Sohn aufgrund einer Infektion acht Stunden nach der Geburt verlegt werden. Ich konnte erst einige Zeit später zu ihm. Er lag zunächst auf der Kinderintensivstation. Diese Tage im Krankenhaus waren eigentlich das, was mir diese Zeit als so unvollkommen in Erinnerung hält.
Anna-Elisabeth über die Geburt ihres zweiten Kindes.
Steffis Kinder sind schon älter. Sie arbeitet als Doula und hat während der Pandemie zwei Geburten begleitet:
Die erste Geburt fand im März 2020 im Geburtshaus statt. Der Gebärenden standen drei Hebammen und eine Doula zur Seite. Wir vier Frauen trugen Masken — alles andere war, wie auch sonst bei Geburtshausgeburten.
Die zweite Geburt war eine Klinikgeburt im September 2021. Dort war es wichtig, dass auch Geimpfte noch einen Coronatest machen mussten, bevor sie mit in dem Kreißsaal durften. Der Papa und ich mussten uns also noch testen lassen. Die Gebärende lief also schon vor; wir kamen dann hinterher. Als sich ein Geburtsstillstand abzeichnete, fiel die Entscheidung, einen Kaiserschnitt durchzuführen. Es war klar, dass dabei nur eine Begleitperson zugelassen war: Der Papa oder ich. Das ist aber auch ohne Corona Normalfall. [Der Papa ging also mit.]
Nach der Geburt stand der Vater dann vor einer schwierigen Wahl: Er durfte entweder die ganze Zeit mit im Familienzimmer auf der Wochenbettstation sein, oder nur eine Stunde am Tag zu Besuch. Sie hatten die Wahl zwischen Knast oder Baby-Kaum-Kennenlernen.
Steffi, Doula, über ihre begleiteten Geburten während der Corona-Pandemie
Die Wahl des Geburtsortes
Alle Frauen bestätigten, dass die Corona-Pandemie die Wahl ihres Geburtsortes beeinflusst hatte: Manche fühlten sich dadurch in ihrer Planung bestärkt, andere mussten Planäderungen in Kauf nehmen.
Alice wollte ihr Kind im Geburtshaus zur Welt bringen.
Die Pandemie-Regeln bestärkten mich darin, ins Geburtshaus zu gehen. Dort könnte mein Mann bei der Geburt dabei sein. Und weil ich die Vorsorgeuntersuchungen bei meiner Hebamme machte, die auch bei der Geburt dabei sein würde, brauchte ich keinen Geburtsvorbereitungskurs mehr.
Außerdem konnte ich mich darauf verlassen, dass die Hebammen die Regeln machten und offen kommunizierten. Ich war also immer auf dem aktuellen Stand und konnte bei Bedarf nachfragen.
Alice über ihre Entscheidung, ihr Kind im Geburtshaus zur Welt zu bringe.
Nadine wollte ebenfalls eine außerklinische Geburt:
Als ich mit meinem vierten Kind schwanger war, wollte ich eine Hausgeburt. Die Probleme in den Kreißsälen rund um mich herum bestärkten mich in dieser Entscheidung.
Nadine über die Wahl des Geburtsortes
Wenn du in einem Krankenhaus dein Kind zur Welt bringen willst, ist es jetzt wichtiger denn je, sich zu informieren. Und am besten lässt du dir die Informationen, die du bekommst, schriftlich geben. Natürlich kann es sein, dass sich die Regeln bis zum Geburtstermin noch ändern — aber falls das nicht der Fall ist, bist du mit schriftlichen Unterlagen auf der sicheren Seite.
So ging es zum Beispiel Verena:
Wir wohnen an der Grenze zur Schweiz. Mein erstes Kind war in einem Krankenhaus auf der schweizerischen Seite der Grenze zur Welt gekommen und ich wollte dort gern wieder hin. Die Grenzen waren aber eigentlich zu. Wir informierten uns und stellten fest: Zur Geburt durften wir rüber! Das ließen wir uns dann auch schriftlich geben.
