Stefanie: Dominik lebte nur fünf Tage

Am heutigen 21. Dezember erzählt uns Stefanie im Geburtsgeschichten-Adventskalender von Dominik. Dominik lebte fünf Tage, dann starb er. Stefanie trägt Dominik für immer im Herzen.

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Dieser Beitrag erscheint im Rahmen des Geburtsgeschichten-Adventskalenders 2023. Alle Folgen sowie Infos zu Gewinnspielen findest du unten.

Stefanie: Dominik lebte nur fünf Tage

Wenn plötzlich alles anders ist

Schwanger zu sein und sich auf die Ankunft seines Kindes zu freuen, ist für die meisten Frauen das Schönste, was es gibt. Ein ganz neuer Lebensabschnitt wird beginnen, auf den man sich in der Regel neun Monate lang vorbereitet. Schließlich wird man Sorge und Verantwortung für ein kleines Menschlein tragen. Tag und Nacht. Wie das aussehen wird, kann man nur erahnen.

Ich habe mir damals gedanklich meine Traumblase aufgebaut: die ersten Wochen zu Hause, die ersten Urlaube, das erste Weihnachten. Doch was ist, wenn das Kind stirbt? Was ist, wenn die Traumblase zur Albtraumblase wird?

Ich bin Stefanie, 6-fache Sternenkind-Mama.

Fünf frühe Sternenkinder

Zwischen 2008 und 2015 verließen mich fünf kleine Sternchen, jeweils im ersten Trimester. Sie verabschiedeten sich, bevor sie das Licht der Welt erblickten, und so gebar ich sie allein und still zu Hause. Niemand begleitete mich, niemand, den ich um Rat fragen konnte, niemand, der mir mit seinen Erfahrungen zur Seite stand.

Jeder Abschied schmerzte. Körperlich und seelisch. Jedes Mal zerplatzte meine kleine Traumblase. Doch als das Herz meines 5 Tage jungen Sohnes aufhörte zu schlagen, war ich nicht mehr ich selbst.

Das ist unsere Geschichte.

Kinderwunschbehandlung

Mein Sohn entstand während einer Kinderwunschbehandlung. Genau wie seine große Schwester. Zwei absolute Wunschkinder, für die mein Mann und ich viele Jahre gekämpft hatten.

Fast 40 Wochen lang war ich schwanger. Es ging mir gut. Meinem Sohn auch. Alles schien perfekt. Ich freute mich auf jede Untersuchung beim Frauenarzt und weinte jedes Mal vor Glück, als ich sein Herzchen schlagen sah. Doch wenige Tage vor dem errechneten Geburtstermin kam meine Welt ins Wanken.

Blut statt Fruchtwasser

Es war der 22.09.2016, als ich mitten in der Nacht aufwachte und bemerkte, dass meine Schlafanzughose nass war. Im ersten Moment dachte ich, es wäre Fruchtwasser. So ging die Geburt bei meiner Tochter einige Jahre zuvor auch los. Aber es war kein Fruchtwasser, was an mir klebte. Es war Blut!

Panik brach in mir aus!

Ich sagte meinen Mann Bescheid, der mich sofort ins Krankenhaus fuhr. Dort wurde ich gründlich untersucht. „Ihrem Kind geht es gut“, beruhigte mich die Ärztin. Wo das Blut herkam, wusste sie nicht.

In den folgenden zehn Stunden pendelte ich unter Wehen zwischen Kreißsaal, CTG-Raum, Ultraschall-Zimmer und Wochenbettstation. Jedes Mal, wenn die Blutung stärker wurde, kam die Panik zurück. Doch jedes Mal hörte ich aufmunternde Worte nach der Untersuchung.

Herztonabfall unter der Geburt

Mit einem Mal fielen die Herztöne meines Sohnes drastisch ab. „Wir verlieren ihn,“ sagte die Hebamme zum Oberarzt. Diese Worte werde ich nie vergessen. Von dem Zeitpunkt an nahm ich kaum noch etwas von dem Gewimmel um mich herum wahr. Ich konzentrierte mich nur noch auf meinen Sohn. Mit den Augen fixierte ich den CTG-Monitor und atmete tief in den Bauch hinein. Mir wurde schwindelig davon, aber nur so bekam mein Sohn möglichst viel Sauerstoff.

Notkaiserschnitt

Dann ging alles ganz schnell. Ich wurde in den OP geschoben. Dort war bereits alles für einen Kaiserschnitt vorbereitet. Doch als Dominik geboren wurde, legte man ihn mir nicht auf die Brust. Niemand sagte etwas. Ich wusste nicht einmal, dass er schon da war. Erst als ich Nähbewegungen verspürte und nach ihm fragte, antwortete jemand: „Die Kinderärzte kümmern sich um ihn.“ Warum denn Ärzte, wunderte ich mich. Mein Sohn gehört zu mir!

Eine Nabelschnurkomplikation bescherte meinem Sohn einen äußerst schwierigen Start ins Leben. Fünf Tage lang kämpfte er tapfer um sein Leben. Aber am Ende gewann der Tod.

Plötzlich war alles anders!

Die inzwischen riesengroß gewordene Traumblase platzte mit einem lauten Knall. Alles war futsch!

Wie kann sich die Welt weiterdrehen, wenn so etwas Schlimmes passiert ist? Ich steckte mitten in einem Albtraum fest, der zur Realität wurde.

