Selbstbestimmte Geburt in der Klinik: Corinnas Geschichte

Corinna erlebte eine selbstbestimmte Geburt in der Klinik. Ihre Entbindung im Krankenhaus stand in ihrer Verantwortung und sie empfand die Unterstützung der Hebamme nicht als Eingriff – sondern vielmehr als willkommene und achtsame Hilfestellung.

Der errechnete Termin für mein erstes Kind, meinen Sohn, war der 01.04.
 
Ich war sehr aufgeregt — nicht wegen der Geburt, da hatte ich vollstes Vertrauen in meinen Körper, sondern, dass unter der Geburt meinem Kind etwas passieren könnte.
 
Ich hatte sehr gut vorgesorgt. Wollte unbedingt eine selbstbestimmte Geburt im Krankenhaus. Wollte nur eine Hebamme bei mir haben, die mich im Akutfall unterstützte, sonst aber Alles selbstständig machen lässt.
 
Die Tage nach dem errechneten ET vergingen. Ich wurde immer unruhiger, da die Ärzte eine Einleitung machen wollten, da das Fruchtwasser langsam knapp wurde. Am 12.04. sollte es soweit sein. Ich sprach mit meinem Sohn am 11.04. nachmittags und weinte. Ich bat ihn, heute zu kommen, damit wir die Einleitung nicht machen müssten. Denn mein Gefühl sagte mir, dass das gefährlich für ihn werden könnte.
 
 
Plötzlich, um 18.00 Uhr, durchfuhr mich ein plötzlicher, starker Schmerz. Ich war so überrascht davon, dass ich erst nicht wusste, was los war. Meine Wehen kamen von da an regelmäßig alle 6 Minuten. Eine Stunde später kamen sie alle 5 Minuten. Ich konnte sie super veratmen.
 
Mein Mann und ich fuhren zum Krankenhaus und es wurde ein CTG angelegt. Ich hatte nur kleine Zacken, da die Wehen über den Rücken gingen. Wir wurden nochmal für zwei Stunden zum Spazierengehen geschickt. Um Mitternacht sollte eine Wanne eingelassen werden, damit ich entspannen könnte, danach sollte ich versuchen, zu schlafen.
 
 

Wehen veratmen auf der Behindertentoilette

Jedoch hatte mein Sohn etwas Anderes vor. Wir gingen vom Kreißsaal aus durch die Flure. Plötzlich sah ich eine Behindertentoilette. Ich wusste, das ist das, was ich brauche. Wir gingen hinein und blieben die ganzen zwei Stunden dort. Ich legte mich auf den schönen kühlenden Boden und veratmete jede Wehe. Sie kamen alle 4 Minuten. In den Wehenpausen schlief ich immer kurz.  

Nach fast zwei Stunden wurde ich unglaublich unruhig. Die Wehen kamen alle 2 Minuten. Ich hatte Probleme, sie zu veratmen, da eine Wehe schon 45 Sekunden dauerte. Mein Mann wusste später immer vor meiner Wehe Bescheid, sagte ich soll ihn umarmen und er verarmet mit mir zusammen die Wehe. Und es war wirklich so. Es tat unglaublich gut, so eine Hilfe zu bekommen und soviel Liebe zu spüren.  

Selbstbestimmte Geburt in der Klinik – Corinna gibt den Ton an

Wir gingen gegen 23.00 Uhr zurück zum Kreißsaal und ich empfing die Hebamme mit den Worten „sie müssen nachschauen bei mir. Es ist etwas nicht normal. Ich werde jetzt kein CTG machen bevor sie nicht nachgeschaut haben“. Sie schaute nach und der Muttermund war schon 6cm offen.  

Ich hatte mittlerweile einen Wehensturm und konnte die Wehen nicht mehr veratmen. Ich bekam eine Infusion, dass meine Wehen etwas langsamer kämen. Tausendmal habe ich mich bei der Hebamme für diese Wohltat bedankt. Jetzt konnte ich sie wieder gut veratmen.  

Ich war mittlerweile splitterfasernackt, da ich keine Kleidung auf meinem Körper ertragen konnte. Die Liege war meine Rettung. Ich legte mich halb darüber und ließ meine Hüften kreisen und veratmete die Wehen. Dann sollte ich auf die Liege, um gucken zu lassen wie weit der Muttermund offen wäre. Ich hockte auf der Liege mit dem Gesicht zur Rückenlehne und schmiegte meinen Oberkörper an diese, während ich veratmete.  