Verena im Erzählcafé über ihre Sorge, nicht in ihr Wunschkrankenhaus fahren zu können
Anna-Elisabeth erzählte vom coronabedingten Sicherheitsdienst vor dem Krankenhaus:
Als wir von beschlossen, ins Krankenhaus zu fahren, blieb meine Doula zu Hause. Uns war klar, dass das Krankenhaus nur eine Person mit reinlassen würde, und das sollte mein Mann sein. Mein Mann musste dann noch unten vor dem Krankenhaus warten, bis die Geburt unseres Sohnes ganz kurz bevorstand. Er hätte sie fast verpasst. Das Kreißsaalpersonal hätte ihn schon viel früher reingelassen, aber der Sicherheitsdienst machte uns einen Strich durch die Rechnung.
Anna-Elisabeth über die Probleme mit dem Sicherheitsdienst am Kreißsaal.
Geburtsvorbereitung
Bereits während der Schwangerschaft waren die Einschränkungen für viele Frauen spürbar. Kurse fielen aus, Kinderbetreuung war nicht immer gegeben. Geburtsvorbereitungskurse fanden plötzlich online statt oder fielen ganz aus. Umso wichtiger wurde die persönliche Vorbereitung auf die Geburt:
Für mich war die Vorbereitung mit meiner Hebamme, die mich bereits von vorherigen Geburten kannte, wichtiger als ein offizieller Vorbereitungskurs.
Nadine erzählt, warum es ihr nichts ausmachte, dass die Geburtsvorbereitungskurse wegfielen.
Wenn Geburtsvorbereitungskurse wegfallen, ist die persönliche Vorbereitung umso wichtiger.
Dabei können online-Geburtsvorbereitungskurse helfen, oder auch Bücher. Eine Liste von Büchern, die ich empfehle, findest du auf meiner Wunschliste von Amazon (Achtung; kauf sie für dich, nicht mich!). Und speziell für Väter gibt es noch dieses E-Book hier.
Es war Konsens, dass gerade unter Pandemiebedingungen ein möglichst langer Aufenthalt zu Hause sinnvoll ist, so dass die Zeit im Kreißsaal (eventuell ohne Partner*in) möglichst kurz ausfällt. Das vermindert sowohl Ansteckungsrisiken als auch die Chance auf ungewollte Eingriffe. Denn die meisten Kliniken arbeiten immer noch (oder schon wieder) im Ausnahmezustand.
Natürlich bedeutet das auch, dass du dich vorher intensiver als sonst mit den praktischen Themen rund um die Geburt beschäftigen solltest: Was passiert, wenn du es dann doch nicht in die Klinik schaffst? Wie lange darfst du eigentlich mit einem Blasensprung zu Hause bleiben? (Die aktuelle Leitlinie zur vaginalen Geburt am Termin sagt übrigens, dass 24 Stunden nach dem Blasensprung eingeleitet werden soll. Davor soll beobachtet werden. Mehr nicht.)
Maskenpflicht im Kreißsaal
Die Maskenpflicht wurde bei den verschiedenen Frauen sehr unterschiedlich gehandhabt. Verena erzählte, dass zwar ihre Hebamme „vermummt“ gewesen sei, sie selber aber keine Maske tragen musste.
Generell war die Meinung der Teilnehmerinnen: Mach dir nicht so viele Gedanken um die Maske. Wenn du sie abnehmen willst, nimm sie ab. Je weniger Menschen im Raum sind, desto größer ist die Chance, dass es niemanden stört.
Väter bei der Geburt
In den letzten Jahren wurde es Standard, dass die Väter in den Krankenhäusern bei den Geburten ihrer Kinder dabei sein können (zumindest, wenn es sich nicht um einen Kaiserschnitt handelt, und manchmal selbst dann). Diese Selbstverständlichkeit wurde von der Corona-Pandemie ausgehebelt. Es herrschte große Verwirrung, weshalb ich unter anderem eine Liste mit Infos zu einzelnen Krankenhäusern erstellt habe — nur um dann festzustellen, dass die Regelungen sich erstens viel zu schnell ändern und zweitens auch noch nicht immer umgesetzt wird, was in den offiziellen Texten steht.