Rückblickend erscheint es mir so, als ob Dominik die fünf Tage nur durchhielt, damit wir uns kennenlernen konnten. Dafür danke ich ihm sehr! Ich hatte in der kurzen Zeit seines Lebens die Möglichkeit, ihm all meine Mutterliebe zu schenken. Ich konnte ihm nahe sein, ihn streicheln, ihn küssen, ihn im Arm wiegen, ihm vorsingen, ihn füttern, ihn waschen, ihn wickeln und vor allem ihn stundenlang ansehen. Er war so hübsch, groß und prächtig! Einfach perfekt! Genau so wird er auf ewig bleiben. Ich werde ihn immer lieben und nie aufhören, von ihm zu erzählen.



Eben so wie ich es von Anfang an getan habe. Ich ging sowohl nach außen als auch nach innen offen mit Dominiks Tod um. Ich beantwortete jede Frage von Außenstehenden, auch wenn ich viele Tränen dabei vergoss. Außerdem fand ich Halt in einer Gruppe von Sternenkind-Mamas. Hier waren gar nicht viele Worte nötig, um sich verstanden zu fühlen.

Mein Trauertagebuch

Aber auch meine eigenen Fragen erörterte ich. Meist schriftlich. Auf diese Weise begann ich, eine Art Trauertagebuch zu schreiben. Ich notierte all meine wirren Gedanken und Gefühle, um sie zu sortieren und letztlich zu verstehen. Das half mir sehr auf meinem Trauerweg.

Einige Jahre später bildeten diese Notizen sogar die Grundlage für mein Herzensprojekt: ein Buch in Erinnerung an meinen Sohn. Es erschien am 22.09.22, an Dominiks 6. Sternengeburtstag, und heißt „Eine Handvoll Sonnenschein“. Eine Leseprobe findest du hier. Anfang 2024 wird es sogar ein Hörbuch dazu geben.

Ich wünsche mir, dass mein Sternenkind-Buch sowohl Sternenkind-Eltern als auch Nicht-Betroffenen hilft, das Thema Trauer und deren Bewältigung besser zu verstehen. Ich erhoffe mir zudem, dass es die Akzeptanz und Toleranz für Trauernde in unserer Gesellschaft fördert. Jeder Einzelne, der sich mit diesem Thema beschäftigt, trägt dazu bei, dass sich Sternenkind-Eltern nicht mehr so allein und ausgegrenzt fühlen.

Heute, 7 Jahre nach Dominiks Tod, geht es mir wieder gut. Die Trauer veränderte sich mit den Jahren. All der Schmerz, die Wut, die Ohnmacht und vor allem die Hilflosigkeit, die mich anfangs begleiteten, machten Stück für Stück Platz für unendliche Dankbarkeit, Liebe und Stolz. Heute bin ich wieder glücklich und kann mein Leben in vollen Zügen genießen. Mit Dominik im Herzen.

Stefanie Goldbrich

Stefanie Goldbrich musste schon mehrfach Kinder gehen lassen, die in ihr wuchsen. Als endlich ein Baby lebend zur Welt kommt, ist die Freude groß. Um wie viel schlimmer muss dann die Verzweiflung sein, wenn auch dieses Kind stirbt?

In ihrem Buch berichtet Stefanie authentisch und mit liebendem Herzen vom Wunder eines Sternenkindes, der Trauer und der Heilung danach. Sie will verwaisten Eltern Mut machen und allen Nicht-Betroffenen aufzeigen, was hilft und welche Unterstützung guttut.

Alle Geschichten im Adventskalender 2023

An dieser Stelle werde ich alle bereits veröffentlichten Geburtsgeschichten des Adventskalenders 2023 auflisten. Aus technischen Gründen kann das ein paar Tage dauern. Du findest aber auch alle Geschichten hier.

  1. Michèle: Elisas Hausgeburt
  2. Lea: Beckenendlagengeburt nach erfolgloser Äußerer Wendung
  3. Manon: Hausgeburt von Claire
  4. Sarah: Hausgeburt von Max Benedikt
  5. Barbara: Ungewollter Kaiserschnitt
  6. Wanda: 103 Stunden Geburt
  7. Anna: Anouks Geburt im Geburtshaus mit Notfallverlegung
  8. Anne: Kaiserschnitt nach Schwangerschaftsdiabetes und erfolgloser Einleitung
  9. Martina: 2 mal Kaiserschnitt, VGA2C, Hausgeburt
  10. Bea: Aufgeben ist nicht das Ziel
  11. Gerit: Im Krankenhaus gibt’s keine Decken
  12. Verena: Persönlichkeitsentwicklung hoch Drei
  13. Julias Sternenkind: Geburt zuhause
  14. Marion: Loreley wurde tot geboren
  15. Maranda: Today my baby will be born
  16. Natalie: Hausgeburt einer Sternenguckerin
  17. Natalie: Mit Kaiserschnitt im Reinen
  18. Magdalena: Hingabe an den weiblichen Körper
  19. Sabine: versöhnliche Krankenhausgeburt nach außerklinischen Geburten
  20. Patricia: Hausgeburt im Wasser oder an Land?
  21. Stefanie: Dominik lebte nur fünf Tage
  22. Melissa: Wenn das Körpergefühl verschwindet
  23. Laura: Alleingeburt nach Kaiserschnitt
  24. Tanja: Der Kreislauf der Natur
  25. Bonus: Maria: Ungeplante Alleingeburt

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Katharina Tolle

Wie schön, dass du hier bist! Ich bin Katharina und betreibe seit Januar 2018 diesen Blog zu den Themen Geburtskultur, selbstbestimmte Geburten, Geburtsvorbereitung und Feminismus.

Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.

Außerdem setze ich mich für eine selbstbestimmte und frauen*-zentrierte Geburtskultur ein. Wenn du Kontakt zu mir aufnehmen möchtest, schreib mir gern!

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