Julia hat zwei quicklebendige Kinder. Im Geburtsgeschichten-Adventskalender teilt sie heute die Geschichte von Lea, ihrem Sternenkind.
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Dieser Beitrag erscheint im Rahmen des Geburtsgeschichten-Adventskalenders 2023. Alle Folgen sowie Infos zu Gewinnspielen findest du unten.
Julias Sternenkind: Geburt zuhause
Volle Bedeutung erst nach 13 Jahren
Ich freue mich sehr, heute mit euch meine Geburtsgeschichte teilen zu dürfen. Sie ist bereits 13 Jahre her, hat aber erst in diesem Jahr ihre volle Bedeutung für mich erschlossen. Meine erste Tochter Lea wurde nach 4,5 Monaten Schwangerschaft als Sternenkind geboren. Aus meiner eigenen Erfahrung, weiteren Sternenkind-Geschichten und wertvollem Input verschiedener Therapeutinnen & Hebammen habe ich ein Buch geschrieben. Mein Sternenkind: Für immer im Herzen bei mir erschien 2023 im SHERO-Verlag.
Ich war lange blockiert und wollte mit einem solchen „Tabuthema“ nicht an die Öffentlichkeit gehen. Doch mit den Jahren habe ich verstanden, dass meine Geschichte wichtig ist – weil ich nicht die Einzige bin, der so etwas passiert ist. Sie ist wichtig, weil dieses Thema so oft für Schweigen sorgt und Mütter damit allein gelassen werden oder sich zumindest allein fühlen, weil der Schock zu groß war und das Umfeld diese starken Gefühle nicht wirklich nachvollziehen kann.
Mir ist es wichtig, das Thema Sternenkinder aus dem Dunkel ins Licht zu holen, Bewusstsein und Sensibilität dafür zu schaffen. Die Trauer um Sternenkinder sollte einen festen Platz in unserer Gesellschaft einnehmen, kein Tabuthema mehr sein, sondern einfach eine der vielen Facetten unseres Lebens. Gleichzeitig möchte ich aber auch den Blick nach vorn wagen. Hoffnung, Dankbarkeit und Demut wecken für das Leben mit allem, was dazugehört. Nichts ist selbstverständlich. Alles, was wir erleben dürfen, ist wertvoll. Alle Facetten gehören dazu. Das ist das wahre Leben.
Hier kommt meine Geschichte.
Vor mittlerweile 13 Jahren war ich das erste Mal schwanger. Im Ultraschall war alles in Ordnung und wir haben uns sehr auf unsere Tochter Lea gefreut, es allen erzählt und schon mit den Vorbereitungen angefangen – zum Beispiel haben wir eine größere Wohnung gesucht und sind umgezogen.
Doch der nachfolgende Ultraschall – das muss zwischen dem dritten und vierten Monat gewesen sein – zeigte dann leider keine guten Neuigkeiten für uns. Lea war nicht mehr gewachsen und ihr Herz schlug nicht mehr.
Für mich brach eine Welt zusammen.
Ich war immer der festen Überzeugung: Frauen werden schwanger und kriegen ein Kind. Mir war nicht wirklich bewusst, dass dabei auch etwas schief gehen kann. Deshalb war ich geschockt, zu erfahren, wie viele Schwangerschaften schon in einem frühen Stadium enden.
Toten Embryo „sofort wegmachen lassen“?
Meine damalige Frauenärztin war leider sehr unsensibel. Sie fragte nur, ob ich es jetzt gleich „wegmachen lassen wollen“ würde oder noch warten wollte.
Aus heutiger Sicht finde ich das wirklich unmöglich, auf den ersten Schock noch einen zweiten draufzusetzen. Mir war jedenfalls sofort klar, dass hier etwas nicht stimmte und es noch andere Möglichkeiten des Umgangs geben müsste. Mein Vertrauen in die Schulmedizin war dadurch zum ersten Mal so richtig erschüttert und ich habe angefangen, den Status Quo mehr zu hinterfragen und mich eigenverantwortlich aus verschiedenen Quellen zu informieren.
Ich habe viel im Internet gelesen und recherchiert. Dabei bin ich auf die Information gestoßen, dass der Körper sich sehr gut selbst helfen kann und ich nicht für eine Ausschabung in die Klinik muss. Die Geburt wird vom Körper irgendwann eingeleitet, wenn er soweit ist – oder besser: wenn ICH soweit bin. Das hat mich schon mal aufatmen lassen.
Auch in diesem Jahr gibt es einen Geburtsgeschichten-Adventskalender und ein paar Adventsverlosungen. Sei dabei!
Begleitung durch eine Hebamme
Ich habe mir eine Begleitung für die kleine Geburt gewünscht und in der ganzen Stadt nach einer Hebamme gesucht. Damals wollte das jedoch niemand machen, was ich einfach gar nicht verstehen konnte. Wenn so oft Babys in den ersten Monaten der Schwangerschaft sterben, warum gibt es dann dafür keine Begleitung?