Im Gespräch wurde deutlich, dass die Frauen gerne verlässlichere Aussagen gehabt hätten, wie genau die Regelungen waren.
Allerdings nahm das Gespräch auch noch eine interessante Wendung: Wir diskutierten, dass diese Einschränkung auch eine Chance sein kann, unsere Automatismen in Frage zu stellen. Vielleicht gibt es ja auch Väter, die ganz dankbar dafür sind, nicht mit in den Kreißsaal zu müssen? Und wollen eigentlich die Mütter immer, dass der Vater dabei ist?
Die Geburt meiner Kinder ist meine Sache. Ich schätze die Unterstützung meiner Hebamme sehr. Andere Menschen will ich nicht dabei haben. Denn es ist ein sehr intimer und verletzlicher — und gleichzeitig sehr starker — Moment, der nur mir gehört.
Nadine wollte den Vater des Kindes nicht bei der Geburt dabei haben.
Für Anna-Elisabeths Partner war es dagegen sehr wichtig, bei der Geburt seines Kindes anwesend zu sein.
Umso fieser war es, dass er erst so spät kam — weil der Sicherheitsdienst dann sogar erst noch einen anderen Namen gerufen hat, als der Kreißsaal wiederholt deutlich machte, er müsse sich beeilen.
Anna-Elisabeth über die Verzögerungen im durch das Krakenhaussicherheitspersonal.
Auch Alice und Verena wollten ihre Partner bei den Geburten dabei haben und hatten sich deshalb frühzeitig erkundigt. Steffi hatte noch eine etwas andere Perspektive als Begleitperson:
Da die Frauen in den Krankenhäusern häufig lange Zeit alleine sind, ist die Anwesenheit einer Begleitperson — ob nun Partner*in oder Doula — schon fast Pflicht! Das ist ja ein großer Unterschied zu außerklinischen Geburten. Aber in dem Fall braucht es dann auch den entsprechenden Hintern in der Hose. Die Menschen müssen aufgeklärt sein und wissen, was zu wie sie ihre Gebärende unterstützen können!
Steffi über die Notwendigkeit, Partner*innen bei der Geburt dabei zu haben.
Schnell waren wir uns einig: Eine obligatorische Teilnahme eines Vaters bei der Geburt ist genauso unsinnig wie die Annahme, dass Männer grundsätzlich stören würden. Vielmehr sollte im Vorfeld genau besprochen werden, welche Vorstellungen und Wünsche die Schwangere und der werdende Vater haben. Mehr dazu findest du im Blogpost Wie viel Mitspracherecht haben Partner*innen bei der Geburt und in meinem E-Book der Kompetente Hausgeburtsvater.
Alle waren sich einig, dass — unabhängig von der Anwesenheit bei der Geburt — die Phase der Bindung sehr wichtig war. Sie halten deshalb gar nichts davon, Besuche des Vaters im Wochenbett auszuschließen.
Ausgangssperren
Kurz ging es auch noch um Ausgangssperren: Klar darf eine Frau wegen einer anstehenden Geburt auch bei einer Ausgangssperre ins Kraknehaus fahren. Umgekehrt dürfen auch Heammen ihrer Arbeit während einer Ausgangssperre nachgehen.
Komplizierter wird es zum Beispiel schon bei einer*m Babysitter*in, die*der auf ältere Geschwisterkinder aufpassen soll. Ein Vorschlag war, dieser Person eine Kopie der relevanten Seiten des Mutterpasses mitzugeben. So könnten die Chancen erhöht werden, dass sie trotz Ausgangssperre sicher ankommt.
Wochenbett ohne Besuch
Das Wochenbett im Krankenhaus empfanden die Teilnehmerinnen sehr unterschiedlich.