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Presswehen unterdrücken geht nicht

Ich hörte nur noch den Satz „9 cm ist der Muttermund auf. Sie legen aber ein Tempo vor“. Meine Gedanken rasten. 10 cm bedeutet Geburt. Plötzlich kam eine Wehe und ich musste wie unter Zwang pressen. Es ist unglaublich, dieses Gefühl, so sehr mit dem Körper Eins zu sein und sich zu hundert Prozent auf ihn zu verlassen. Ich lebte diese Wehe aus.  

Mein Sohn lag leider zu hoch und ich musste mich auf den Rücken legen, halb sitzend, die Beine angewinkelt. Der mittlerweile hinzugerufene Arzt und die Hebamme berieten sich, ob unser Sohn aufgrund der zu hohen Lage normal entbunden werden könne. Ich musste drei Presswehen veratmen, was so unglaublich schwierig ist, da ich kaum Herrin über diese Naturgewalt der Presswehewar.  

Die Fruchtblase wurde geöffnet, um am Kopf zu schauen, ob die Sauerstoffsättigung für eine normale Geburt ausreichend wäre. Mein Goldschatz war bereit für die normale Geburt. Ich durfte pressen. Es war so eine Wohltat, endlich meiner inneren Naturgewalt die Führung übergeben zu dürfen.  

Ich gab Bescheid, als ich spürte, es würde gleich losgehen. Mein wunderbarer Mann drückte meinen Kopf nach vorne auf die Brust, damit ich noch mehr Kraft bekam — und ich gab mich der Naturgewalt hin. Das Köpfchen war unten. Das war ein seltsames Gefühl. Als ob ich zur Toilette müsste.  

Die nächste Presswehe kam und unser Sohn schaffte es, das Köpfchen in die Welt zu stecken. Der Druck war weg und wir warteten auf die nächste Wehe. Sie kam jedoch nicht. Auf meine Frage ob ich einfach mal so pressen sollte, kam ein „bloß nicht. Bitte warten Sie.“  

Supermann kommt zur Welt

Endlich, nach einer halben gefühlten Ewigkeit, kam die letzte Presswehe und unser Liebling erblickte, nach gerade 7 Stunden von der ersten Wehe an, das Licht der Welt. Er war jedoch ganz ruhig. Schrie nicht. Aber ich wusste, Alles ist gut.   Ich sagte der Hebamme, dass ich einen Druck gespürt habe und er mich verletzt hat. Und tatsächlich, er kam wie Superman in die Welt mit einer Hand voraus, wobei er mit seinem Fingernagel einen Riss vorne hinterlassen hatte.  

Frisch auf der Welt hat der kleine Mann erst einmal die Plazenta, den Arzt, die Hebamme, die Liege und mich mit seinem Stuhlgang eingeweiht. Er wurde auf meinen Bauch gelegt und ich ließ die Nabelschnur extra auspulsieren, bevor sie durchgeschnitten werden durfte.  

Nachdem er kurz vermessen und gereinigt wurde, durfte er auf meiner Brust liegen, mit warmen Handtüchern umwickelt, und an unserer Seite der geliebte Mann und gleichzeitig frisch gebackene Papa. Wir genossen eine Stunde lang die Ruhe nur zu dritt. Hießen den kleinen Erdbewohner willkommen in unserer Familie.  

Nach der letzten Presswehe dauerte es fast eine Stunde, bis ich aufhören konnte, zu zittern. So extrem stand mein Körper unter Adrenalin, welches mir dazu verholfen hatte, die Schmerzen gut aushalten zu können und mir zu einem wunderbaren Geburtserlebnis verholfen hat.  

Ich werde immer wieder meinem Körper vertrauen, denn er weiß von allein, was in welchem Moment genau das Richtige ist und dadurch hatte ich eine selbstbestimmte Geburt.

[Tipp zum Weiterlesen: Subjekt statt Objekt]

Und deine Geschichte?

Diese Geschichte habe ich nicht geschrieben, durfte sie aber veröffentlichen. Hast du deine Geburtsgeschichten aufgeschrieben? Oder fehlen mir dir die Worte? Willst du dazu meine Unterstützung in Anspruch nehmen, um die richtigen Worte zu finden? Ich helfe dir beim Schreiben der Geburtsgeschichte. Achtung, sie wird lang. Viel länger als diese hier. Das liegt alleine schon daran, dass du nicht schreiben musst, sondern erzählst. Hier gibt es mehr Informationen!

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