Das sind doch genauso Geburten. Heute gibt es deutlich mehr Möglichkeiten und das Thema ist etwas mehr im Fokus – das finde ich super. Schlussendlich hatte ich dann eine neue Frauenärztin gefunden, die meiner Entscheidung einer selbstbestimmten Geburt zuhause positiv gegenüber eingestellt war und mir viele Tipps mit auf den Weg gab.
Stille Geburt sechs Wochen später
Bis die Geburt dann losging, dauerte es etwa sechs Wochen. Ich vermute, dass ich innerlich noch nicht loslassen konnte oder wollte. Eine der Hebammen, die ich kontaktiert hatte, bot mir an, eine gemeinsame Traumreise zum Kind zu machen, damit wir uns als Eltern von Lea verabschieden konnten. Das haben wir gemacht und es war eines der kraftvollsten Erlebnisse, die ich je hatte. Es war traurig und gleichzeitig so schön – und fühlte sich einfach richtig an. Da war einfach nur so viel Liebe, überall. Das werde ich nie vergessen.
Etwa sechs Wochen nach der Diagnose wachte ich mitten in der Nacht mit extremen Unterleibsschmerzen auf und ging ins Bad. Ich weckte meinen Partner nicht. Irgendwie war ich voll in meiner Kraft und im Vertrauen – und wollte das für mich allein durchstehen. Ich blieb etwa eine Stunde im Bad, blutete viel und behielt die größeren Überreste in einem Gefäß. Diese weibliche Urkraft während der Geburt zu spüren hat mein gesamtes Leben maßgeblich beeinflusst.
Auch wenn der Moment an sich traurig war, so erwachte in mir dennoch endlich ein immenses Vertrauen in mich und meine Kraft. Ich hatte lange Schwierigkeiten damit gehabt, meine Weiblichkeit voll zu fühlen, das Frausein voll anzunehmen. Oft dachte ich: Vielleicht klappt das bei mir ja alles nicht, vielleicht kann ich es nicht. Aber ich war schwanger. In mir ist ein Mensch herangewachsen. In mir steckt die Kraft, neues Leben zu erschaffen. Das alles konnte ich erst so richtig glauben, als in dieser Nacht im Bad mein Baby geboren wurde und ich mit meinen eigenen Augen sah, was mein Körper Wunderbares fabriziert hatte.
Beerdigungszeremonie im Wald nach Fehlgeburt
Am kommenden Tag haben wir als Eltern eine kleine Beerdigungszeremonie im Wald gemacht und unsere Tochter unter einem großen Baum begraben. Ich war später noch oft an dieser Stelle und habe Lea besucht.
Im Nachhinein bekam meine kleine Geburt noch eine viel größere Bedeutung für mich – denn sie war meine einzige natürliche Geburt ohne medizinische Eingriffe. Aufgrund einer Gebärmutter-Fehlbildung war dort nicht genug Platz und meine beiden nachfolgenden Kinder wurden viele Wochen vor dem eigentlichen Entbindungstermin per Notkaiserschnitt geboren.
Ich kann kaum in Worte fassen, wieviel Demut und Dankbarkeit ich durch meine drei Kinder gelernt habe. Ich habe heute zwei gesunde Kinder, trotz widriger Umstände und obwohl all die Erlebnisse mich damals meine gesamte Kraft gekostet haben. Sie hatten nicht den besten Start ins Leben, sind heute jedoch die zwei wunderbarsten Menschen, die ich kenne und mit denen ich mein Leben teilen darf. Wie schön!
Ich habe mein Sternenkind Lea, die mich gelehrt hat, dass Nichts auf dieser Welt selbstverständlich ist und wir für alles, was da ist, unendlich dankbar sein können – jeden einzelnen Tag. Die mich gelehrt hat, dem Leben und seinen Prozessen zu vertrauen. Wer bin ich, über Recht und Unrecht zu urteilen? Vielleicht hat die erste Schwangerschaft zwar ein frühes Ende gefunden, uns allen aber erheblich größeres Leid erspart, weil die Natur sich selbst geholfen hat. Vor allem habe ich gelernt, wie viel Kraft in mir steckt und dass ich mit ALLEM umgehen kann.
Zeit für den Abschied
Im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich mir so viel Zeit für den Abschied meines ersten Kindes genommen habe. Durch die selbstbestimmte Geburt zuhause war ich bei mir, in meiner Kraft, in meiner vertrauten Umgebung. Der Loslösungsprozess durfte so lange dauern, wie er eben dauerte. Ich habe mit meinen eigenen Augen gesehen, was da aus mir herauskam – ganz anders als bei einer Ausschabung in der Klinik. Dadurch war ich aktiv an allen Phasen dieses Prozesses beteiligt und habe sie bewusst erlebt. Bewusst gefühlt. Bewusst getrauert.
Auch im Anschluss habe ich mir viele Wochen Zeit genommen für die Verarbeitung. Ich war sehr viel im Wald spazieren, immer den gleichen Weg vorbei am Grab. Der Herbst wurde zum Winter, und als im Frühling die ersten Blüten aus der Erde ragten war mir klar: Jetzt ist Zeit für einen Neuanfang. Wir beschlossen, wieder schwanger zu werden – was auch sehr schnell geklappt hat.