Einerseits war es total schön, das Wochenbett ohne viel Besuch zu genießen. So hatte ich Zeit für mich und das Baby. Es war wie ein kleiner Wellnessurlaub. Andererseits hätte ich gerne auch meine Tochter gesehen; sie durfte uns allerdings nicht besuchen. Und Videotelefonie klappt mit kleinen Kindern nur bedingt.
Verena über das Wochenbett in Corona-Zeiten
Bei Nadine war das Wochenbett dagegen schon wieder der Start in den Familienalltag:
Zwei Stunden nach der Geburt meines Babys waren die drei älteren Geschwisterkinder wieder da.
Nadine nach ihrer Hausgeburt.
Anna-Elisabeth berichtete, wie sie vor einer schwierigen Entscheidung stand:
Als mein Sohn von der Neo-Intensivstation entlassen wurde, änderten sich damit auch die Besuchsregeln: Auf der Neo waren Väter zu bestimmten Besuchszeiten zugelassen. Auf der Rooming-In dagegen galt Besuchsverbot. Ich musste also wählen: Auf der Neo könnte ich meinen Sohn nicht ständig bei mir haben. Dafür dürfte der Papa ihn sehen. Auf der Wöchnerinnenstation konnte ich ihn bei mir haben und auch nach unserem eigenen Bedürfnis stillen. Aber Papa müsste draußen bleiben.
Zum Glück ergab sich eine andere Lösung. Der Kinderarzt erklärte mir: „Da wir die Väter nicht reinlassen dürfen, schicken wir die Mütter raus. Wir haben hier ein paar Kinderwagen. Gehen Sie doch mal mit ihrem Sohn im Krankenhaupark spazieren. Dann kann ihr Mann da hin kommen.“
Anna-Elisabeth über die Möglichkeit, um die Coronaregeln herumzuarbeiten.
Aus Steffis Erfahrung der Auswahl zwischen „Knast im Familienzimmer“ oder kaum Babykontakt rät sie:
Vertrau deinem Körper. Wenn es dir gut geht, hab genug Vertrauen, nach Hause zu gehen!“
Steffi über die Länge des Krankenhausaufenthaltes im Wochenbett.
Medizinische Belange mit Baby
Im Zeitalter von Google können wir viel mehr zu Hause erfahren als je zuvor. Manchmal hilft das schon, manchmal ist es aber auch kontraproduktiv.
Der Tipp der Teilnehmerinnen am Erzählcafé lautet deshalb: Such dir Fachpersonal; und falls du coronabedingt keinen persönlichen Termin bekommst, telefonier wenigstens. Viele Hebammen, Stillberaterinnen oder Doulas bieten telefonische Beratungen oder live-Beratungen über Zoom, Skype, Wonder, Facetime usw. an. Diese ist oft hilfreicher als aufgezeichnete Webinare, weil in den Webinaren eventuell nicht genau deine Frage beantwortet wird.
Darüber hinaus sollten wir aber auch den Zuspruch durch andere Mamas nicht vernachlässigen. Manchmal braucht es keine medizinische Fachmeinung, sondern einfach nur das offene Ohr einer anderen Mama, die dann wissend und einfühlend nickt und sagt „Das kenne ich. Ich fühle mit dir.“
Babyjahr ohne Angebote
Auch die ausfallenden Angebot im Babyjahr waren für die Frauen unterschiedlich.
Die ersten beiden Monate waren nicht leicht. Mein Mann arbeitete und ich war mit meiner Tochter und dem Baby allein zu Hause. Da alles andere ausfiel — Stillcafés, Spielplatzdates, Rückbildungsgymnastik — hatte ich lediglich zwei Freundinnen zum Austausch. Ich fühlte mich schon ziemlich alleingelassen.
Verena über die Zeit mit Baby
Doch selbst ohne Wunsch nach Stillcafé und Babykursen war das Babyjahr unter coronabedingungen nicht immer einfach:
Ich bin zeitweise alleinerziehend. Mit vier Kindern, davon einem einem Neugeborenen, zu Hause zu sitzen und sich um Kinderbespaßung, Homeschooling, Haushalt und das eigene Wohlbefinden zu kümmern, hat nicht immer geklappt. Im Gegenteil: Ich war mehrfach über meiner Grenze.
Nadine über die Lockdown-Zeit mit vier Kindern.
Darüber hinaus haben dir Frauen auch festgestellt, dass ihre Säuglinge es nicht gewohnt sind, mit anderen Menschen zusammen zu sein.
Mein Baby kennt es nicht, in Gruppen von mehreren Menschen zu sein.
Nadine über fehlende soziale Kontakte
Problem dabei ist auch: Tiefgreifende Probleme werden zu spät erkannt, wenn die Frauen fast immer alleine sind. In Alices Fall war ihr zwar bewusst, dass sie unbedingt einen Rückbildungskurs machen sollte, aber sie fand keinen Präsenzkurs.
Klar hätte ich online was machen können — aber versuch mal, dich zu Hause vor dem PC auf die Rückbildungsübungen zu konzentrieren, wenn du drei kleine Kinder zu Hause hast.
Also wartete ich ein halbes Jahr und machte dann einen Präsenzkurs, der auch sehr gut und hilfreich war. Leider übernahm die Krankenkasse ihn nicht, weil es kein klassischer Rückbildungskurs war. Ich beschwerte mich bei der Kasse, bekam aber nur ein Standardschreiben zurück.
Alice über ihre Probleme, einen geeigneten Rückbildungskurs zu finden.
Alle Frauen waren sich außerdem einig, dass sie vielfach erst merkten, was ihnen gefehlt hatte, als es wieder da war.
Fazit: Jetzt, da weniger angeboten wird, ist es umso wichtiger, selber aktiv zu werden. Immer noch waren bestimmte Dinge erlaubt.
Corona als Krankheit: Gefährlichkeit und Impfentscheidung
Ist COVID19 gefährlich für Schwangere und Neugeborene?
Die Erzählcaféteilnehmerinnen erzählten von ihren Erfahrungen:
Im ersten Lockdown waren viele Hebammen und Gyns noch sehr entspannt, was die Gefährlichkeit von Corona für Schwangere und Neugeborene anging. Aber im August 2021 war das komplett anders: Jetzt wurden die Risiken sehr stark in den Vordergrund gestellt, und es gab die Empfehlung, sich bereits in der Schwangerschaft impfen zu lassen.
Das Thema Impfen haben wir ebenfalls besprochen. Zunächst möchte ich an dieser Stelle ein großes Dankeschön und Lob an alle Teilnehmerinnen aussprechen. Ich weiß, dass das Thema für viele Menschen hoch emotional ist. Umso schöner fand ich es, dass die Debatte sich sehr ruhig und entwickelte und die Wertschätzung für einander stets spürbar war.
Folgende Punkte wurden zum Impfen angesprochen:
- Zum Impfen in der Stillzeit gaben unterschiedliche Ärzt*innen und Hebammen kurz nach einander unterschiedliche Empfehlungen: Von Stillende sollten nicht geimpft werden über nach der Impfung sollte das Stillen für 24 Stunden unterbrochen werden bis hin zu Einfach weiterstillen. Und manche Fachkräfte sagen auch ganz klar: „Ich habe meine persönliche Meinung, aber ich kann die Entscheidung nicht für dich fällen. Die Verantwortung dafür liegt bei dir allein.“
- Der Druck der Gesellschaft hilft nicht bei der Entscheidung — weder zu Beginn, als die vorherrschende Meinung contra Impfen war, als auch später, als sich das drehte.
- Es war und ist schierig, gute Informationen zu finden. Welchen Quellen sollte man glauben?
- Die Infos der Fachgesellschaften (Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe oder die Gesellschaft für Hebammenwissenschaften) können helfen, sind aber nicht immer verständlich. Und auch diese ändern sich mit dem Stand der Forschung.
- Unterschied zwischen Medikament (dauerhafte Zuführung eines Stoffes in den Körper) und Impfung (einmalige bzw. zweifache Zuführung des Impfstoffes in den Körper) ist häufig nicht klar
- Die Impffrage hat uns gezeigt, wie wenig wir meist selber wissen. Umso wichtiger ist die Frage, welchen Menschen, Studien und Quellen ich vertraue.