Zu diesem Zeitpunkt war die Trauer natürlich noch nicht abgeschlossen – wie auch? Sie dauert bis heute an. Aber ich habe innerlich gespürt, dass es der richtige Zeitpunkt ist. Ich wusste einfach, dass ich Kinder haben wollte. Und irgendwo tief drinnen gab es auch ein Vertrauen, dass es dieses Mal klappen würde.
Heute, 13 Jahre später, ist die Trauer um Lea zwar nicht mehr so präsent – aber immer noch vorhanden. Sie gehört zu mir und das ist voll in Ordnung. Ich habe gelernt, dieses Erlebnis und die damit verbundenen Gefühle anzunehmen wie sie sind.
Einmal im Monat, immer wenn ich meine Tage bekomme, kommen die Erinnerungen wieder hoch. Vielleicht hängt das mit den Hormonen zusammen. Mittlerweile kenne ich das schon und kann es einfach zulassen, wenn Tränen fließen wollen.
Manchmal habe ich mich gefragt: Warum hört das denn nicht auf, wieso bin ich denn immer noch so traurig? Das hat ein bisschen was von „kontrollieren wollen“. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich da nichts kontrollieren kann. Es passiert einfach so wie es passiert. Ich setze mich damit auseinander, lasse die Gefühle zu, und lebe mein Leben. Meine spirituelle Seite ist seitdem immer mehr erwacht. Ich habe eine Verbindung „nach oben“ bekommen, kann jederzeit alle Fragen stellen und bekomme prompt Antworten darauf. Mit meiner ersten Tochter und weiteren Menschen, die nicht mehr hier in unserer Dimension leben, kann ich sprechen als stünden sie neben mir. Das ist sehr beruhigend und schön. Menschen, die gestorben sind, sind in meinen Augen nicht einfach weg. Sie können sehr präsent sein, uns liebevoll begleiten, je nachdem wie sehr wir das zulassen wollen und können.
Julia Bräunig
Julia Bräunig ist Autorin, Female Empowerment- & Business-Coach, und selbst Mama eines Sternenkindes sowie zweier sehr lebendiger Kinder. Mit ihrem Buch Mein Sternenkind: Für immer im Herzen bei mir* erfüllte sie sich einen lang gehegten Traum: Das Thema „Sternenkinder“ aus dem Dunkel noch mehr ins Licht zu holen. Sie kombiniert persönliche Erfahrungen von betroffenen Sternenmamis mit fundiertem Fachwissen zahlreicher Expertinnen aus den Bereichen Geburtsbegleitung, Trauerbegleitung & Therapie. Mehr über Julia und ihre Arbeit erfährst du unter www.shero-verlag.de und www.businessheldinnen.com.
Alle Geschichten im Adventskalender 2023
An dieser Stelle werde ich alle bereits veröffentlichten Geburtsgeschichten des Adventskalenders 2023 auflisten. Aus technischen Gründen kann das ein paar Tage dauern. Du findest aber auch alle Geschichten hier.
- Michèle: Elisas Hausgeburt
- Lea: Beckenendlagengeburt nach erfolgloser Äußerer Wendung
- Manon: Hausgeburt von Claire
- Sarah: Hausgeburt von Max Benedikt
- Barbara: Ungewollter Kaiserschnitt
- Wanda: 103 Stunden Geburt
- Anna: Anouks Geburt im Geburtshaus mit Notfallverlegung
- Anne: Kaiserschnitt nach Schwangerschaftsdiabetes und erfolgloser Einleitung
- Martina: 2 mal Kaiserschnitt, VGA2C, Hausgeburt
- Bea: Aufgeben ist nicht das Ziel
- Gerit: Im Krankenhaus gibt’s keine Decken
- Verena: Persönlichkeitsentwicklung hoch Drei
- Julias Sternenkind: Geburt zuhause
- Marion: Loreley wurde tot geboren
- Maranda: Today my baby will be born
- Natalie: Hausgeburt einer Sternenguckerin
- Natalie: Mit Kaiserschnitt im Reinen
- Magdalena: Hingabe an den weiblichen Körper
- Sabine: versöhnliche Krankenhausgeburt nach außerklinischen Geburten
- Patricia: Hausgeburt im Wasser oder an Land?
- Stefanie: Dominik lebte nur fünf Tage
- Melissa: Wenn das Körpergefühl verschwindet
- Laura: Alleingeburt nach Kaiserschnitt
- Tanja: Der Kreislauf der Natur
- Bonus: Maria: Ungeplante Alleingeburt
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Katharina Tolle
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Meine Leidenschaft ist das Aufschreiben von Geburtsgeschichten, denn ich bin davon überzeugt, dass jede Geschichte wertvoll ist. Ich helfe Familien dabei, ihre Geschichten zu verewigen.
Außerdem setze ich mich für eine selbstbestimmte und frauen*-zentrierte Geburtskultur ein. Wenn du Kontakt zu mir aufnehmen möchtest, schreib mir gern!
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