Fazit: So bereitest du dich auf deine Geburt vor, wenn eine Pandemie das Land lahmlegt
Das wichtigste Fazit des Corona-Erzählcafés:
Wir wollen alle das Beste für uns und unsere Kinder — auf verschiedenen Ebenen. Gesundheitlich, emotional. Aber wir leben in einer Ausnahmesitution und und wir müssen das Beste aus dieser Ausnahmesituation machen.
Anna-Elisabeth über Corona, Kinderkriegen und unsichere Zeiten.
- Welche Krankenhäuser ticken wie?
- Kreißsaal ≠Security
- schriftlich ist besser als mündlich: Zusagen vom Krankenhaus; Test/Impf-Ergebnisse; Mutterpasskopien an alle Leute, die bei einer Geburt eventuelle Ausgangssperren missachten oder Bundeslandsgrenzen überschreiten.
- außerklinische Geburten sind umso gefragter: frag frühzeitig nach (wegen Terminplanung und persönlicher Vorbereitung!)
- Begleitpersonen müssen sicher sein und gut vorbereitet
- Präsenzkurse sind selten und werden wegen unterschiedlicher Zertifikate nicht immer von den Krankenkassen angenommen. Es ist sinnvoll, finanzielle Rücklagen zu bilden.
- Sucht euch kleine feste Zirkel von Gleichgesinnten statt eines großen Bekanntenkreises. Eventuell kann die Hebamme hier verkuppeln. Schau bei nebenan.de rein oder nutz die Vernetzungskarte bei Mütterimpulse.
- Nutzt digitale Angebote: MomUnity, Facebook, oder andere Netzwerke können keine physische Umarmung ersetzen, sind aber definitiv besser als nichts.
- Gibt es bei euch in der Gegend keine Kontaktgruppen, werde aktiv und gründe selber eine. Der gute alte Aushang beim Lebensmittelladen oder in der Kita oder in medizinischen Praxen kann helfen.
- Versuche, eine private Kinderbetreuung zu organisieren, damit du dich bei deinem Online-Kurs wirklich genau darauf konzentrieren kannst!
- Bei medizinischen Fragen: Googlen kann helfen, aber bei zu großer Unsicherheit sind telefonische Gespräche mit Fachleuten sinnvoll, zum Beispiel mit der Hebamme oder einer Stillberaterin.
- Reicht alles bei der Krankenkasse ein; auch, wenn es bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt. Erstens habt ihr vielleicht doch Erfolg und zweitens steigt mit jeder Einreichung die Sichtbarkeit des Problems — so dass die Chancen wachsen, dass es in Zukunft anders läuft.
- Bleib bei Geburtsbeginn so lange wie möglich zu Hause und geh so spät wie möglich in die Klinik.
- Bilde dir deine Meinung zu medizinischen Themen, aber sieh auch ein, dass du als Laie nicht in der Lage bist, alles Wichtige innerhalb weniger Tage aufzuarbeiten — nicht umsonst sind Hebammen und Gyns über mehrere Jahre ausgebildet und besuchen dann auch noch regelmäßige Fortbildungen.
Wer war dabei?
- Alice, 37, aus München, bekam ihr drittes Kind im Mai 2020 im Geburtshaus.
- Nadine, 41, aus Potsdam, bekam ihr viertes Kind im Mai 2020 zu Hause
- Verena aus Waldshut bekam ihr zweites Kind im Mai 2020 in einem schweizerischen Krankenhaus
- Steffi aus Nürnberg hat schon ältere Kinder und begleitet Familien als Doula bei Geburten — auch während der Pandemie
- Anna-Elisabeth aus der Nähe von Stuttgart bekam ihr zweites Kind im Mai 2021 im Krankenhaus
4 Gedanken zu „Geburten während der Corona-Pandemie: Erfahrungen, Tipps, Probleme“